• Guten Start ins Wintersemester 2024/2025

Aktuelle Diskussion

Unser Sponsor SAP 4 Students
Unser Sponsor
24. Januar 2006: Schadensersatzeststellungsklage Kirch-Konzerntochter / Dr. Kirch vs. Dr. Breuer / Deutsche Bank

Jura macht nicht nur uns Studenten Kopfzerbrechen, sondern Nichtjuristen um so mehr - das merkt man immer wieder an Falschmeldungen und Halbwahrheiten in den Medien ... - die roten Anmerkungen stammen jeweils von mir

"Der Bundesgerichtshof hatte am Dienstag entschieden, dass die Deutsche Bank und Breuer wegen dessen Interview-Äußerungen Schadenersatz an Kirch leisten müssen. Dessen Höhe ist noch offen." - die Ursächlichkeit der Äußerung für den Schaden muß erst noch nachgewiesen werden, Kleinigkeit ...

"Der BGHG hatte der Kirch-Gruppe in seinem Urteil ein Recht auf Schadensersatz zugesprochen." - in der Pressemeldung steht explizit, daß es eben gerade nicht um die ganze Kirch-Gruppe gehen kann, sondern nur um die rechtlich selbständige Konzern-Tochter, mit der die Deutsche-Bank in einer vertraglichen Beziehung stand - das ist die andere Seite der Medaille des vorteilhaften "konzernrechtlichen Trennungsprinzips, das zu einer Beschränkung der Haftung für ein Darlehen auf die vertragsschließende Konzerngesellschaft führt."

... meint jedenfalls RP-Online

"Ein Banker darf die Kreditwürdigkeit seiner Geschäftspartner nicht durch Interviews gefährden. Das stellte der Bundesgerichtshof (BGH) gestern auf Klage des Ex-Filmhändlers Leo Kirch fest. Die Deutsche Bank und ihr ehemaliger Vorstandschef Rolf Breuer müssen einer Kirch-Firma deshalb grundsätzlich Schadenersatz bezahlen. Die von Kirch geforderten 6 Milliarden Euro wird sie aber nicht bekommen." steht das in der Pressemeldung oder hat der Journalist ein Orakel befragt ?

"In einem Gespräch mit dem Business-Sender Bloomberg TV hatte Breuer im Februar 2002 gesagt, die Banken seien nicht mehr bereit, dem damals schon angeschlagenen Medienunternehmer weitere Kredite zu geben." - man könnte auch den Gesamtzusammenhang objektiv darstellen - gleich ganz zu Beginn der Pressemeldung steht nämlich explizit, daß Herr Dr. Breuer "im Zusammenhang (...) mit der in den Medien erörterten Finanzkrise (...)antwortete" - der BGH hat also auch festgestellt, daß die Krise bei Kirch zum Zeitpunkt der Äußerung bereits in den Medien war - das könnte den Nachweis der Ursächlichkeit der Äußerung für die Insolvenz ganz besonders schwer machen ...

... meint jedenfalls die taz


Der tagesspiegel-online hat etwas besonders gründlich falsch verstanden ...:

"Deutsche Bank mitschuldig an Kirch-Pleite" - so einfach ist es nicht ...

"Die Deutsche Bank und ihr ehemaliger Vorstandschef Rolf E. Breuer tragen Mitschuld am Zusammenbruch des Medienkonzerns des Unternehmers Leo Kirch – und müssen teilweise für entstandene Schäden haften. Das hat der Bundesgerichtshof (BGH) entschieden." hat er nicht

Breuer habe mit einem Interview im Jahr 2002, in dem er sich über die Kreditwürdigkeit Kirchs kritisch geäußert hatte, vertragliche Pflichten verletzt und „wahrscheinlich einen Vermögensschaden verursacht“. - vielleicht sollte man auch dazuschreiben, von wem oder aus welcher Quelle das Zitat stammt ? In der Pressemeldung des BGH steht nichts von einer wahrscheinlichen Verursachungdes Vermögensschadens, sondern etwas ganz anderes: "Der Bundesgerichtshof hat der Schadensersatzfeststellungsklage, die nicht den Nachweis eines durch die Interviewäußerung verursachten Vermögensschadens, sondern lediglich die Wahrscheinlichkeit eines solchen voraussetzt, (...) stattgegeben" Wie hoch das Gericht die Wahrscheinlichkeit einschätzt, kann man nach Äußerungen eines Deutsche-Bank-Anwalts daraus nicht ablesen, sondern vielleicht schon eher aus der Verteilung der Kostenfestsetzung - hier trägt nämlich Kirch 2/3, Breuer und die Bank jedoch lediglich je 1/6 ...




Am besten liest man sich das Original durch ...
 
Markus,

ich kann Dir nur beipflichten. Ich habe es auch schon oft auf der Arbeit erlebt, dass die Medien, bei mir insbesondere die Presse einschließlich als seriös geltende Zeitungen und Zeitschriften wie Handelsblatt, Börsenzeitung und Wirtschaftswoche, "unsauber" berichtet haben.

Deswegen ist Deine Empfehlung Gold wert. Liebe Mitstudenten, lest bei Diskussionen über irgendwelche Gerichtsurteile, Gesetze etc unbedingt das worüber gesprochen, geschrieben oder sonst wie berichtet wird. Es gibt den netten und sehr treffenden Spruch: Ein Blick in das Gesetz erleichtert die Rechtsfindung. Analog gilt er auch für Gerichtsentscheidungen.

Viele Grüße
Dieter
 
Dr Franke Ghostwriter
Vernichtung von eingefrorenem Sperma kann Körperverletzung sein 🙂

cont_logo_top.gif
Schmerzensgeldanspruch wegen schuldhafter Vernichtung von Sperma

Wird Sperma, das der Spender hat einfrieren lassen, um sich für eine vorhersehbare Unfruchtbarkeit die Möglichkeit zu erhalten, eigene Nachkommen zu haben, durch das Verschulden eines anderen vernichtet, dann steht dem Spender unter dem Gesichtspunkt der Körperverletzung ein Anspruch auf Schmerzensgeld zu.



BGH, Urteil vom 09.11.1993 - VI ZR 62/93 (Frankfurt a. M.) (Auszug)

2. Der Schmerzensgeldanspruch des Kl. ist aber wegen der schuldhaften Vernichtung seines Spermas begründet.
a) Nach nicht unbestrittener, aber weit überwiegender Auffassung wird ein Körperteil, der vom Körper abgetrennt wird, zu einer Sache mit der Folge, daß sich das Recht des Betroffenen an seinem Körper in Sacheigentum am abgetrennten Körperteil umwandelt (vgl. etwa Kregel, in: RGRK, 12. Aufl., § 90 Rdnr. 2; Holch, in: MünchKomm, 3. Aufl., § 90 Rdnr. 21; Palandt/Heinrichs, BGB, 52. Aufl., § 90 Rdnr. 3; Staudinger/Dilcher, BGB, 12. Aufl., § 90 Rdnr. 15; Taupitz, JZ 1992, 1089 (1092); a. A. Bernat, Rechtsfragen medizinisch assistierter Zeugung, 1989, Seite 115; Forkel, JZ 1974, 593). Teilweise wird die Auffassung vertreten, daß dies auch für das konservierte Sperma zu gelten habe (vgl. Holch, in: MünchKomm und Palandt/Heinrichs, jeweils aaO). Dieser Meinung ist auch das BerGer. Danach würde sich die Vernichtung des Spermas des Kl. nicht als Körperverletzung darstellen, an die § 847 BGB Schmerzensgeldansprüche knüpft.
Diese Betrachtung erscheint dem Senat indes zu eng. Der Senat hat den Begriff der Körperverletzung i. Seite von §§ 832 I , 847 I BGB weit ausgelegt. Er versteht das Recht am eigenen Körper als gesetzlich ausgeformten Teil des allgemeinen Persönlichkeitsrechts und erblickt eine Verletzung des Körpers, die § 823 I BGB ausdrücklich neben der Verletzung der Gesundheit erwähnt, in jedem unbefugten, weil von der Einwilligung des Rechtsträgers nicht gedeckten Eingriff in die Integrität der körperlichen Befindlichkeit (vgl. Senat, NJW 1980, 1452 (1453), insoweit in BGHZ 76, 259 nicht abgedruckt). Schutzgut des § 823 I BGB ist nicht die Materie, sondern das Seins- und Bestimmungsfeld der Persönlichkeit, das in der körperlichen Befindlichkeit materialisiert ist (RGRK, 12. Aufl., § 823 Rdnr. 9). Die Vorschrift des § 823 I BGB schützt den Körper als Basis der Persönlichkeit.
Angesichts der heutigen medizinsichen Möglichkeiten gewinnt das aus dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht folgendes Selbstbestimmungsrecht des Rechtsträgers für das Schutzgut Körper eine zusätzliche Bedeutung. Der medizinische Fortschritt läßt es zu, dem Körper Bestandteile zu entnehmen und sie ihm später wieder einzugliedern. Das gilt beispielsweise für zur Eigentransplantation bestimmte Haut- oder Knochenbestandteile, für die zur Befruchtung entnommene Eizelle und für die Eigenblutspende. Werden dem Körper Bestandteile entnommen, um mit ihm nach dem Willen des Rechtsträgers zur Bewahrung der Körperfunktionen oder zu ihrer Verwirklichung später wieder vereinigt zu werden, dann führt eine Betrachtung, nach der § 823 I BGB die körperliche Integrität in Wahrung des Selbstbestimmungsrechts des Rechtsträgers umfassend schützt, zu dem Ergebnis, daß diese Bestandteile auch während ihrer Trennung vom Körper aus der Sicht des Schutzzweckes der Norm mit diesem weiterhin eine funktionale Einheit bilden. Damit erscheint es geboten, eine Beschädigung oder Vernichtung solcher ausgegliederten Körperbestandteile als Körperverletzung i. Seite von §§ 823 I , 847 I BGB zu werten.
Anders liegen die Dinge, wenn die ausgegliederten Körperbestandteile nicht nach dem Willen des Rechtsträgers dazu bestimmt sind, seinem Körper wieder eingeglieder zu werden. Für solche Fälle der endgültigen Trennung bleibt es dabei, daß die abgetrennten Körperbestandteile mit der Abtrennung ihre Zuordnung zum Schutzgut Körper verlieren und zu Sachen im Rechtssinn werden; dies deshalb, weil hier der Gedanke, nach dem das Selbstbestimmungsrecht des Rechtsträgers den Körper und seine ausgegliederten Bestandteile weiterhin als eine funktionale Einheit erscheinen läßt, nicht zum Tragen gelangt. Das gilt insbesondere für gespendete Organe, die nach dem Willen des Spenders dazu bestimmt sind, einer anderen Person implantiert zu werden, oder für fremdbestimmte Blutspenden. In solchen Fällen können zwar auch Entschädigungsansprüche entstehen, wenn die Spende gegen den ausdrücklichen oder stillschweigend erklärten Willen des Spenders verwendet oder vernichtet wird, weil auch das Sacheigentum hier von dem Persönlichkeitsrecht überlagert wird (vgl. Bernat, Seite 115; Coester-Waltjen, Verh. d. 56. DJT, Bd. I Teil B Seite 32; Deutsch, MDR 1985, 179; VersR 1985, 1004; NJW 1986, 1974; Giesen, FamRZ 1970, 569; Heldrich, JuS 1969, 461; Laufs, JZ 1986, 772; Püttner/Brühl, JZ 1987, 532; Taupitz, JZ 1992, 1093); dies aber nur unter den besonderen, für die Fälle einer Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts entwickelten einschränkenden Voraussetzungen.
b) Auf dem Boden dieser Erwägungen stellt das konservierte Sperma, das nach dem Willen des Rechtsträgers dazu bestimmt ist, zu seiner Fortpflanzung verwendet zu werden, einen Sonderfall dar. Einerseits ist das Sperma endgültig vom Körper des Rechtsträgers getrennt, andererseits ist es dazu bestimmt, eine körpertypische Funktion, die der Fortpflanzung des Rechtsträgers, zu erfüllen. Jedenfalls wenn wie hier die Spermakonserve die verlorene Fortpflanzungsfähigkeit substituieren soll, hat sie für die körperliche Integrität des Rechtsträgers und die in dieser begriffene personale Selbstbestimmung und Selbstverwirklichung nach Gewicht und Inhalt keine geringere Bedeutung als die Eizelle oder andere körperliche Bestandteile, die nach dem zuvor Gesagten auch nach ihrer Entnahme aus dem Körper von dessen Schutz durch die §§ 823 I , 847 I BGB erfaßt sind. Ebenso wie die zur Befruchtung entnommene und zur Reimplantation bestimmte Eizelle verkörpert das konservierte Sperma für seinen Rechtsträger die im Streitfall einzige Möglichkeit, seine körperlichen Funktionen zur Hervorbringung von Nachkommen, denen er seine genetischen Erbinformationen weitergibt, zur Geltung zu bringen. Dieser Gleichartigkeit und Gleichwertigketi im deliktischen Schutzbedürfnis ebenso wie im deliktischen Schutzzweck muß nach Auffassung des Senats auch in den deliktsrechtlichen Folgen Rechnung getragen werden. Sollte gleichwohl das konservierte Sperma selbst in Fällen wie diesem allein deshalb, weil es nicht in den Körper des Rechtsträgers zurückkehrt, tatbestandlich in dem Schutzgut der körperlichen Integrität nach Maßgabe dieser Vorschriften nicht erfaßt sein, so sind diese jedenfalls unter den genannten Voraussetzungen entsprechend anzuwenden. Zu solcher die §§ 823 I , 847 I BGB erweiternden Rechtsanwendung auch in diesem Fall legitimiert das Persönlichkeitsrecht des Rechtsträgers, das durch die Vernichtung der Spermakonserve nicht anders und nicht geringer betroffen ist als das Persönlichkeitsrecht der Frau durch die Vernichtung einer ihrem Körper entnommenen und zur Reimplantation bestimmten Eizelle. Ebenso wie der betroffenen Frau in jenem Fall, so steht dem Kl. hier auf der Grundlage des § 847 I BGB ein Anspruch auf Schmerzensgeld zu.
 
Oben