Anfechtung der Vaterschaft

Dr Franke Ghostwriter
Wer kennt sich denn im Gegensatz zu mir ein wenig mit Familienrecht aus ?

Aktueller Anlaß: Diskussion um die Anfechtung der Vaterschaft

Ich Frage mich:
  • Will ein Vater oder eine Mutter die Vaterschaft des Kindes anfechten, werden dann auch die Interessen des Kindes ausreichend vertreten ? Oder liegt hier nicht ein massiver Interessenskonflikt vor, wenn der Vater seine eigene Vaterschaft anficht und gleichzeitig als gesetzlicher Vertreter des Kindes (zusammen mit der Mutter) handelt ? Übernimmt in einem solchen Fall ein Dritter die Vertretung der Kindesinteressen ? Praktisch gesehen dürfte es doch illusorisch sein, daß sich Vater und Mutter auch nur annähernd einig sind und deshalb wohl auch zu keiner gemeinsamen Entscheidung kommen werden, wie das Kind zu vertreten ist, wenn einer von beiden in den Raum stellt, er sei betrogen worden ...
  • Wie verhält es sich mit der Ausschlußfrist für die Anfechtung ? Die beträgt zwei Jahre, beginnend mit der Kenntnis der zur Anfechtung berechtigenden Umstände. Ich würde ja aus dem Bauch heraus eine zweijährige Frist, beginnend mit der Geburt des Kindes, für sinnvoll halten. Bei der Frage der Vaterschaft geht es doch nicht nur um die nackte genetische Verwandtschaft - auch wenn ein Kind zusammen mit dem nicht leiblichen Vater über längere Zeit in der Familie zusammen gelebt hat, sieht es den "Vater" als seinen Vater an und somit als die eine der zwei wichtigsten Bezugspersonen in seinem Leben. Wird diese Beziehung zerstört, dann steigt die Gefahr, daß das Kind später eine seelische Störung mit Krankheitswert entwickelt, erheblich. Muß man das nicht eine Art "Vertrauenstatbestand" nennen, der die Anfechtung ausschließt ? Und ist nicht auch die Familie von Verfassungs wegen geschützt ? Ich höre in der Diskussion aber immer nur, es ginge auf der einen Seite um die Rechte des Anfechtenden und auf der anderen Seite nur um das Recht des Kindes auf informationelle Selbstbestimmung ...
Und an die Verfassungsrechtler hier ...:

Wer kennt die gestrige Entscheidung (vom 13. Februar 2007) näher ?

Aus den Nachrichten werde ich nicht ganz schlau:

- Einerseits soll die aktuelle Gesetzeslage unbefriedigend sein, weshalb das BVerfG dem Gesetzgeber auch aufgibt, das materielle Recht zu ändern, damit der Rechtsweg zu Anfechtung der Vaterschaft einfacher gangbar wird

- andererseits hatte der Kläger aber Pech. Der hat unter dieser unzureichenden Gesetzeslage ganz konkret gelitten, eine zukünftige Gesetztesänderung wird ihm aber nichts nützen ... ?

Also entweder verfassungswidrig - dann muß das auch für den Kläger gelten, oder aber nicht ?
 
Dr.Taft schrieb:
Aus den Nachrichten werde ich nicht ganz schlau:

- Einerseits soll die aktuelle Gesetzeslage unbefriedigend sein, weshalb das BVerfG dem Gesetzgeber auch aufgibt, das materielle Recht zu ändern, damit der Rechtsweg zu Anfechtung der Vaterschaft einfacher gangbar wird

- andererseits hatte der Kläger aber Pech. Der hat unter dieser unzureichenden Gesetzeslage ganz konkret gelitten, eine zukünftige Gesetztesänderung wird ihm aber nichts nützen ... ?

Also entweder verfassungswidrig - dann muß das auch für den Kläger gelten, oder aber nicht ?
Ich hab´s so vestanden (Vorsicht gefährliches Halbwissen 😉): Zukünftig soll das fehlende Einverständnis der Mutter zu einem Vaterschaftstest durch die Zustimmung staatlicher Stellen ersetzt werden können --> Stärkung des Schutzes der gelackmeierten "Väter" durch Gesetzesänderung.

Im konkreten Fall ging es aber doch darum, dass ein heimlicher Test - den hatte der Vater doch hier gemacht, oder? - nicht gerichtlich verwertbar ist.
Solche heimlichen Test werden also auch weiterhin, selbst nach Änderung der Gesetzeslage, nicht zulässig sein.

Gruß
Steffi
 
Im konkreten Fall ging es aber doch darum, dass ein heimlicher Test - den hatte der Vater doch hier gemacht, oder? - nicht gerichtlich verwertbar ist.
Solche heimlichen Test werden also auch weiterhin, selbst nach Änderung der Gesetzeslage, nicht zulässig sein.

Gruß
Steffi

Ja, es ging um den heimlichen Test. Der erfolgte gegen den (rechtsgeschäftlichen) "Willen" des Kindes (der nur mit Zustimmung der Mutter wirksam erklärt werden hätte können, die aber nicht vorlag), was gegen das Recht auf informationelle Selbstbestimmung des Kindes verstößt, weshalb das Testergebnis keinen Beweiswert hat. So weit so gut, das soll auch weiterhin so bleiben.

Aber gleichzeitig hatte der Vater ja auch gar keine andere Möglichkeit, als den Test heimlich zu machen, da das Verfahren der Vaterschaftsanfechtung - nach Ansicht des BVerfG - nach aktueller Rechtslage eine zu hohe Hürde darstellt, als daß irgend ein Vater in so einem Fall - ohne Zustimmung der Mutter - eine relle Chance hätte, daß er mit seiner Anfechtung Erfolg haben könnte. Er müßte wohl beispielsweise darlegen können, daß er in der in Frage kommenden Zeit keinen Beischlaf mit der Mutter haben konnte, vielleicht weil er zu der Zeit grad in Honolulu war - dann würde wohl sein Anfechtungsbegehren angenommen werden und dann könnte das Gericht einen Gentest anordnen.

De facto also ist aktuell die dem Anfechtenden auferlegte Darlegungshürde wohl zu hoch, die er nehmen muß, damit das Gericht das Verfahren überhaupt in Gang setzt.

Deshalb wurde dem Gesetzgeber aufgegeben, das Verfahren zu vereinfachen. Nur hat der Vater, der aktuell geklagt hatte, davon nix - obwohl doch das aktuelle Recht hier offensichtlich nicht mit der Verfassung vereinbar war ?! Oder warum sollte das BVerfG dem Gesetzgeber sonst eine Gesetzesänderung ans Herz gelegt haben ?
 
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