Strafbarkeit einer psychotherapeutischen Behandlung

Dr Franke Ghostwriter
Strafbarkeit einer psychotherapeutischen Behandlung ...

Strafbarkeit wegen der psychotherapeutischen Behandlung eines Kindes ...

... die mit dem Willen des einen und gegen den Willen des anderen Sorgeberechtigten erfolgt:

Wie sind folgende Fälle zu beurteilen ?

Die Mutter kommt mit ihrem Kind zum Psychotherapeuten, der beim Kind eine Störung mit Krankheitswert diagnostiziert, die dringend behandlungsbedürftig ist. Die Mutter ist mit der Behandlung einverstanden, der Vater verweigert jedoch die Zustimmung.

Darf oder muß der Psychotherapeut das Kind behandeln oder muß er auf die Zustimmung des Vaters warten ?

Welche zivil- und welche strafrechtlichen Konsequenzen erwarten den Psychotherapeuten, der trotz fehlender Zustimmung behandelt ?

Welche zivil- und welche strafrechtlichen Konsequenzen erwarten den Vater, der seine zustimmung verweigert ?

Und wie sehen die Fälle aus, wenn eine Behandlung nicht akut erforderlich ist, sondern "erst" mittelfristig ?

Welchen Unterschied macht es, wenn das Kind einmal 5 Jahre und einmal 15 Jahre alt ist ?
 
Ohje der Therapeutenjungle ...

Es scheint immer noch Leute zu geben, die meinen, dass ein Kind, das therapeutische Hilfe in Anspruch nimmt (mit und gegen den Willen eines Elternteils oder der Eltern) gleich ein Fall für die Klapse ist ...

Therapie kann ganz unterschiedlich verlaufen ...

Während manche Therapeuten in Punkto motorischer Entwicklung, Sprachentwicklung u.d.g. wertvolle Hilfe leisten, gelingt es anderen Therapeuten wiederum dazu beizutragen, dass ein Kind sozial integriert wird. Für manche Kinder ist auch häufig schon allein die Tatsache, dass eine Person für sie einmal in der Woche wirklich Zeit hat und sich ausgibig mit ihnen beschäftigt, eine wertvolle bereichernde Erfahrung.

Strafbarkeit sehe ich hier absolut keine, sofern zumindest ein Elternteil mit der Behandlung einverstanden ist und der Therapeut Behandlungsbedarf sieht. U.u. würde sich dieser nämlich einer "unterlassenen Hilfeleistung" strafbar machen.

Den zivilrechtlichen bzw. familienrechtlichen Knatsch sollten die Eltern lieber unter sich ausmachen. Ganz allein entscheidend ist, was für das Kind das Beste ist.

Ob es für den Ehepartner, der eine solche Therapie ablehnt (anscheinend ist eine Behandlung zumindest "mittelfristlich" erforderlich), wirklich günstiger ist, wenn der andere Partner dessen Zustimmung durch den
Familienrichter erstetzen lässt, glaube ich nicht wirklich, da in sochen Verfahren das Kind einbezogen wird und sich das Gericht ein Bild von der
Behandlungsbedürftigkeit ein Bild macht.

Wieso ein Kind länger leiden lassen als erforderlich?

Ich kenne einen Fall (privat, nicht beruflich). Hier leidet das Kind massiv
unter ADHS. Aufgrund einer endokrinologischen Untersuchung wurde festgestellt, dass zwar der Serorton- & Noradrenalinspiegel nicht ganz okay sind, sich aber das Verhalten des jungen Mannes (gut, er ist jetzt 15) nicht ganz biologisch erklären lässt. Hintergrund könnte sein, dass er als 5-jähriger mitbekommen hat, wie der Vater der Mutter "etwas zu nahe" getreten ist ... Wenn ein Kind selbst die Frage stellt: "Wieso bin ich so? Wieso kann ich nicht endlich tot sein?" ... Dann ist das ein Fall für Therapie, auch wenn der Vater hier völlig blockiert, nur damit seine "schöne Fassade" gewahrt blebit.

Ich fürchte dass der Vater auch gegen seinen Willen hier blechen muss. Seitens der Mutter keinerlei strafbare Handlung vorliegt.
 
Ich kenne einen Fall (privat, nicht beruflich). Hier leidet das Kind massiv
unter ADHS. Aufgrund einer endokrinologischen Untersuchung wurde festgestellt, dass zwar der Serorton- & Noradrenalinspiegel nicht ganz okay sind, sich aber das Verhalten des jungen Mannes (gut, er ist jetzt 15) nicht ganz biologisch erklären lässt.

So weit ich weiß, gibt es bisher keinen belegbaren Zusammenhang zwischen irgendwelchen Blutwerten und AD(H)S. Anbieter, die zur AD(H)S-Diagnostik ein Blutbild bestimmen, um anschließend diverse Pülverchen teuer zu verkaufen, sollte man besser meiden und statt dessen zu einem Kinder- und Jugendlichenpsychiater gehen. Diagnostiziert dieser ein AD(H)S, dann weiß er auch die richtigen Methoden anzuwenden, die sich recht bald in einer Verbesserung des schulischen und sozialen Erfolgs des Kindes zeigen dürften.

Aber zum juristischen Problem:

Klar dürfte der Fall sein, wenn das Kind akut behandlungsbedürftig ist. Es wäre dann eher unterlassene Hilfeleistung, wenn der Therapeut nicht dem Kind hilft, sondern eine Unterschrift fordert (Kommt ein akuter Blinddarm zum Arzt. Arzt: "Ist Dein Pappi mit einer OP einverstanden ?", Kind: "Der ist gerade auf hoher See ..." - klar ...

Was aber, wenn die Behandlung gefahrlos meinetwegen auch erst in vier Wochen beginnen könnte ?

Gem. § 1629 I 1 BGB vertreten die Eltern das Kind gemeinschaftlich. Ausnahmefall ist nach § 1629 I 4 "Gefahr im Verzug".

Nehmen wir den Fall, daß die Mutter mit dem Kind zum Therapeuten kommt und einer Therapie - die ruhig erst in vier Wochen beginnen kann - zustimmt, gleichzeitig aber erzählt, daß der Kindsvater gegen eine Therapie ist.

Beim Fahrradhändler wäre der Fall klar: Ein Kaufvertrag des Kindes, dem nicht beide Elternteile zustimmen, wäre unwirksam. Aber wo ist genau bei einer therapeutischen - oder auch ärztlichen - Behandlung die Relevanz von § 1629 und wo ist die Konsequenz für den Behandler und wie verhält er sich in einem solchen Fall formal richtig ?

Muß er den Vater nur informieren, daß er eine Behandlung des Kindes beginnt und darf er im Falle des Schweigens des Vaters auf dessen mutmaßliches Einverständnis vertrauen ? Oder ist auf jeden Fall eine positive Einverständniserklärung erforderlich ?

Und was, wenn der Vater ausdrücklich seine Zustimmung verweigert ? Eine Therapie ist ja kein Kindergartenspiel, sondern Eingriff in die Psyche des Kindes. Muß der Therapeut eine Entscheidung des Familiengerichts - etwa nach § 1666 - erwirken oder darf er dann einfach behandeln, wenn er aufgrund einer Abwägung der beiden gegenläufigen Rechtsgüter Kindeswohl / Sorgerecht des Vaters zu dem objektiv nachvollziehbaren Ergebnis kommt, daß das Kindeswohl ohne Behandlung gefährdet wäre ? Und wie, wenn sich diese Abwägung später als unzureichend erweist ? Welche Konsequenzen könnte das für den Therapeuten haben ?

Man sollte dabei im Hinterkopf haben, daß Familiengerichte meist chronisch überlastet sind und eine Entscheidung durchaus erst am St. Nimmerleinstag zu erwarten ist ...

Und selbst wenn das der richtige Weg wäre - wie Du auch schreibst, wird es sich eher negativ auf die Kindespsyche auswirken, wenn sich Pappi und Mammi vor Gericht kloppen. Der Therapeut befindet sich in einem massiven Konflikt, denn das was juristisch richtig ist, das ist therapeutisch gerade falsch - und zuvörderst muß sich der Therapeut an die Regeln der Kunst halten und somit nichts unternehmen, was gegen das Wohl seines Patienten ist ...
 
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