Vereinsverbot durch BMI

S

syna

Dr Franke Ghostwriter
ihr da drausssen,

ich habe keine ahnung ob ich hier richtig bin, hoffe ihr könnt mir trotzdem bei meinem problem helfen:

folgender sachverhalt: der bundesminister für inneres verbietet einen verein.

ich verstehe nun nicht, um was für einen akt der öffentlichen gewalt es sich handelt... ist dies eine legislativer akt der öffentlichen gewalt ???

welche rechtwege abgesehen von der verfassungsbeschwerde würden hier offen stehen ???


ich würde mich sehr freuen, wenn ihr mir helfen könntet... 🙂

gruß syna
 
Syna,
mal ohne ins Gesetz gesehen zu haben, sozusagen aus dem hohlen Bauch, handelt sich um einen Verwaltungsakt oder eine Allgemeinverfügung und damit einen Akt der Exekutive. Der Rechtsweg geht zu den Verwaltungsgerichten. Ein Blick in das Vereinsgesetz dürfte da weiterführend sein.

Vereinsverbot und Parteienverbot (nach Art. 21 II GG) sind da sauber zu trennen.

Viele Grüße
Dieter
PS: Es heißt der Bundesminister des Innern oder noch besser Bundesinnenminister.
 
brauche dringend hilfe, vereinsverbot...

Heisst dass, das die frist einer verfassungsbeschwerde bei einem Vereinsverbot iSd. § 3 VereinsG durch eine Verfügung des Bundesinnenministers sich nach § 93 I 1 BVerfGG (also verwaltungsentscheidung)

oder

nach § 93 III BVerfGG (Gesetz) Gesetz regelt ???


Vielen Dank erstmal...
 
brauche dringend hilfe, vereinsverbot...

Ein eingetragener Verein wird durch den bundesinneminister verboten, woraufhin der verein verfassungsbeschwerde einricht.

ich vestehe einfach nicht, wie ich mit dieser verbotsverfügung (durch Vereinsgesetz ist klar) des bundesinnenministers umgehen muss.

im rahmen der zulässigkeitsprüfung der verfassungsbeschwerde stosse ich an dreii punkten an meine grenzen, bei denen ich offensichtlich ein brett vor augen habe...

1. beschwerdegegenstand
handelt es sich hier um einen akt der exikutiven, also einen verwaltungsakt ??

2. rechtswegerschöpfung
welcher rechtsweg steht denn hier offen ???

3. frist

ist die frist nach § 93 I BVerfGG zu beurteilen (= Gerichtsentscheidungen bzw. Verwaltungsentscheidungen)

oder nach § 93 III BVerfGG (Gesetz oder gegen einen sonstigen Hoheitsakt) ???


hilfe...und
 
Syna,

ohne in die Kursunterlagen oder Literatur geschaut, sondern nur gegoogelt zu haben, komme ich zu folgender Auffassung:

zu 1. Beschwerdegegenstand
Akt der Exekutive umfasst mehr als nur Verwaltungsakte (VA), aber die Verbotsverfügung des BMI nach § 3 I VereinsG ist ein VA. Sofern bereits Gerichte auf dem Rechtsweg entschieden haben, kann der Beschwerdegegenstand auch diese Akte der Judikative umfassen.

zu 2. Rechtswegerschöpfung
Hier ist der Verwaltungsrechtsweg gegeben (§ 40 VwGO), der grundsätzlich nach § 90 II 1 BVerfGG erst erschöpft sein muss. Ausnahme: Die Voraussetzungen des § 90 II 2 BVerfGG sind gegeben.

zu 3. Frist
Die Frist ist m.E. nach § 93 I BVerfGG zu beurteilen, sofern die Verfassungsbeschwerde sich gegen die Verbotsverfügung oder darauf hin erlassene Gerichtsentscheidungen richtet und nicht gegen Verfassungsmäßigkeit des VereinsG (z.B. dessen § 3 I).

zu 1. - 3.
Ein Schema zum Thema Zulässigkeit einer Verfassungsbeschwerde kannst Du auch auf meiner Homepage https://www.dieter-welzel.de unter Fernstudium >> Rechtswissenschaft - BoL - Modul 5 finden.

Viele Grüße
Dieter
 
Syna,

zu 2. Rechtswegerschöpfung steht in den Fällen meistens, dass dieser erschöpft ist, so dass daran die Zulässigkeit der Verfassungsbeschwerde nicht scheitert. Hast Du den Sachverhalt richtig gelesen? Die Ausnahmen hat Dieter schon richtig dargelegt.
Auch hinsichtlich 1. und 3. kann ich Dieter zustimmen.

Hast Du weitere Fragen?
 
brauche dringend hilfe, vereinsverbot...

Vielen dank erstmal für eure hilfe...

im sachverhalt steht:

"im sommer ordnet der bmi die streichung des vereins an.
der verein will gerichtlich gegen das verbot vorgehen, da er in ihm massive verletzungen seiner grundrecht sieht. er macht geltend, dass die einschlägigen grundrechte nicht oder zumindest nicht in vorliegenden weise beschränbar seien. es fehle zudem bereits an der erforderlichen verfassungsgemäßen ermächtigungsgrundlage."

verstehe ich es richtig, dass der rechtsweg nicht ausgeschöpft ist ?? und sich die frist nach § 93 I 1 BVerfGG richtet ???

zu dieter 3.: doch es richtet sich gegen § 3 I VereinsG...

gruß syna
 
Syna,

schau mal in mein genanntes Schema für die Zulässigkeit einer Verfassungsbeschwerde. Da findest Du u.a. folgenden Standardformulierungsvorschlag, der auf Deinen Fall zutreffen könnte:

Es ist davon auszugehen, dass Form, Frist und Begründung gemäß §§ 23, 92, 93 BVerfGG gegeben sind.

§ 3 I VereinsG ist das m.E. nicht Hauptgegenstand der Zulässigkeitsfrage der Verfassungsbeschwerde, sondern innerhalb der Begründetheit mitzuprüfen. Diesbezüglich empfehle ich Dir in mein Schema "Begründetheit einer Verfassungsbeschwerde bezüglich Freiheitsgrundrechte" auf meiner Homepage zu schauen. Sofern die Aufgabenstellung auch die Begründetheitsprüfung umfasst, dürfte es diesbezüglich wichtig sein, dass Du zweistufig prüfst:
1. die Verfassungsmäßigkeit der Rechtsgrundlage (§ 3 I VereinsG?)
2. die Verfassungsmäßigkeit der konkreten Maßnahme (Streichungsanordnung des BMI)

Leider hast Du erst jetzt mitgeteilt, dass es sich um die Streichung des Vereins (wohl aus dem Vereinsregister) geht. Das könnte eine Maßnahme im Rahmen des Verbotsvollzugs sein, so dass eventuell weitere bzw. andere Vorschriften wie z.B. § 6 VereinsG zu berücksichtigen wären. Ohne eine hinreichend genaue Sachverhaltsangabe besteht die Gefahr, dass Du Antworten bekommst, die in die falsche Richtung gehen.

Viele Grüße

Dieter
 
Dieter schrieb:
Hallo Syna,

wieso leider? Dann wäre § 3 I VereinsG doch die zu prüfende Ermächtigungsgrundlage und alles klar.

verbotsbehörde ist hier der bmi, da der verein überregional tätig ist... ich verstehe einfach nicht, um was für einen akt es sich hier handelt... einen verwaltungsakt ? und welche frist anzuwenden ist...

totaler blackout....arghhh
 
Syna,

keine Panik. Deine Fragen wurden von mir doch schon beantwortet.
1. VA (+)
2. Frist für VB (§ 93 I BVerfGG). Falls es sich anbietet, die von mir vorgeschlagene Standardformulierung anwenden bzw. für den Fall anpassen.

Hier noch ein Tipp und Lieblingsspruch von mir: In der Ruhe liegt die Kraft.

Viele Grüße
Dieter
 
Betroffenheit Verfassungsbeschwerde

Hallo Ihr da draussen,

Dieter, vielen Dank für Deine Hilfe... das ist wirklich prima,

eine Frage habe ich aber dennoch...

ich prüfe die gerade die unmittelbare Betroffenheit des Vereins und subsumiere wie folgt:

"Unmittelbar betroffen ist der Beschwerdeführer erst dann, wenn es keines weiteren staatlichen Vollzugsaktes bedarf, um eine gesetzliche Regelung greifen zu lassen.#_ftn1
Im vorliegenden Fall greift der Verein den angreiffenden Akt der öffentlichen Gewalt, nämlich die Verfügung zur Auflösung des Vereins durch den Bundesinnenministers i.S.d. § 3 I VereinsG, unmittelbar an.
Eine unmittelbare Betroffenheit ist somit zu bejahen."

#_ftnref1
wäre das Richtig ???
 
Unmittelbare Beschwerdebefugnis

Hi Syna,

da mir dieser Punkt nach den von Dir hier gegebenen Informationen unproblematisch erscheint, reicht m.E. eine sehr kurze Darstellung und bedarf es insoweit keiner gutachterlichen Erörterung. Ich würde da z.B. wie folgt formulieren:

"Der Verein ist unmittelbar beschwert, wenn er durch die Auflösungsverfügung des BMI direkt und ohne Zwischenschritte betroffen ist. D.h., es darf kein weiterer Vollzugsakt erforderlich sein. Das ist hier der Fall, denn durch die Verfügung hört der Verein formal auf zu existieren."

Eine Garantie für die Richtigkeit kann und will ich allerdings nicht übernehmen.

Viele Grüße
Dieter
 
syna schrieb:
ich verstehe nun nicht, um was für einen akt der öffentlichen gewalt es sich handelt... ist dies eine legislativer akt der öffentlichen gewalt ???

welche rechtwege abgesehen von der verfassungsbeschwerde würden hier offen stehen ???
Ergänzend zu Dieters guten Ausführungen: eh eine VB eingeleitet werden kann, müssen sämtliche Instanzen -also Verwaltungsgerichte- "abgeklappert" worden sein.
Ein legislativer Akt kann es nicht sein, denn auch der Bundesinnenminister darf nicht ohne oder gegen das Gestz handeln- und zu einem legislativen Akt, sprich Gestzgebungsverfahren, bedarf es BT und BR.
 
Also ich hab ein ähnliches Problem. Ein regionaler Verein wurde auf Anordnung des Bundesinnenministers verboten. Der Verein hält den Bund für nicht zuständig. Ich kann leider nirgens ein geeignetes Schema für die Begründetheit finden. Kann mir jemand weiterhelfen?

gruss
Franzi
 
Franzi,

kannst Du bitte die Aufgabenstellung noch präzisieren? Z. B. um welche Art Verein es sich handelt (um einzuschätzen, ob und welche Grundrechte da evtl. kollidieren), wie das Vereinsverbot durch den BMI aussieht (vielleicht findet sich dort ein Hinweis auf die Ermächtigungsgrundlage), ist es wirklich ein Verbot oder nur eine Warnung...
Mit den vorliegenden Info´s, glaub ich, laufen wir Gefahr, aneinander vorbeizudenken.

LG
Georgia
 
Beim Verein handelt es sich um eine Glaubensgemeinschaft, deren Mitglieder im Tot die Erlösung sehen. Verboten wurde der Verein weil der Bundesinnenminister massenhafte Selbsttötungen befürchtet.

LG
Franzi
 
Franzi!
wir scheinen die gleiche Hausarbeit zu schreiben. Heißt dein Verein auch "Orden der Tempelritter e.V.?
Ich habe das gleiche Problem. Kein Schema für die Begründetheit. Willst du die Arbeit als Verfassungsbeschwerde gestalten, oder die Fragen der Reihe nach beantworten?

Lieben Gruss
bretory
 
bretory schrieb:
...Willst du die Arbeit als Verfassungsbeschwerde gestalten, oder die Fragen der Reihe nach beantworten? ...
Wie lautet denn die Fallfrage? Z. B.:
Hat der Verein schon VB eingelegt und "prüfen Sie die Begründetheit"?
Oder "nehmen Sie in einem Gutachten zur Begründetheit einer VB Stellung"?
Oder so berühmt-berüchtigt (ähnlich der Klausur😱 ) "Nehmen Sie zu allen aufgeworfenen Problemkreisen Stellung"?
Oder "Der Verein behauptet, in seinem GR (nach Art. 4GG) verletzt zu sein. Nehmen Sie dazu (in einem Gutachten) Stellung"?

Ansonsten zum "Einstieg" folgender Grob-Vorschlag:
Obersatz: Verein könnte in seinem GR auf Glaubens- u. Religionsfreiheit verletzt sein. Das wäre der Fall, wenn das Verbot des Vereins einen Eingriff in die GR des V darstellt, der verfassungsrechtlich nicht gedeckt ist.

I. Schutzbereich (+)
(des Art. 4 GG)
1. sachlicher SB
(Definition des GR auf Glaubens- und Religionsfreiheit, Def. der Teile "Glaube", "Religion" und "weltanschauliches Bekenntnis)
2. personeller SB
(zunächst Art. 4 I = Jedermann-GR, Frage: Verein? => jur. Person, Art. 19 III: GR`e wesensgemäß anwendbar, Erläuterung "wesensgemäß"

II. Eingriff (+)
(unproblematisch, wenn tatsächlich Verbot vorliegt; liegt nur Warnung vor->erweiterter Eingriffsbegriff)

III. Verfassungsrechtliche Rechtfertigung
1. Grundrechtsschranken
a) verfassungsunmittelbare Schranken, Gesetzesvorbehalt
b) verfassungsimmanente Schranken
(m. E. liegt hier ein Schwerpunkt: Prüfung der Ermächtigungsgrundlage für das Verbot durchs BMI - könnte Art. 65 i.V.m. Art. 2 II sein - die mit Art. 4 I kollidiert)
2. Schranken - Schranken
(Verhältnismäßigkeitsprüfung)

Das wäre jetzt in aller Kürze mal ein Grob-Schema, ohne dass ich jedoch die Aufgabe (und die Fallfrage!!!) kenne!!!!!
 
Georgia!
Danke für das Schema!

Der Sachverhalt in Kürze:
- Vereinsgründung 2002 (e.V.)
- Motto des Vereins: "Wir müssen sterben, um wiedergeboren zu werden"
- BIM befürchtet Massentötungen und -selbsttötungen, wie bereits bei ähnlichen Vereinen im Ausland vorgekommen
- Anordung des Verbots des Vereines Ende 2005 d.d. BIM

Verein bemängelt folgendes:
- Verletzung in eigenen Grundrechten d.d. Verbot
- Die GR seien nicht oder zumindest nicht auf diese Weise beschränkbar
- Es fehle an einer Rechtsgrundlage f.d. Vereinsverbot
- Der Bund sei f.d. Regelung d. Verbots von Vereinen wie dieser nicht zuständig
- Sofern Verbotstatbestand (laut BIM) auch anwendbar, hier unverhältnismäßig
- gleiches gilt für das darauf beruhende Verbot

BIM hält sein Vorgehen nach der Streichung des sog. Religionsprivilegs für rechtmäßig.

Aufgaben:
1. Verletzt das Vereinsverbot Grundrechte des Vereins?
2. Wäre eine gegen das Vereinsverbot gerichtete VB des Vereins zulässig?

Soweit der Sachverhalt.

Meine Frage beruhte auf Aussagen von AG -Leitern, die Fragen sind streng in der gestellten Reihenfolge zu prüfen. Hier würde das heißen: 1.Begründetheit, 2.Zulässigkeit.

Vielen Dank nochmals!!!
bretory
 
bretory,

bretory schrieb:
...BIM hält sein Vorgehen nach der Streichung des sog. Religionsprivilegs für rechtmäßig...
Les ich das richtig: eine andere bzw. weitere gesetzliche Grundage für das Handeln des BMI ist nicht angegeben? Denn, nachdem du mir netterweise die Aufgabenstellung gepostet hast, liegt ja da auch nochmal "was zum Knaubeln" (Prüfung von Ermächtigungsgrundlage und Einzelmaßnahme)🙄

Und bezgl. der Fragen - ich würde auch ganz stur die Fragen abarbeiten:
1. Gutachten zur GR-Verletzung
2. Gutachten zur Prüfung der Zulässigkeit einer VB (wird formaler, da brauch man nicht sooo zu sülzen😉 )

So, dann tüftel ich jetzt mal weiter und such nach der Ermächtigungsgrundlage für das Verbot:cool
 
Georgia!
Danke für die schnelle Antwort!
Das ist auch mein Problem: auf welcher Grunlage und durch welches Handeln streicht der BMI das Religionsprivileg? Muss zugeben, diesen Ausdruck erstmals zu hören. Aber als weitere gesetzliche Grundlage kann man doch auch die "befürchteten Massentötungen und -selbsttötungen" sehen, oder? Das könnte man doch eventuell als Anstiftung zum (Selbst)mord sehen, sofern es so etwas gibt (ich hoffe, es ist nicht absurd, und ich mache mich nun nicht lächerlich. habe noch nicht diesbezüglich ins GEsetz geschaut). Dann würde die
gesetzliche Grundlage für das Verbot Art. 9 Abs. 2 GG sein, oder?

Den Gedanken, dass sowohl die Ermächtigungsgrundlage als auch die Einzelmaßnahme zu prüfen sind, hatte ich auch schon, komme aber mit dem Aufbau absolut nicht hinterher....

Versuche gerade die Zulässigkeit runter zu schreiben, da gibt es zumindest keine Schwierigkeiten. Zumindest sind mir keine aufgefallen.

Vielen Dank nochmal und lieben Gruss
Bretory
 
Aber bretory!!!
bretory schrieb:
.... Das könnte man doch eventuell als Anstiftung zum (Selbst)mord sehen, sofern es so etwas gibt (ich hoffe, es ist nicht absurd, und ich mache mich nun nicht lächerlich. habe noch nicht diesbezüglich ins GEsetz geschaut).....
Na, aber!!! Das geht gar nicht! 🙂D ...und wenn du wüsstest, was für einen Schrott ich in der Klausur geschrieben hab *prust*...das konnte bei der telefonischen Klausurbesprechung auch Frau Holljesiefken nicht verstehen, eigentlich wusste ich´s - nur manchmal...wie heißt´s: Wenn es an der Stirn drückt, wenn man durch die Tür geht, ist das Brett senkrecht🙄

Und außerdem - eure Hausarbeit hat´s aber auch in sich. Da war ´ne ganz schöne Nuss zu knacken!

Zunächst zum Religionsprivileg:

Der Begriff bezieht sich auf die besondere Stellung von Religionsgemeinschaften und weltanschaulichen Vereinigungen (merkste was? deswegen sind die Def. im sachl. SB so wichtig) in Deutschland. Diese waren lange von den Vorschriften des Vereinsgesetzes ausgenommen und genossen besonderen Schutz des GG, in das über Art. 140 der Art. 137 der WRV Eingang fand (Art. 137 WRV steht im Kleingedruckten zu Art. 140 GG). Danach unterliegt der Zusammenschluss von Religionsgemeinschaften keinerlei Beschränkungen. Hinzu kommen noch Art. 4 GG zur Religionsfreiheit und Art. 9 zur Vereinigungsfreiheit. Und damit nicht genug, ergänzend dazu hatte auch noch das Vereinsgesetz lange vorgesehen, das die darin enthaltenen Vorschriften nicht für Religionsgemeinschaften gelten. Damit konnten Religionsgemeinschaften nicht verboten werden - das Religionsprivileg. Es fand sich in §2 Abs. 2 Nr. 3 VereinsG. (Das Vereinsgesetz ist übrigens als Ausführungsgesetz zu Art. 9 GG erlassen worden - d. h. Art. 4 und 9 prüfen, dazu noch unten)

Nach den Terroranschlägen vom Sept. 2001 sollte die Möglichkeit geschaffen werden, gegen extremistische Religionsgemeinschaften vorzugehen und diese notfalls auch verbieten zu können. Soweit ich richtig nachgeschaut hab, ist 2001 mit dem Ersten Gesetz zur Änderung des Vereinsgesetzes in Art. 1 der §2 Abs. 2 Nr. 3 VereinsG gestrichen worden.

Damit sollte eine Möglichkeit geschaffen werden, gegen Vereinigungen, die als "Religionsgemeinschaften" Aktivitäten ausführen, die den Strafgesetzen zuwiderlaufen oder sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder den Gedanken der Völkerverständigung richten, ein Verbot auszusprechen.

Interessant ist die Begründung (aus Drucksache 14/7026 DBT):

"Derzeit (d.h. bei Existenz d. Rel.-privilegs) sind zumindest 3 Fallgruppen denkbar, in denen §2 II Nr.3 VereinsG geeignet ist, die Sicherheitsbehörden von Gefahrerforschungsmaßnahmen und/oder Maßnahmen zur Gefahrenabwehr bis hin zu einem Vereinsverbot abzuhalten:
- ...fund.-islam. Vereinigg
-...Vereinigg m. Gewinnerzielungsabsicht / polit. Zielen
-bislang nur im Ausland mit Tötungsdelikten und Massenselbstmorden auftretende Weltuntergangssekten

Eine Streichung von § 2 II Nr. 3 VereinsG bedeutet keinen Eingriff in die Religionsfreiheit (Art. 4 GG, Art. 140 GG i.V.m. Art. 136f. WRV). Art. 9 II GG i.V.m. Art 140 GG ist auch auf Religionsgemeinschaften anwendbar. Die begriffliche Einordnung einer Vereinigung als Religionsgemeinschaft ist unabhängig davon, ob sie nach außen im Einklang mit der Rechtsordnung handelt. Es kommt hierfür lediglich auf ihr Selbstverständnis, die programmatische Darstellung und tatsächliche (kultische) Handlungen an. Nach Streichung des Religionsprivilegs im Vereinsgesetz muss die zuständige Verwaltungsbehörde bei der Entscheidung, ob eine bestimmte religiöse Vereinigung zu verbieten ist, die Eigenschaft als Religiionsgemeinschaft (Art. 4 GG) und das im Rahmen des Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 III WRV gewährleistete Selbstbestimmungsrecht im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung in die Abwägung einbeziehen."

Man beachte im letzten Satz Verhältnismäßigkeitsprüfung😉 und Abwägung🙂

Also hätten wir als Ermächtigungsgrundlage das Erste Gesetz zur Änderung des Vereinsgesetzes.
Als Nächstes wäre die aufgeworfene Frage zu beantworten, ob dieses Gesetz formell und materiell zulässig entstanden ist. Soweit keine weiteren Angaben zu finden sind -> "mangels gegenteiliger Aussagen im SV ist von formeller Zulässigkeit auszugehen" und bei materiell kann man die Regelungskompetenz des Bundesgesetzgebers nach Art. 74 I Nr. 3 GG (Vereinsrecht) anführen (bu.-gesetzl. Regelung zur Wahrung der Rechtseinheit im gesamtstaatlichen Interesse erforderlich, damit bundeseinheitlich vorgegangen werden kann....)
Dann die Verhältnismäßigkeitsprüfung😱

Das eklige ist, dass ihr das Ganze (zumindest die Verhältnismäßigkeitsprüfung der Ermächtigungsgrundlage) wohl 2mal machen müsst - einmal für Art. 9 (würde ich wegen dem VereinsG und dem als Begründung angeführten Religionsprivileg als erstes machen) und dann nochmal für Art. 4😱 - und dann noch den eigentlichen Verbotsakt...buuuh!
So´n Elend hatten wir letztes Semester auch bei ´ner EA - erst Art. 12, dann, obwohl Eingriff bejaht, noch Art. 14 und dann Art. 2 subsidiär (machte locker 12 Seiten)
 
Georgia,
Wow! Habe es erstmal überflogen und bin begeistert (ich glaube, in allen möglichen Sinnen). Das mit der Anstiftung dachte ich mir schon, habe inzwischen das Gesetz zur Hilfe gezogen. Ich sagte ja - peinlich!
Ich danke Dir vielmals. Werde mich nun ausführlich damit beschäftigen und umsätzen.Wenn ich fertig bin, berichte ich. Melde mich spätestens, wenn weitere Fragen entstehen. Vielen vielen Dank!
Lieben Gruss
bretory
 
zuerst einmal möchte ich mich für die hilfe bedanken. doch hab ich noch ne relevante frage. wie stehen eigentlich art. 4 und art. 9 zueinander? damit meine ich das konkurrenzverhältnis. wo sollte man das ansprechen bzw. prüfen? art. 4 soll spezieller sein allerdings gibt es eine ganze reihe von meinungen die da sagen, das die beiden art. nebeneinander existieren können. also der art. 9 trotz art. 4 zu prüfen wäre und evtl. auch greift ???
also ich bin da wirklich ratlos...ich weiss nicht was ich da machen soll. es wäre wirklich schon fast zuviel verlangt noch zu fragen aber es ist von äußerster relevanz. ich bedanke mich für jeden hinweis

liebe grüße
 
Art.4 vs Art.9/ Ausschöpfung des Rechtsweges?

Genau das ist unter anderem😱 auch mein Problem! Im Jarass/Pieroth steht nämlich,dass Art.4 allein einschlägig für religiöse Vereinigungen ist (Art.9 Rn.2) und insoweit nicht auf Art.9 II zurückgegriffen werden kann.😕 Wat denn nu???
Zudem eine Frage zur Zulässigkeit. Im Sachverhalt steht nix darüber, dass der Verein bereits den Rechtsweg ausgeschöpft hat. Aber das muss doch sein, weil sonst weder der Prüfungspunkt "Erschöpfung des Rechtsweges" noch bei "Beschwerdebefugnis" der Unterpunkt "unmittelbare Beschwer" gegeben ist, oder? HIIILFEEEE!!!!
 
Amarylis und Franziska,

ich würde schon Art. 9 GG prüfen, da in der Aufgabenstellung das Religionsprivileg ausdrücklich erwähnt ist und dessen Streichung als Ermächtigungsgrundlage angegeben ist. Und das Religionsprivileg fand sich in § 2 II Nr. 3 VereinsG, das wiederum als Ausführungsgesetz zu Art. 9 GG gilt.
Ich hab ´n paar Beiträge weiter oben ein bissel was dazu geschrieben (09/11 als Hintergrund etc., Fallgruppe Weltuntergangssekten etc.). Das könntet ihr vlt. nehmen, um die Verfassungsmäßigkeit der Ermächtigungsgrundlage zu prüfen/begründen.

Dann würde ich, wie oben schonmal geschrieben, prüfen, ob eine Streichung des §2 II Nr. 3 einen Eingriff in die Religionsfreiheit und damit Art. 4 GG darstellt.

Und letztendlich würde ich den Einzelakt auf der Grundlage von Art. 4 GG prüfen.

Zur Zulässigkeit:

Es ist richtig, die Zulässigkeit auszuschließen, wenn der Rechtsweg noch nicht erschöpft ist, der SV also dazu nichts "hergibt", dass alle zur Verfügung stehenden prozessualen Möglichkeiten zur Beseitigung der GR-Beeinträchtigung ausgeschöpft sind.
(Ausnahme wäre z. B. eine VB gegen ein formelles Gesetz, da steht einem Privaten kein Rechtsweg offen, der wäre hier gleich erschöpft...apropos, da fällt mir ein: vergesst nicht, die Eigenschaft des e.V. als juristische Person zu prüfen -> Art. 19 III GG und dort auf Anwendbarkeit ihrem Wesen nach)
Allerdings: Die Erschöpfung des Rechtswegs prüft man dann erst als ohnehin letzten Punkt, da ist man dann mit den ganzen Ausführungen zur Zulässigkeit -und mehr ist ja wohl bei Aufgabe 2 nicht gefragt - eh durch.

Denn an der Beschwerdebefugnis scheitert´s nicht: die unmittelbare Beschwer ist gegeben, der Akt, der angegriffen wird, verursacht schon selbst die mögliche GR-Verletzung, ein weiterer Vollzugsakt (auch Zwischenakt genannt) -z.B. ein weiterer Verwaltungsakt oder Erlass einer Richtlinie- ist nicht nötig. Die Rechtsstellung des BF´s ist bereits verändert.
 
Superlieben Dank!!! Du warst echt meine Rettung! Nur eine kleine Frage noch. Wie ganau bringe ich die §§136-140 WRV ins Spiel? Gleich in Verbindung mit Art.4 als verletztes Grundrecht oder wo? Sorry, dass ich mich so doof anstelle😱 aber irgendwie habe ich im Moment nen kleinen Blackout!:aergern
 
ich bin neu hier und schreibe auch diese verfluchte HA. Die Tipps sind echt klasse, auch danke. Bin schon ein bisschen eingetaucht in die Materie. Meine Frage: Habe mit Art. 4 angefangen, bin jetzt bei den Schranken. Aber wie kann ich die Einschränkbarkeit des Art 4 bejahen, wenn der ja quasi vorbehaltslos gewährleistet wird? Grundrechte Dritter sind hier ja nicht wirklich zu erkennen? Höchstens 2 II? aber ist die Selbst- massentötung darunter zu subsumieren?
Wär cool wenn mir da einer helfen kann, bin am verzweifeln.
 
Amarylis schrieb:
Superlieben Dank!!! Du warst echt meine Rettung! Nur eine kleine Frage noch. Wie ganau bringe ich die §§136-140 WRV ins Spiel? Gleich in Verbindung mit Art.4 als verletztes Grundrecht oder wo? Sorry, dass ich mich so doof anstelle😱 aber irgendwie habe ich im Moment nen kleinen Blackout!:aergern:
Würde ich im Zusammenhang mit Art. 9 "erledigen" -> Art. 140 GG -> Art. 137 II WRV: "Die Freiheit der Vereinigung zu Religionsgesellschaften wird gewährleistet". Ist durch das Erste Gesetz zur Änderung des VereinsG (also-> Art. 9) mit abgeschafft worden. Ich würde da auch nicht zu viel dazu schreiben, vielleicht auf VerfR-Geschichte eingehen. Die anderen Teile (außer Art. 137 II) der WRV brauchst Du m. E. nicht. Also wie folgt:
Es treffen sich erstmal Art. 9 I GG und Art. 140 GG positiv. Dann würde ich anhand der vorgenannten Feststellung die Kollision zwischen Art. 9 I GG i.V.m. Art. 140 GG/weitergeleitet auf Art. 137 WRV, und dem Ersten Gestz zur Änderung des VereinsG prüfen, mit (+) für das Vereins-Änd-G, also Eingriff in Art. 137 /140 WRV /Art. 9 GG durch das VereinsÄG (eig.Akü) verfassungsmäßig gerechtfertigt

Hallo LizaMarie,

wenn du schon bis Art. 4 vorgedrungen bist - der Art. ist nicht ganz schrankenlos, du hast immer noch die verfassungsimmanenten Schranken. Da kollidiert dann Art 4 GG mit Art. 2 II GG (Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit). Diese Schranken-Schranke musst Du ausdiskutieren.
 
ich schreibe zufällig auch genau diese hausarbeit.bin inzwischen bei Art. 4 angelangt und Frage mich, ob die schranken für Art. 4 das vereinsgesetz oder Art. 9 II ist?oder können das beides schranken sein?und muss ich wenn ich die schrankenfrage geklärt habe trotzdem noch die formelle und materielle verfassungsmäßigkeit des vereinsgesetzes prüfen?
bin echt am verzweifeln!würde mich über jeden hinweis sehr freuen,danke!!!
 
Dieter, es ist immer wieder eine Freude, Deine detaillierten Erklärungen zu lesen. Den Titel "Mentor BoL" hast Du Dir mit Deinen vielen Beiträgen wirklich verdient...umso mehr, als Du ja die Klausure gar nicht zu schreiben brauchst.

Gruß aus Mexico
 
Zu der Hamburger Hausarbeit - zur Ermächtigungsgrundlage

Georgia schrieb:
Also hätten wir als Ermächtigungsgrundlage das Erste Gesetz zur Änderung des Vereinsgesetzes.

Ist das wirklich so? Ist nicht die EGL § 3 I Seite 1 Vereinsgesetz an sich?
Was spräche für das eine, was für das andere?

M.E. genügt, wenn man das - um das Religionsprivileg erleichterte 😉 - Vereinsgesetz als EGL nimmt und in der Prüfung seiner Anwendbarkeit auf die Drucksache des BT eingeht.

Ich schreibe im Übrigen die gleiche Hausarbeit wie ihr. (Wer hätte das gedacht?) Seid ihr inzwischen weiter?
Ich komme wahrscheinlich gleich nochmal mit einer Reihe von Fragen...

Danke im Voraus für die Mühe!
(Und ein superschönes 2006!!)

LG Lizzy
 
Ergänzung

Hi nochmal!

Zu Art. 19 III:
Ich habe gefunden, dass man Art. 19 III gar nicht mehr zu Rate ziehen muss, sondern Art. 4 iVm ...WRV die kollektive Glaubensfreiheit auf jeden Fall beinhaltet. (Epping, Grundrechte, 2.Auflage, 2004, 2005; Rdn. 268.; Listl, HbStKirchenrecht I, Seite 461 (?) ).
Sollte man Art. 19 III wider Erwarten doch prüfen müssen, was könnte man schreiben in bezug auf das "ihrem Wesen nach anwendbar"...wenn es um eine solche Glaubensgemeinschaft geht...??

Zum Verhältnis Art. 4 und 9:
Da wiederum habe ich gefunden, dass man Art. 9 in solchen Fällen nicht prüfen muss. Allein Art. 4 sei einschlägig. (Jarass/Pieroth, zu Art. 9, Rdn2 m.w.N.)
Wenn man es nicht prüfen muss, dann muss man doch nicht "Verletzung des GR aus Art. 9 I" schreiben und darunter sowas wie "Art. 4 ist lex speciales, also ist Art. 9 I nicht anwendbar", oder?

Zu Art. 3 III:
Es ist auch nicht notwendig Art. 3 III zu prüfen, oder?
Natürlich wird die Gemeinschaft hier (OT) nicht gleich allen den Gemeinschaften, die existieren dürfen, behandelt. Und Art. 3 III stärkt sicherlich die Art.4-Verletzung, aber es doch nicht zu prüfen und noch nicht einmal zu erwähnen, oder doch?

Sorry, es hört nicht auf: Ich fange auch noch von anderen Sachen an:

Zu dem sachlichen SB:
Bei uns im SV steht schon, dass es eine Glaubensgemeinschaft ist. Muss dann auch noch extra eine laaange Definition und laaaange Subsumtion aufgeschrieben werden?

Zur Zuständigkeit des BIM:
Im SV steht nur, dass der OT (unsere Gemeinschaft) in HH gegründet wurde. Dann steht da noch, dass er mit Veranstaltungen und Broschüren wirbt (aber nicht, wen die Werbung erreicht)...ich habe deshalb gedacht, dass anzunehmen ist, dass er nicht zuständig ist, sondern die Landesbehörde(n) (siehe § 3 VereinsG)...sollte man lieber sagen, dass, wenn der BIM schon davon weiß, er wohl auch (mangels Angaben im SV) zuständig ist...?

Zu den kollidierenden Verfassungsgütern:
Möglichkeiten:
- Recht auf Leben nach Art. 2 II
- Schutzpflicht des Staates bzgl. Recht auf Leben (Dass es die gibt, sagt die st. Rspr. (Zitat: Pieroth/Kingreen, Aufsatz in der NVwZ 2001, Seite 841 ff. (S. 845))
- verfassungsmäßige Ordnung aus Art. 9 II / § 3 VereinsG und darunter subsumieren das Recht auf Leben
- verfassungsmäßige Ordnung und darunter Verfassungsprinzipien aus Art. 20 I subsumieren (aber schon Gefährdung ablehnen)
- öffentliche Sicherheit aus § 14 VereinsG (analog), darunter das Leben subsumieren.

So habe ich es jetzt:
Recht auf Leben (und dann sagen, dass es eine Schutzpflicht gibt) und verfassungsmäßige Ordnung bzgl. Verfassungsprinzipien (Gefährdung ablehnen)

Muss man eurer Meinung nach § 14 VereinsG prüfen??

Entschuldigt bitte: Es sind viele Fragen...Vielleicht hat ja trotzdem jemand Lust sie zu beantworten.

Ein Hinweis: Wir müssen die Hausarbeit am 9. Januar abgeben.
Ich wollte schon heute fertig werden, was utopisch ist.
Jedenfalls ist es unsinnig sich damit zu beschäftigen nach dem 9.1., es sei denn, man will es aus Spaß machen...

Ich danke euch schon mal und wünsche allen, die die HA schreiben, viel Erfolg! Und stresst euch nicht, es ist nur eine Hausarbeit und eure 4 Punkte schafft ihr... 🙂

GLG Lizzy
 
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