Beispiel F Teil 1 des Skripts

Dr Franke Ghostwriter
Ich fasse den Fall nochmal kurz zusammen:

S ist Stammgast bei L. Als S sich an die Theke stellt, zapft L ihm ein großes Pils, welches S auch austrinkt. L will wissen, ob er hierfür 1,80 € verlangen kann.

Im Skript wurde Angebot und Annahme dahingehend gelöst, dass das Angebot konkludent durch S abgegeben wurde, als er sich an die Theke stellt und durch L angenommen, als dieser ihm das Pils hinstellt.

Mein Gedankengang wäre jetzt aber gewesen, dass L durch das Hinstellen des Pils ein Angebot abgegeben hat und dadurch, dass S das Pils ausgetrunken hat, das Angebot angenommen wurde.

Wäre das jetzt falsch oder auch richtig?
 
hmmm...also grundsätzlich gibt es nicht EINE Lösung und du wirst in verschiedenen büchern
verschiedene antworten finden.

ich würde das so sehen:

L macht das angebot, indem er das bier auf den tische stellt, S nimmt das Angebot an, da er das bier trinkt.
S ist stammgast, also kennt der die geflogenheiten dieses lokals.

hätte s das bier nicht getrunken, hätte L auch keinen anspruch gehabt.

ich sehe in dem fall des an die theke stellens kein angebot, da er vielleicht
auch nur einen kollegin gesehen hat, als er an der bar vorbei ging, und small-talk machen wollte.
 
Im Sachverhalt steht meistens nichts ohne Grund, d.h. alle Handlungen haben eine Bedeutung die auch betrachtet werden muss.
Wenn er Stammgast ist und sich immer so an die Theke stellt (hab den Sachverhalt nicht im Kopf) muss geprüft werden, ob dies ein Angebot ist. Wenn sich keine Ablenkungsmöglichkeiten (Kollegin, small talk) benannt werden, dann kann man die auch nicht annehmen sondern aus der Sicht des obj. Dritten sehen, ob dieses an die Theke stellen eine WE und ein Angebot ist.

Mit guter Begründung, so wird es zumindest immer gesagt, sind auch andere "Ergebnisse" tragbar

Fälle, insbesondere alte EA's lösen (werden vom virtuellen Mentor im Laufe des Semsters zu genüge eingestellt) und dann bekommt ihr auch ein Feeling dafür wohin der Hase läuft.
 
Mein Gedankengang wäre jetzt aber gewesen, dass L durch das Hinstellen des Pils ein Angebot abgegeben hat und dadurch, dass S das Pils ausgetrunken hat, das Angebot angenommen wurde.

Wäre das jetzt falsch oder auch richtig?

Beachte den zeitlichen Ablauf. Zuerst lehnt sich S an die Theke und danach stellt L ihm das Bier hin.

Die Frage ist daher zunächst, wie das Verhalten des S zu werten ist. Wer hier im Verhalten von S eine Angebotserklärung erkennt, kann das anschließende Verhalten von L (Bier hinstellen) nicht in Richtung Angebotserklärung prüfen, sondern nur in Richtung Annahmeerklärung.

Die Lösung in der KE bewertet das Verhalten von S als Angebotserklärung. Freilich ist dieses Ergebnis nicht zwingend. Wer hier Angebot verneint, prüft danach ob das zeitlich spätere Verhalten des L ein Angebot darstellt.

Ohne Zweifel muss das Handeln des S aber zuerst betrachtet und bewertet werden (und Angebot bejaht oder verneint werden).

Ich finde das Ergebnis in der KE schlüssig. Hier ist wichtig, dass S Stammgast ist und daher, was L weiss, immer ein Bier will, wenn er an die Theke kommt. Bei einem Fremden wäre es sicher anders. Ein Fremder bestellt kein Bier, in dem er sich an die Theke stellt. Bei einem Fremden hätte L sicherlich auch nicht deshalb ein Bier gezapft, nur weil der Fremde an die Theke kommt.

Überlege auch, dass L das Bier bestimmt nur zapfen will, wenn es auch zeitnah (von S) gekauft wird. Wenn S das Bier nicht will, dann müsste L das Bier wegkippen. Es ist daher naheliegend, dass L beim Zapfen des Biers bereits annimmt, dass S ein Bier will. L (und ein verständiger objektiver Beobachter) erkennt daher im Handeln des S die Äußerung des Rechtsbindungswillens ein Bier zu kaufen.

Liebe Grüße
 
Mein Gedankengang wäre jetzt aber gewesen, dass L durch das Hinstellen des Pils ein Angebot abgegeben hat und dadurch, dass S das Pils ausgetrunken hat, das Angebot angenommen wurde.

Wäre das jetzt falsch oder auch richtig?

Gegen Deine Lösung ist nichts einzuwenden, wenn Deine Argumentation vertretbar ist. Dafür ist es aber unabdingbar, dass Du das Verhalten des S betrachtet und bewertest. Du musst prüfen, ob das Verhalten des S ein Angebot an L zum Bierkauf darstellt und zwar bevor Du das Verhalten des L prüfst, weil S zeitlich vor L handelt. Vertritts Du die Ansicht, dass S kein Angebot abgibt, dann muss sich diese Ansicht als Ergebnis Deiner (gutachterlichen) Prüfung "Verhalten des S ist ein Angebot an L zum Bierkauf" ergeben, z.B. weil der äußere Erklärungstatbestand (Rechtsbindungswille) nicht erfüllt ist.

Liebe Grüße
 
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