Universität Potsdam reagiert mit Gegenvorschlägen auf Empfehlungen der Hochschulstrukturkommission zur Zukunft der Juristenausbildung in Brandenburg
Die Juristenausbildung sowohl an der Universität Potsdam als auch an der Europa-Universität Viadrina ist unverzichtbar für eine attraktive und vielfältige Hochschullandschaft in Brandenburg. Statt einer Konzentration an einem Standort plädiert die Potsdamer Universitätsleitung für eine stärkere Profilierung, die die Ausbildungsgänge nicht mehr als Doppelung erscheinen lässt und neben dem Staatsexamen auch Bachelor- und Masterabschlüsse ermöglicht.
Die inhaltlichen Vorschläge der Hochschulstrukturkommission zur Zukunft der Juristenausbildung im Land Brandenburg werden an der Universität Potsdam ausdrücklich positiv aufgenommen und begrüßt. Eine Konzentration der Juristenausbildung an einem Ort wird hingegen als nicht zielführend abgelehnt. „Der Schluss der Kommission, dies könne zu einer Effizienzsteigerung führen, ist nicht nachvollziehbar“, sagt Prof. Oliver Günther, Präsident der Universität Potsdam. „Studierende wählen einen Studienort, weil dort ein besonders profiliertes Angebot vorhanden ist – oder aus ganz persönlichen Motiven. Es ist unwahrscheinlich, dass an einem Ort fern von Berlin durch die Konzentration der Ausbildungskapazität eine zusätzliche Nachfrage nach Studienplätzen entsteht.“
Am Standort Potsdam könnte hingegen eine stärkere Profilierung in Richtung Public Management, Kommunal- und Verwaltungswissenschaft sowie Medien erfolgen. Dabei würde die Potsdamer Juristische Fakultät in der Region bisher beispiellose Wege bei der Implementierung von Bachelor- und Masterabschlüssen in der Juristenausbildung gehen, aber auch das Staatsexamen als eine der möglichen Abschlussvarianten beibehalten. Prof. Oliver Günther erklärt: „Durch die Neukonzeption innovativer Abschlussvarianten wäre mit einer weiteren erheblichen Steigerung der Attraktivität des Standorts, insbesondere im Wettbewerb mit Berlin, zu rechnen. Die Beibehaltung der Ersten Juristischen Prüfung ist dabei jedoch Grundbedingung, um die hohe Zahl an Studienplätzen halten zu können.“
Kern der Profilierung der Juristenausbildung am Standort Potsdam ist die geplante Verknüpfung des Studiengangs zur Ersten Juristischen Prüfung mit einem Bachelorabschluss nach dem Vorbild der Bucerius-Law-School. Das Modell sieht vor, dass nach der Zwischenprüfung und den drei großen Übungen ein Bachelorabschluss verliehen wird, der bereits als erster berufsqualifizierender Abschluss gilt. Dieser könnte den Titel „Recht in öffentlichen und privaten Unternehmen, LL.B.“ tragen. Der Bachelor of Law kann derzeit in der Bundesrepublik nur an einigen wenigen Hochschulen erworben werden. Allerdings eröffnet dieser Abschluss nicht den Zugang zum Rechtsreferendariat. Erst mit dem zweiten Staatsexamen erwerben Jurastudierende die Befähigung zum Richteramt. Es würde sich in diesem Ausbildungsmodell ein Schwerpunktbereichsstudium und die Examensvorbereitung anschließen. „Die Zwischenschaltung des Bachelor hat den großen Vorteil, dass Studierende, die keinen Beruf anstreben, der die Eigenschaft als Volljurist voraussetzt, schon in frühem Stadium mit juristischen Kenntnissen die Universität verlassen können“, erklärt der Jurist Andreas Musil, Professor für Öffentliches Recht, insbesondere Verwaltungs- und Steuerrecht, und Vizepräsident für Lehre und Studium an der Universität Potsdam. Die Einführung eines Bachelor als Zwischenschritt zur Ersten Juristischen Prüfung könne auch als konsekutiver Masterstudiengang, etwa mit dem Abschluss „Medienwirtschaftsrecht, LL.M.“, eingeführt werden, der für die Studierenden als Alternative zur Ersten Juristischen Prüfung fungieren kann, so Musil. Dieser Master of Law kann auch für externe Interessenten, insbesondere von Fachhochschulen, sehr attraktiv sein, um gerade am Medienstandort Babelsberg zukunftsweisende Berufsperspektiven zu erhalten.
Die Leitung der Universität Potsdam begrüßt die Empfehlung der Strukturkommission, die fachlichen Verbindungen zwischen Juristischer Fakultät und Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlicher Fakultät zu intensivieren. Eine Fusion lehnt die Hochschulleitung jedoch ab. Sie würde den Profilierungsprozess behindern. Außerdem sei eine solche „staatswissenschaftliche“ Fakultät ein Auslaufmodell, für das es im internationalen wissenschaftlichen Umfeld nicht ohne Grund keinerlei Vorbilder gibt.
Die Juristische Fakultät ist mit ihren 2 000 Studierenden die „Große“ der Juristischen Fakultäten in Brandenburg. Zur Fakultät gehören 16 Professuren.
https://www.uni-potsdam.de/pm/news/up/date/2012/06/08/2012-109.html