• Guten Start ins Wintersemester 2024/2025

Mehrwertsteuererhöhung

Da die Mehrwertsteuer zum Januar nicht die erste ist, ist zu diesem Thema eigentlich alles geregelt, was vorkommen kann.

in diesem Fall denke ich, daß der Preis so bleibt und der Lieferant dummerweise die höhere Mwst abführen muß.
 
High Folks,

ich habe mal eine Frage, die ich trotz Suchfunktion hier bislang unbeantwortet fand.

Wie wirkt sich die Erhöhung der Mehrwertsteuer auf bestehende, preisgebundene Verträge aus?

Sprich: Wenn Verträge existieren, die eine Seite verpflichten, eine Leistung in 2007 zu erbringen, zu einem Preis von x inkl. (!) Mehrwertsteuer!

Muß jetzt zu diesem Preis geliefert werden (d.h. der Gewinn des Lieferanten verringert sich), oder darf der Vertragspartner (einseitig?) den Preis um die höhere Mehrwertsteuer anpassen?

B

Hab dies gefunden:

Verbraucherzentrale NRW schrieb:
Für alle Waren, die ab 1. September 2006 bestellt wurden und erst im neuen Jahr geliefert werden, kann nachträglich keine höhere Mehrwertsteuer verlangt werden. Für Verträge, die VOR dem 1. September abgeschlossen wurden und die erst 2007 erfüllt werden, darf der Händler den höheren Steuersatz berechnen oder nachfordern

Bei Handwerksleistungen: Wenn die Fertigstellung im Vertrag erst für 2007 vereinbart wurde, darf der Handwerker die höhere Steuer berechnen.

Hilft das?
 
DerBelgarath schrieb:
Hintergrund meiner Frage war, daß ich einen Handy-Vertrag abgeschlossen habe mit Grundgebühr von 9,95 Euro inkl. MwSt und einem Minutenpreis von 3 Cent/Min ebenfalls inkl. MwSt.

Mein Anbieter belässt es bei dem Preis. Er senkt den Nettopreis. 😀
Somit zahle ich in 2007 auch das, was ich die Jahre vorher hatte.

Danke aber für die Infos. Ich selbst habe mich mit dem Thema bisher nicht all zu sehr beschäftigt. Habe aber zumindest versucht weit vor Jahreswechsel versucht alles zu kaufen, was nötig ist und nicht unbedingt zu beginn 2007 sein muss.

Ich ärger mich nur, dass auch Sachen teurer werden, die nicht von der Erhöhung betroffen sind, wie z. B. Lebensmittel.:mad
 
Schaut Euch mal das UStG an:

§ 29 Umstellung langfristiger Verträge

(1) 1 Beruht die Leistung auf einem Vertrag, der nicht später als vier Kalendermonate vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes abgeschlossen worden ist, so kann, falls nach diesem Gesetz ein anderer Steuersatz anzuwenden ist, der Umsatz steuerpflichtig, steuerfrei oder nicht steuerbar wird, der eine Vertragsteil von dem anderen einen angemessenen Ausgleich der umsatzsteuerlichen Mehr- oder Minderbelastung verlangen. 2 Satz 1 gilt nicht, soweit die Parteien etwas anderes vereinbart haben. 3Ist die Höhe der Mehr- oder Minderbelastung streitig, so ist § 287 Abs. 1 der Zivilprozessordnung entsprechend anzuwenden.
(2) Absatz 1 gilt sinngemäß bei einer Änderung dieses Gesetzes.


Der Geldhunger des Fiskus stört sich insofern nicht an dem hier in # 7 angeführten Grundsatz "pacta sunt servanda". Der Mehrwertsteuersatz beruht eben nicht auf Parteivereinbarung, sondern auf dem Willen des Gesetzgebers. Man kann also beim Dauerschuldverhältnis nicht einfach der Preiserhöhung widersprechen und weiter den alten, vereinbarten Preis zahlen, sofern die Preiserhöhung nur mehrwertsteuererhöhungsbedingt ist. Eine AGB-Preiserhöhungsklausel, die eine Preiserhöhung wegen Mehrwertsteuererhöhung regelt, wird außerdem anders zu behandeln sein als eine Preisanpassungsklausel, die sich etwa auf die erhöhung von Zuliefererpreisen stützt.

Zu beachten sind also die Viermonatsfrist, der Zeitpunkt des Vertragsschlusses und die Parteivereinbarung.


Insbesondere bei Verträgen mit Telekom § Co. fällt eine Preiserhöhung wegen der Mehrwertsteuererhöhung nicht unter die AGB-Klauseln, die "normale" Preiserhöhungen regeln. Bei diesen ist oft vereinbart, daß der Kunde der Preiserhöhung widersprechen kann, was dann ein Sonderkündigungsgrund für beide Parteien ist. Jene Preiserhöhung - also die wegen der Mehrwertsteuer - ist von diesen Klauseln aber nicht berührt. Der Anbieter kann im Normalfall einfach auf der Monatsrechnung den höheren Betrag ausweisen. Daß etwa die Telekom mit ihren Kunden Festpreise vereinbart - ungeachtet der gesetzlichen Mehrwertsteuer - ist glaube ich nicht der Fall.

Der Anbieter ist nicht nur berechtigt, sondern sogar verpflichtet, den höheren Mehrwertsteuersatz zu berechnen. Das muß ihn natürlich nicht daran hindern, zu seinen Lasten den Bruttopreis durch eine Nettopreissenkung gleich zu belassen. Dem Wettbewerb sei Dank.
 
Also um Belgeraths Frage kurz zu beantworten:

Ist "Lieferung in 2007" zum Preis von x,- € incl. MwSt. vereinbart, dann ergibt die Auslegung, daß x,- € zu bezahlen sind. Wieviel Steuer der Unternehmer an den Fiskus abführt, ist sein Problem.

Wurde aber im März 2006 "Lieferung zu x,- € incl. gesetzl. MwSt" vereinbart, dann darf der Bruttopreis angepaßt werden, muß es aber nicht. Der Nettopreis muß sich in jedem Fall ändern.


Das ist auch logisch, wenn man die Sache ganz unjuristisch betrachtet: Mit der Mehrwertsteuer schröpft der Staat die Verbraucher. Die Unternehmer dagegen sind nur die Steuereintreiber. Deshalb geht eine Mehrwertsteuererhöhung auch zu Lasten der Verbraucher.

Doch nochmal juristisch:

Alles hängt also an der Auslegung. Kann man von einem Festpreis sprechen, wenn gleichzeitig "incl. gesetzl. MwSt." dabeisteht ?

Von daher muß man im konkreten Fall genau hinschauen, was gemeint war.

P.S.: Das war hoffentlich nicht zu sozialethisch
 
Ich hab das gerade bei T-Mobile recherchiert:

T-Mobile hat in den AGB
  • eine Preisänderungsklausel, die von "Preisänderungen" spricht. Damit ist keine Preisänderung wegen Mehrwertsteuererhöhung gemeint.
  • Das ergibt sich schon daraus, daß die AGB auch eine Klausel enthalten, die eine Preisänderung wegen einer Mehrwertsteuererhöhung ausdrücklich gestatten - ohne Einverständnis des Kunden.
So würde ich das auch sehen, wenn in andern AGB nur von "Preisänderung" gesprochen wird. Das umfaßt nicht die Preiserhöhung wegen einer gesetzlich verordneten Mehrwertsteuererhöhung.
 
Also wir brauchen hier jetzt keine Astrologie zu betreiben. Was ich beschrieben habe, ist die grundsätzliche Rechtslage.

Wenn sich Dein Mobilfunk-Vertragspartner durch AGB-Vereinbarung verpflichtet hat, einen Kundenwiderspruch wegen einer Steuererhöhung so zu behandeln, daß der Vertrag im Widerspruchsfall zu den alten Bedingungen weiter läuft, dann gilt diese Rechtsfolge in diesem Fall ausnahmsweise - wegen der vorrangigen Parteiabrede.

Das ändert aber nichts an der grundsätzlichen Rechtslage. Deshalb kannst Du Deinen Spezialfall nicht auf jeden beliebigen anderen Fall übertragen.

Bei dem Zeitschriftenabo kann sehr wohl eine Preiserhöhung erfolgen. Allerdings nicht "rückwirkend", sondern halt ab dem Zeitpunkt des Inkrafttretens des geänderten Steuergesetzes - also ab 1. Januar 2007. AGL ist dann § 29 UStG, eine konkrete Regelung des Steuererhöhungsfalls zwischen den Parteien, sei es ausdrücklich, konkludent oder per AGB, ist nicht zwingend erforderlich.

Ich bleibe bei meiner Auslegung von "Preisänderung": Damit ist grundsätzlich nicht eine Preisanpassung wegen einer gesetzlichen Mehrwertsteuererhöhung gemeint - das ist unabhängig davon, was die Telekom-Kautelaristen für erforderlich hielten oder nicht. Der Begriff ist im Zweifel systematisch auszulegen - die deutsche Mehrwertsteuer ist eine Verbrauchersteuer und keine Unternehmenssteuer.

Es ist auch nicht ungewöhnlich, daß Vertragsbedingungen nicht deklaratorische, sondern lediglich klarstellende Klauseln enthalten, um Zweifel bei der Auslegung zu beseitigen.


Die Mehrwertsteuererhöhung ist hart
 
Kleiner Musterfall:

Zwei Parteien haben einen Preis von "10,- € incl. Mehrwertsteuer" vereinbart.

Plötzlich fällt dem Staat ein, den Mehrwertsteuersatz zu erhöhen.

Die eine Partei meint nun, es seien fest 10,- € vereinbart. Dies müsse vor und nach der Steuererhöhung so gelten. Schließlich ginge aus der Vereinbarung doch eindeutig hervor, daß mit "incl. MwSt" nur gemeint sein kann "incl. der jeweils zur Zeit geltenden MwSt.".

Die andere Partei dagegen meint, daß mit "incl. MwSt." vielmehr gemeint sei "10,- € incl. der derzeit geltenden MwSt., im Falle einer MwSt-Erhöhung 10,- € incl. der alten MwSt + x aufgrund Steuererhöhung".

Wer hat Recht ?

Es ist danach zu suchen, was die Parteien gewollt haben, § 133. Haben sie den Fall überhaupt bedacht ?

Haben sie übereinstimmend das gleiche gewollt, dann gilt genau das.

Waren sie unterschiedlicher Meinung und ist die Vereinbarung mehrdeutig, dann gilt nach § 157 das, was der objektive Erklärungsempfänger darunter versteht. Dabei kann auch die Viermonatsfrist aus dem USt-Gesetz als Auslegungsregel dienen.


Meine Abos werden jedenfalls teurer, außerdem mein Tiefgaragenstellplatz und meine Krankenversicherung.


Meiner Ansicht nach muß nach objekivem Verständnis "incl. MwSt." heißen "incl. der geltenden MwSt.". Ist nichts zu Steueränderungen vereinbart, gilt § 29 UStG.
 
Die Verbraucherzentrale äußert in dem *.PDF-Dokument folgende Ansicht:

Jemand kauft im August 2006 ein Auto zum Preis von 23.200 € "incl. 16% MwSt.". Die Lieferung soll dabei im Januar 2007 erfolgen. Tatsächlich wird auch im Januar geliefert.

Die VZB meint nun, es müssten nur 16% MwSt. bezahlt werden und begründet dies damit, daß der Verkäufer doch bereits seit Juli 2006 wissen konnte, daß er für eine Lieferung im Januar 19% MwSt. abführen muß.

Hat die VZB damit Recht ?
 
Ich kann das nicht nachvollziehen.

Das UStG regelt genau diesen Fall doch eindeutig in § 29. Danach darf der Preis angepaßt werden, wenn der Vertragsschluß vor dem Stichtag erfolgte. Von Kenntnis oder Kennenmüssen steht nichts im Gesetz. § 29 UStG regelt diesen Fall doch wohl abschließend und ist nicht als "freiwillige Richtschnur" gedacht ?

Vielleicht wollen die mit einem Schadensersatzanspruch aufrechnen - wegen Verletzung der Pflicht zur ordnungsgemäßen Rechnungstellung ? Dabei müßte sich aber in gleichem Maße auch der Käufer Kenntnis und Kennenmüssen zurechnen lassen. Zudem würde es mir schwer fallen, einen Schadensersatzanspruch für einen "Schaden" festzustellen, für dessen entstehen es eine eindeutige Anspruchsgrundlage in § 29 UStG gibt. Da käme höchstens ein SE-Anspruch gegen die Bundesregierung in Betracht, der natürlich auch scheitern muß 🙂

Da müßte der Verkäufer den Käufer schon arglistig getäuscht haben hinsichtlich des MwSt-Satzes und dies müßte gerade zum Kaufentschluß geführt haben - das wird wohl selten passiert sein - und selbst dann stünde noch Kennenmüssen des Käufers im Weg ?

Ich fürchte, diesen Prozeß würde die VZB verlieren - oder kann jemand hier die Meinung der VZB gut begründen ?
 
In einem anderen Beispielfall behauptet die Verbraucherzentrale, daß für einen Gutschein über eine Ballonfahrt,der im Jahr 2006 ausgestellt wurde, in keinem Fall eine Nachforderung wegen der erhöhten Mehrwertsteuer möglich sein soll, wenn 2007 mit dem Ballon gefahren wird.

Auch das kann ich nicht nachvollziehen. Erfolgte der Vertragsschluß vor dem maßgeblichen Viermonatszeitraum des § 29 UStG, dann gibt § 29 UStG einen Anspruch auf Nachzahlung. Vorausgesetzt ist nur ein "Vertrag". Auch einem Gutschein für die Ballonfahrt liegt ein Vertrag zugrunde, deshalb ist eine Nachforderung möglich, wahrscheinlich sogar ein Leistungsverweigerungsrecht des Ballonführers, bis die Nachzahlung erbracht ist.

Immer natürlich vorausgesetzt, daß nichts anderes vereinbart wurde.

Manchmal scheinen mir Verbrauchertips nur auf der AGL zu beruhen, daß all das rechtens sein soll, was für den Verbraucher von Vorteil ist ...
 
Auch folgende Einschätzung der VZB müßte mal jemand näher erklären:


"Steuersatz bei lange bestehenden
Verträgen

Manche Verträge laufen über einen längeren Zeitraum,
beispielsweise mit einem Fitnessstudio, einem Telefonanbieter
oder ein Wartungsvertrag. Hier kommt es für die
Höhe der Mehrwertsteuer auf den vereinbarten Vertragszeitraum
an.
Endet ein Vertrag nach dem 31.12.2006, darf der Unternehmer
im Prinzip für die gesamte Leistung den erhöhten
Steuersatz von 19 Prozent verlangen. In der Praxis werden
aber die meisten Leistungen während der Vertragslaufzeit
in Teilabschnitten abgerechnet. Dann müssen Verbraucher
für Leistungen bis Ende 2006 nur 16 Prozent Mehrwertsteuer
zahlen."


Das ist doch schlicht falsch ?! Wo steht, daß der Mehrwertsteuersatz davon abhängt, welcher Vertragszeitraum vereinbart wurde ? Es kommt doch nach dem UStG einfach darauf an, wann die Leistung erbracht wird. Wird die ganze Leistung in 2007 erbracht, beträgt der MwSt-Satz 19%, liegen Teilleistungen vor, dann fallen für Teilleistungen in 2006 16% an, für Teilleistungen in 2007 19%. War dann außerdem der Vertragsschluß vor dem 1. September 2006, dann hat der Gläubiger zusätzlich zum vereinbarten Kaufpreis den Anspruch aus § 29 UStG, sofern nichts anderes vereinbart ist.

Habe ich keine Ahnung oder schreiben die einfach Mist ?

Ergänzung:

Es wurden zwei Begriffe verwechselt. Die Dauerleistung ist von der Teilleistung zu unterscheiden.

Eine Dauerleistung liegt z.B. vor, wenn ein Mietvertrag über ein Jahr geschlossen wurde. Die Leistung erstreckt sich hier über ein ganzes Jahr, der Umsatz gilt nach dem UStG an dem Tag als ausgeführt, an dem der Zeitraum endet. Nur in diesem Fall könnte also sogar nachträglich noch höhere Mehrwertsteuer nachgefordert werden.

Die von der VZB angeführten Beispiele "Telefonanbieter" und "Fitneßstudiovertrag" sind aber eher untypische Beispiele für Dauerleistungen. Mein Studio und mein Telefonanbieter jedenfalls rechnen monatlich ab, es handelt sich dann um monatliche Teilleistungen. Diese werden dann fällig, wenn sie abgerechnet werden, also i.d.R. am Monatsende.

Guter Artikel zum Thema ...
 
Für die Auslegung der Preisvereinbarung ist auch die PAngV heranzuziehen.

§ 1 PAngV verdeutlicht die Grundregel, daß bei Verträgen zwischen Unternehmer und Endverbraucher die USt ein rechtlich unselbständiger Preisbestandteil ist. Vereinbarte Preise sind also grundsätzlich Bruttopreise - grundsätzlich, also nur, sofern nicht wirksam etwas anderes vereinbart ist.

Bei Verträgen zwischen Unternehmern kommt es darauf an 🙂

Ein Abwälzen der MwSt-Erhöhung auf den Käufer setzt entweder eine wirksame vertragliche oder eine gesetzliche Grundlage voraus.

Die gesetzliche Grundlage ist § 29 UStG, der auch die Viermonatsfrist zur Voraussetzung macht. Diese Viermonatsfrist ist eine Art gesetzlich angeordneter Ausschlußfrist, die die Unkenntnis der bevorstehenden Mehrwertsteuererhöhung ab einem Stichtag ausschließt. Diese Vorschrift läßt m.E. keinen Raum für die Auslegung der VZB, daß für vor dem Stichtag, aber nach Bekanntwerden der geplanten Steuererhöhung geschlossene Verträge der in § 29 UStG angeordnete Ausgleichsanspruch dennoch nicht geltend gemacht werden könne, weil der Unternehmer die Steuererhöhung doch gekannt haben müßte.

In Betracht käme jedoch ein Anspruch aufgrund Parteivereinbarung, die auch konkludent erfolgt sein konnte. Es müßte sich dann aus der Auslegung und damit aus dem Parteiwillen und dem Empfängerhorizont / aus der Verkehrssitte ergeben, daß entgegen § 29 UStG eine Nachforderung wegen der erhöhten MwSt ausgeschlossen sein sollte. Das wird aber im Einzelfall zu entscheiden sein und außerdem ein erhebliches Beweisproblem bergen, so daß die VZB diesen an sich denkbaren Fall sicher nicht so verallgemeinernd als Normalfall darstellen sollte.

Wenn der Unternehmer nach § 29 UStG einen Auslgeich fordern kann, dann ist es angemessen, die volle MwSt-Änderung auf den Kunden abzuwälzen - sagt der BGH in NJW 1972, 874:

"Dieser Ausgleich besteht darin, daß der Leistende die Änderung der umsatzsteuerlichen Belastung an den Leistungsempfänger weitergibt, und zwar grundsätzlich in voller Höhe (Plückebaum-Malitzky, UStG § 29 Nr. 159). Hat sich die Belastung erhöht, so kann der Leistende den Ausgleich in Höhe der Mehrbelastung verlangen; hat sich die Belastung vermindert, so muß der Leistende die Minderbelastung dem Leistungsempfänger zugute kommen lassen (Plückebaum-Malitzky, aaO Nr. 160)".
 
DerBelgarath schrieb:
bei einem Anspruch geht es nicht um die begingungslose Abwälzung auf den Kunden, sondern allenfalls "einen angemessenen Ausgleich" ...
Und der kann imho, wenn die Vereinbarung zu einem Zeitpunkt geschlossen wurde, wo der Unternehmer die Mehrwertsteuererhöhung kannte, auch durchaus weniger als der Erhöhungsbetrag sein.

Wenn Du mir sauber die AGL dafür nennst und schön argumentierst, dann werde ich Dir glauben
 
DerBelgarath schrieb:
Das ist das Gesetz selbst.


Ja ja, "das Gesetz" - meine Frage zielte schon auf das Gesetz, aber ich wollte gerne auch Details hören 🙂

In etwa so: § 29 I 1 UStG gewährt einen angemessenen Ausgleich. Der Ausgleich durch Weitergabe der Belatung in voller Höhe ist nach höchstrichterlicher Rechtsprechung angemessen, BGH v. 22. 3. 1972, BGHZ 58, 292 = NJW 72, 874; und v. 28. 6. 1973, NJW 73, 1744).

Für Deine Behauptung, der Bundesfinnzminister hätte per Gesetzesbegründung angeordnet, es sei nur ein Teilausgleich angemessen, sehe ich deshalb keinen Raum
 
DerBelgarath schrieb:
Im übrigen sollte es Dir zu denken geben, daß der Bundesminister der Finanzen in seinem Rundschreiben den Anspruch jenseits der vier Monate nicht uneingeschränkt bejaht, sondern allenfalls unter gewissen Bedingungen zusprechen. 😀

Ok, ich habe gedacht:

In dem von Dir zitierten Schreiben des BuFinami steht, daß aus der unternehmerischen Verpflichtung in §§ 14, 14a UStG, nämlich Vorsteuer abzuführen, noch kein Ausgleichsanspruch gegen seinen Kunden folgt, sondern daß der Ausgleichsanspruch sich erst aus § 29 UStG ergibt.

Aber ich finde, wir könnten mal konkreter werden, vielleicht anhand von Fällen, was hältst Du davon ?

Fall 1:

Am 5. August 2006 kauft K von H ein Auto "zum Preis von 23.200 € incl. 16% MWSt, zu liefern am 3. Februar 2007". Ausdrücklich ist sonst nichts vereinbart.

Kann H von K zusätzlich zum Kaufpreis noch Zahlung von 600 € verlangen ?

Abwandlung 1: Bei den Vertragsverhandlungen plaudern beide nebenbei über "die anstehende Mehrwertsteuererhöhung zum neuen Jahr".

Abwandlung 2: Im Vertrag steht jetzt "zum Festpreis von 23.200 €, zu liefern am 3. Februar 2007".

Abwandlung 3: Jetzt steht im Vertrag "zum Preis von 23.200 € incl. 16% MwSt, zu liefern am 1. Dezember 2006". Die Lieferung verzögert sich bis zum Februar, wofür VW verantwortlich ist.


Jetzt schreib nicht "nein, weils im Gesetz steht"
 
DerBelgarath schrieb:
Hier wird zu schauen sein, welche Vereinbarungen ggf. getroffen wurden.

Wenn Festpreise vereinbart wurden, so schrieb bereits die VerbrZentr, dann gelten diese.

Na dann schaun wer mal:

Fall 1:

Am 5. August 2006 kauft K von H ein Auto "zum Preis von 23.200 € incl. 16% MWSt, zu liefern am 3. Februar 2007". Ausdrücklich ist sonst nichts vereinbart.

Anspruch auf Zahlung von 600 € aus § 29 I 1 ?

- Vertrag (+)
- nicht später als 4 Kalendermonate vor dem 1.1.2007 geschlossen (+), 5.8.2006
- nach dem UStG anderer Steuersatz anzuwenden (+), 19% für LuL nach dem 1.1.2007 statt 16% für LuL vor dem 1.1.2007, §§ x,y UStG
- kein Ausschluß nach § 29 I 2 UStG (+), weder ausdrückliche noch konkludente abweichende Vereinbarung ersichtlich
- also: Anspruch nach § 29 I 1 UStG (+)

Höhe des Anspruchs: nach § 29 I 1 "angemessener Ausgleich" der steuerlichen Mehrbelastung, angemessen ist nach Plückebaum-Malitzky, UStG § 29 Nr. 159, der volle Mehrbelastungsausgleich, hier also 3% von 20.000 € = 600 €.
 
Abwandlung 1:

(Kann sich aus dem Plaudern über die Mehwertsteuererhöhung bei den Vertragsverhandlungen etwas anderes ergeben ?)

Anspruch aus § 29 I 1 UStG ?

- grundsätzlich wie im Fall 1
- bei der Prüfung von § 29 I 2, ob die Parteien etwas abweichendes vereinbart haben, sind aber bei der Auslegung des Vertrags nach §§ 133, 157 die erklärungsrelevanten Umstände mit zu berücksichtigen: Wollten K und H ungeachtet der Mehrwertsteuererhöhung einen Festpreis vereinbaren ?
++ schriftliche Vereinbarung: "incl. 16% MwSt", nach dem Wortlaut keine Regelung des MwSt-Erhöhungsfalls, Regelungslücke
++ Auslegung nicht nach dem reinen Wortlaut, sondern nach dem übereinstimmenden Willen beider Parteien, § 133: Daraus, daß über die MwSt-Erhöhung geplaudert wurde ergibt sich, daß beide jedenfalls von der Steuererhöhung wußten. Ob beiden bewußt war, daß wegen der Lieferung in 2007 ein anderer Steuersatz anzuwenden wäre, läßt sich nicht eindeutig feststellen. Es ergibt sich auch nicht eindeutig der Wille, daß ungeachtet der Steuererhöhung der Bruttopreis als Festpreis vereinbart werden sollte.
++ also: Auslegung nach § 157 - nach objektivem und redlichem Verständnis und nach der Verkehrsanschauung ist so viel MwSt zu zahlen, wie es sich aus dem UStG ergibt - es wurden vereinbart 20.000 € + 19% MwSt
++ also: keine von § 29 I 1 abweichende Vereinbarung (-)
- also: Zahlungsanspruch 600 € aus § 29 I 1 (-)

aber: Anspruch aus §§ 433, 157: 20.000 € + 19% MwSt = 23.800 €

🙂

Ok ok, die Auslegung ist etwas mutig und müßte dann so auch schon für Fall 1 gelten ...

Muß man § 155 in Betracht ziehen ? Regelungslücke (+), versteckter Einigungsmangel - die beiden waren sich des falschen MwSt-Satzes nicht bewußt, wollten die Parteien nach den Umständen des Einzelfalls auf jeden Fall ungeachtet der Regelungslücke den Vertragsschluß ? nachdem es nur um 600 € Differenz geht angesichts von mehr als 26.000 € Gesamtpreis wohl schon --> die Lücke ist durch die gesetzliche Regelung aufzufüllen --> nach § 29 I 1 UStG besteht zusätzlich zum Kaufpreisanspruch der Ausgleichsanspruch, hier i.H.v. 600 €.

Wie mans sieht: K muß 19% MwSt zahlen ...

Oder ergibt sich aus der PAngV etwas anderes ?

Frage a: Ist die Angabe in der Rechnung "incl. 16% MwSt, Lieferung in 2007" nach § 1 PAngV ordnungsgemäß, oder wäre ordnungsgemäß "incl. 19% MwSt, Lieferung in 2007" ???

Frage b: Und was wäre, wenn die Angabe nicht ordnungsgemäß wäre ? Ordnet die PAngV irgendeine Sanktion oder Rechtsfolge an ???
 
Ok, ein Verstoß gegen § 1 PAngV ist nach § 10 PAngV eine Ordnungswidrigkeit.

Jetzt kommt es wohl darauf an, ob bei Vertragsschluß die MwSt-Erhöhung bereits rechtswirksam beschlossen war und ob H das wissen mußte ? Wenn ja, dann läge darin eine Nebenpflichtverletzung des H, die im Fall der Schuldhaftigkeit einen Schadensersatzanspruch begründen könnte.

Da kommt man vom Hundertsten ins Tausendste - hab jetzt keine Zeit mehr
 
Oben