Wieso ist das Rauchverbot verfassungswidrig?

Dr Franke Ghostwriter
Ich hoffe meine Praxis-Beispiel-Frage passt hier rein🙄 :
Ich bin immernoch nicht ganz schlau geworden, wie sich die Sache mit dem Rauchverbot als so verwirrend und am Ende noch als verfassungswidrig entwickeln konnte. Warum ist das auf einmal zur Ländersache deklariert worden - wo doch Bundesrecht vor Länderrecht geht. Geht es nicht, ein einheitliches Bundesgesetz zu erschaffen?
Kann mir das jemand ausführlich erklären?
Danke.

LG Kerstin
 
DerBelgarath schrieb:
Es mag zwar Bundesrecht vor Landesrecht gehen, aber dort, wo die Landesverfassungen den Bürgern grössere Freiheitsrechte einräumen, gehen diese vor.

Aber das ist gar nicht die Frage.

Es gibt laut Grundgesetz klar Zuständigkeitsbereiche.

Und die Meinung, daß die Frage eines generellen Rauchverbots in die alleinige Zuständigkeit der Länder fiele, ist zwar nicht gänzlich unumstritten, aber auch nicht so leicht widerlegbar, daß im Moment irgendwer in Berlin bereit wäre, es darauf ankommen zu lassen.

Zudem gilt es als chick, politisch zu heiße Eisen, die man nicht anpacken mag, mit "verfassungsrechtlichen Bedenken" sich erst einmal wieder abkühlen zu lassen! 😀


Hi Belgarath,

dazu fällt mir noch ein Kommentar aus einer Zeitung ein "... man sollte die verfassungsrechtlichen Bedenken ernst nehmen und sich darum kümmern, bevor es der Bundespräsident tut..."

LOL
 
Hi!
wo doch Bundesrecht vor Länderrecht geht.

Stimmt, das steht in Art. 31 GG.

ABER, was genau der Bund darf (es gilt ansonsten eine Zuständigkeitsvermutung zugunsten der Länder) steht in den Art. 70 ff.

Der Gesetzesvorschlag" enthielt unter anderem folgenden Regelungspunkt, der bereits an sich die Verfassungswidrigkeit beinhaltet:

- Rauchverbot in Gaststätten

Das wird jedoch explizit von den Bundeskompetenzen ausgeklammert nach Art. 74, I, Nr. 11.

Es gab noch einige Kleinigkeiten, aber das Entscheidenste ist wirklich diese Geschichte.

Es grüßt
Kexbox
 
Ich finde es "verfassungsrechtlich nicht weniger bedenklich", daß der Bund nicht endlich die EU-Vorgabe umsetzt, allen Arbeitnehmern Anspruch auf einen rauchfreien Arbeitsplatz zu verschaffen. Dann wäre der Käse für die Gastronomie schon mal gegessen.

Außerdem fühle ich mich verfassungsmäßig verarscht, wenn ein Politiker behauptet, es sei besser, das Rauchverbot in 1001 Landesgesetzen zu regeln, statt in einem Bundesgesetz.

Dann muß man bald neben jede Kneipe Anwaltskanzleien setzen, damit die Gäste sich jeweils schlau machen können, wo und ob sie nun rauchen dürfen. Armes Deutschland !
 
Hi Belgarath,

dazu fällt mir noch ein Kommentar aus einer Zeitung ein "... man sollte die verfassungsrechtlichen Bedenken ernst nehmen und sich darum kümmern, bevor es der Bundespräsident tut..."

LOL


und genau diese Kommentare verziehen wieder das Bild, weil der Bundespräsident genau in diesem Falle gerade nicht die Kompetenz besitzt über die Verfassungsmäßigkeit zu entscheiden ...

Dann geht das ganze auch wieder los, das Deutschland irgendwann vor dem EUGH antanzen darf und über eine Klage des Landes reden muß, wo im vornerein schon klar ist, das man die Klage verlieren wird 😉 Hatten wir ja gerade vor kurzen erst, als die Verhandlung vor dem EuGH war, allerdings die Richtlinie bereits seit einigen Monaten gesetzestechnisch umgesetzt worden ist.

Man sieht somit auch, das die Mühlen der Gesetz/Richtlinien-Geber, je größer sie werden, auch gleichzeitig langsamer werden.

Was das Gesetz über den rauchfreien Arbeitsplatz anbetrifft, wird dieses auch nicht schnell durchsetzbar sein. Den auch (man glaubt es kaum) die Raucher haben ein Recht auf Ihre Zigarette und solltest du für den Arbeitgeber (oder sei es als Arbeitgeber persönlich) die Möglichkeit geben, seiner Sucht nachzukommen.

Stell dir mal vor, du möchtest dich in einem kreativen Bereich selbstständig machen mit einem Freund z.B. . Wenn es gesetzestechnisch durchgesetzt werden würde, das man am Arbeitsplatz grundsätzlich nicht rauchen darf, und beide Personen sind starke Raucher, würdest du diese neugegründete Firmal gleich am Rande des Ruins bringen. Es sollte (und so geht ja die ArbSchRL insofern konform) es bei Publikumsverkehr ein Rauchverbot geben, da stimme ich zu, allerdings muß man den Rauchern auch einen Platz zur Verfügung stellen, Ihrer Sucht nachzukommen (Raucher-Raum z.B.).

LG

Mike
 
Der Arbeitgeber hat eine Schutzpflicht für die Gesundheit seiner Arbeitnehmer. Auch Passivrauchen ist nach der maßgeblichen wissenschaftlichen Meinung unbestritten gesundheitsschädlich. Deshalb hat jeder Arbeitnehmer Anspruch auf einen rauchfreien Arbeitsplatz, der auch einklagbar ist - ähm: also demnach bereits nach aktueller Rechtslage ?! - oder sehe ich das falsch ?

Ein "Recht auf die Zigarette" - im Sinne von "Recht auf eigenen Genuß ohne Rücksicht auf die Gesundheit der Passivraucher - sehe ich nicht. Der Arbeitgeber darf den Arbeitsplatz aufgrund seines Weisungsrechts zur rauchfreien Zone bestimmen. Die Weisung ist hinreichend objektiv nachvollziehbar wegen der Schutzpflicht für die Gesundheit aller Arbeitnehmer.

Sein Recht auf die Zigarette i.S.v. Recht zur Selbstschädigung mit Genußfaktor kann jeder während der Ruhepausen wahrnehmen, er muß dazu halt notfalls nach draußen gehen.

Die armen kreativen Freiberufler müßten sich schon eine gute Arbeitsvertragsklausel überlegen, in der jeder einzelne Arbeitnehmer durch ausdrückliche Willenserklärung auf sein Recht auf den rauchfreien Arbeitsplatz verzichtet. Der Arbeitnehmer hätte so vor Vertragsschluß Gelegenheit für die Überlegung, ob er sich auf diese ungewöhnlichen Arbeitsbedingungen einlassen möchte oder nicht.

Ob so ein Verzicht aber überhaupt zulässig ist, wäre eine interessante Frage ...

Aber zurück zu meiner Ausgangsfrage: Gibt es Urteile, wo jemand ein Recht auf den rauchreien Arbeitsplatz eingeklagt hat oder gibt es Literatur zu der Frage, ob sich ein Recht auf den rauchfreien Arbeitsplatz aus den allgemeinen Bestimmungen und Treu und Glauben herleiten läßt ?

Hou, hou, hou !
 
Der Arbeitgeber hat eine Schutzpflicht für die Gesundheit seiner Arbeitnehmer. Auch Passivrauchen ist nach der maßgeblichen wissenschaftlichen Meinung unbestritten gesundheitsschädlich. Deshalb hat jeder Arbeitnehmer Anspruch auf einen rauchfreien Arbeitsplatz, der auch einklagbar ist - ähm: also demnach bereits nach aktueller Rechtslage ?! - oder sehe ich das falsch ?

Ein "Recht auf die Zigarette" sehe ich nicht. Der Arbeitgeber darf den Arbeitsplatz aufgrund seines Weisungsrechts zur rauchfreien Zone bestimmen. Selbst wenn sich ein Recht auf die Zigarette aus dem Gesetz herleiten ließe, müßte es hinter der Schutzpflicht für die Gesundheit aller Arbeitnehmer zurück treten. Das Recht auf die Zigarette kann jeder während der Ruhepausen wahrnehmen, er muß dazu halt notfalls nach draußen gehen.

Die armen kreativen Freiberufler müßten sich schon eine gute Arbeitsvertragsklausel überlegen, in der jeder einzelne Arbeitnehmer durch ausdrückliche Willenserklärung auf sein Recht auf den rauchfreien Arbeitsplatz verzichtet. Ob so ein Verzicht aber überhaupt zulässig ist, wäre eine interessante Frage ...

und genau das ist das Problem, die Arbeitsvertragsklausel wäre insofern unwirksam und die Nichtraucher könnten dann darauf bestehen, das nicht geraucht wird. Genau (so sehe ich das) damit hat der Gesetzgeber seine Probleme.
Der Gesetzgeber würde schon blöde sein, die Kuh die er melkt zu schlachten. Dieses hat sich bereits in dem Moment gezeigt, wo die Zigarettensteuer erhöht worden ist und die Mehreinnahmen trotzdem ausgeblieben sind.
 
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