Also ein neuer Versuch - ich halte diese Lösung für falsch 🙂
Fall 1: Es besteht ein AV, als Arbeitszeit ist "Mo - Fr" vereinbart. Am Montag, den 1. März 5005 kommt AN pünktlich zur Arbeit und sagt "Chef, was gibts zu tun ?", worauf AG erwidert "Nichts, geh nach Hause, ich brauch Dich diesen Monat nicht". AN ist zuhause langweilig, trotz intensiver Bemühungen findet er jedoch so schnell keinen Ersatzjob für diesen Monat. Hat AN Anspruch auf Lohn für März 5005 ?
A. AN --> AG auf Lohnzahlung, §§ 611 I Alt. 2, 615 BGB
I. Anspruch entstanden ?
Ein wirksamer Arbeitsvertrag besteht, eine Vergütung ist vereinbart, der Anspruch ist entstanden, § 611 I Alt. 2.
II. Anspruch erloschen ?
1. Grundsatz: kein Lohn ohne Arbeit, Erlöschen gem. §§ 326 I 1, 275 IV
Der Lohnanspruch für März könnte jedoch gem. §§ 326 I 1, 275 IV erloschen sein. Die Norm setzt voraus, daß zunächst der Arbeitsleistungsanspruch des AG nach § 275 I erloschen ist oder dem AG ein Leistungsverweigerungsrecht nach den § 275 II oder III zusteht.
a) Unmöglichkeit, § 275 I ?
Dem AN könnte die Arbeitsleistung hier gem. § 275 I unmöglich sein.
Die Arbeitsleistung ist dem arbeitsrechtlichen Grundsatz nach Fixschuld, die Parteien können jedoch abweichendes vereinbaren. Die Arbeitsleistung wird grundsätzlich unmöglich, wenn der AN nicht zur rechten Zeit geleistet hat und keine relative Fixschuld, also die Nachholbarkeit der Leistung, vereinbart ist.
aa) Leistung zur rechten Zeit ?
AN müßte somit nicht zur rechten Zeit geleistet haben.
Für die Verteilung der Arbeitszeit ist die vertragliche Vereinbarung maßgeblich. Dem AG obliegt zudem die Konkretisierung der Arbeitszeit auf dem Weg einseitiger Leistungsbestimmung durch Weisung gem. §§ 315 BGB, 106 Seite 1 GewO. Die Weisung muß nach § 315 I nach billigem Ermessen erfolgen, sie darf insbesondere den arbeitsvertraglich vereinbarten Rahmen nicht überschreiten.
Hier war arbeitsvertraglich vereinbart, daß wöchentlich von Mo - Fr zu arbeiten ist. Gleichzeitig gab AG die Weisung, daß AN erst im nächsten Monat wieder arbeiten solle. Diese Weisung widersprach jedoch der arbeitsvertraglichen Vereinbarung. Sie genügte demnach nicht billigem Ermessen und war somit gem. § 315 III nicht verbindlich. Die rechte Zeit für die Arbeitsleistung im März war mithin wöchentlich von Montag bis Freitag. AN hat im März jedoch überhaupt nicht gearbeitet und somit
auch nicht zur rechten Zeit geleistet.
bb) Ergebnis zu a)
Deshalb war AN die Arbeitsleistung gem. § 275 I unmöglich.
b) Unvermögen, § 275 II; Unzumutbarkeit, § 275 III ?
Es kommt deshalb auch nicht mehr darauf an, ob ein Leistungsverweisgerungsrecht aus § 275 II oder III besteht.
c) Ergebnis zu 1.
Die Voraussetzung des § 326 I 1 war somit erfüllt. Grundsätzlich entfiel damit der Lohnanspruch gem. §§ 326 I 1, 275 IV.
2. Ausnahme: Lohn ohne Arbeit bei Annahmeverzug, § 615 Seite 1
Ausnahmsweise könnte der Lohnanspruch jedoch gem. § 615 Seite 1 hier nicht erloschen sein.
§ 615 Seite 1 ist Ausnahme zum Grundsatz des § 326 I, "ohne Arbeit kein Lohn". Sofern der AG mit der Annahme der Arbeitsleistung gem. den §§ 293 ff. in Verzug war, erhält § 615 Seite 1 den Vergütungsanspruch ausnahmsweise aufrecht.
Hier geriet AG gem. §§ 293 ff. dadurch in Annahmeverzug, daß er AN wieder nach Hause schickte.
Es gilt somit die Rechtsfolge des § 615 Seite 1. AN kann von AG die vereinbarte Vergütung für März verlangen, ohne zur Nachleistung verpflichtet zu sein.
3. Ergebnis zu II.
Der Lohnanspruch ist nicht erloschen.
III. Anspruch durchsetzbar
Der Anspruch müßte auch durchsetzbar, insbesondere fällig sein.
Die Fälligkeit des Lohnanspruchs regelt grundsätzlich § 614 Seite 1. Danach ist der AN mit seiner Arbeit vorleistungspflichtig. Die Norm ist jedoch in Fällen des § 615 nicht anwendbar, da es sich hier gerade um die Fälle handelt, in denen der vorleistungspflichtige Schuldner deswegen noch nicht geleistet hat, weil der Gläubiger sich im Verzug der Annahme befindet. Insofern kann es nicht auf die Fälligkeit gem. § 614 ankommen.
Hier liegt ein Fall des § 615 vor. § 614 steht dem Anspruch somit nicht entgegen.
Der Anspruch ist auch durchsetzbar.
IV. Ergebnis
AN hat gegen AG Anspruch auf Lohnzahlung für März 5005 aus §§ 611 I Alt. 2, 615 BGB.
(Es fehlt noch die Prüfung von § 615 2, das schenke ich mir jetzt.)