Struktur/Aufbau eines Falls im Strafrecht

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OliverLuft

Dr Franke Ghostwriter
Auch ich schlage mich dieses Semester mit Strafrecht rum. Nachdem ich die Unterlagen gelesen habe möchte ich nun mit der EA 1 loslegen. Leider habe ich bisher keine Vorkenntnisse im Strafrecht. Habe bereits BWL studiert, deshalb kein Propädeutikum machen müssen und daher jetzt keine Ahnung vom Strafrecht.

Meine Frage deshalb: Wie gehe ich an den Fall den "aufbautechnisch" ran? Wie sind die Prüfungsschemata und die übergeordneten Fragestellungen an denen ich mich "entlang hangeln" kann? Der Stil ist auch hier der Gutachtenstil, oder?

Hat vielleicht jemand von euch eine gute Internetseite mit gelösten Beispielfällen, von denen ich mir die Schemata ableiten kann? Oder gibt es die am Ende im Strafrecht gar nicht so wie etwa im Ö-Recht?

Danke für jede Art von Antwort und euch einen guten Start in die Woche!

Olli
 
Olli,

in den meisten Fällen prüfst du
I. Tatbestand
II. Rechtswidrigkeit
III. Schuld




Ein ganz einfacher Fall: Bernd schießt mit einer Pistole auf Rolf, der stirbt.

Bernd könnte sich gem. § 212 strafbar gemacht haben, indem er Rolf mit der Pistole anschoss.


I. Tatbestand
Der Tatbestand des § 212 müsste erfüllt sein.
Bernd hat mir Rolf einen anderen Menschen vorsätzlich getötet.
Damit ist der Tatbestand des § 212 erfüllt.

II. Rechtswidrigkeit
Die Tat müsste rechtswidrig sein.
Rechtfertigungsgründe sind nicht ersichtlich.
Damit ist die Tat rechtswidrig.

III. Schuld
Die Tat müsste schuldhaft begangen worden sein.
Entschuldigungsgründe sind nicht ersichtlich.
Damit ist die Tat schuldhaft begangen worden.

Ergebnis:
Bernd hat sich gem. § 212 strafbar gemacht, indem er den Rolf mit der Pistole anschoss.



naja, das war jetzt so wirklich einfach aber wenn du im Strafrecht Tatbestand, Rechtswidrigkeit, Schuld kannst, kannst du fast alles ... 😉
 
Danke David!

Bezüglich Rechtswidrigkeit und Schuld....welche Unterpunkte gilt es da zu prüfen, also etwa welche Entschuldigungsgründe müsste ich ausschließen, um zur Schuld zu gelangen/vergleichbare Punkte bei Rechtswidrigkeit?

Olli
 
Olli,

bei Rechtswidrigkeit:
- schau mal in die Paragraphen § 32 (Notwehr) und § 34 (Notstand). Für Anfänger (ich denke auch Adressaten dieses Kurses) muss man i.d.R. nur den § 32 kennen. In § 32 steht dass wer in Notwehr handelt, der handelt nicht rechtswidrig.
- in dem vorliegenden Fall schießt ja Bernd auf Rolf. Das wäre gerechtfertigt, wenn der Rolf den Bernd selbst gerade versucht zu erschießen. -> Bernd hat sich nicht strafbar gemacht.

zu Schuld:
- schau dir die Paragraphen §§ 19,20,21 an, da geht's um Schuldlosigkeit ...
- wenn man betrunken ist, dann ist man manchmal komplett schuldlos (§ 20).
- im vorliegenden Fall schießt Bernd auf Rolf. Wenn nun der Bernd vorher von einem bösen Hypnotiseur in Trance gebracht worden wurde, dass er nun in Trance den Rolf erschießen soll, dann handelt Bernd ohne Schuld. -> Bernd hat sich nicht strafbar gemacht.

Aber natürlich gibt's da wieder noch mehr Sachen die man lernen darf ... 🙂
 
Grobaufbau:

I. Tatbestand
1. obj. Tatbestand:
Hier kommen alle obj. beschriebenen Tbm herein,

z. B. Diebstahl:
Wegnahme einer bewegl. Sache

zusätzlich unbedingt die Kausalität prüfen (erst mit Äuivalenztheorie, wenn die zu schlechten Ergebnissen führt mit der adäquaten Zurechnung)

Bei Erfolgsdelikten muss der Erfolg festgestellt werden, ist der nicht gegeben: Versuch

2. subje. TB:
Vorsatz bez. aller obj. Merkmale (dolus eventualis reicht idR)
zusätzl. überschießende Innentendenzen (Diebstahl: Bereicherungsabsicht)

Vorsatz muss sich nicht auf die obj. Bedingungen der Strafbarkeit erstrecken, daher werden diese auch nicht im obj. TB, sondern erst am Abschluss der Klausur geprüft

II. RW:

Merksatz: IdR wird die Rw durch die Tbm indiziert, es sei denn es sind Rechtfertigungsgründe ersichtlich. Dies ist hier nicht der Fall, somit handelte ... rw.

Möglich hier z.B Notwehr

III: Schuld:

Wie oben: IdR wird die Schuld durch die Tbm und RW indiziert, es sei denn, es wären Schuldausschließungs oder -aufhebungsgründe ersichtlich. Dies ist hier nicht der Fall, somit handelte -- auch schuldhaft.

IV. ggf. obj. Bedingungen der Strafbarkeit


Ergebnis: A hat sich gem. strafbar gemacht.


GAnz wichtig!!!

Erst das Grunddelikt vor den Qualifikationen oder Privilegierungen prüfen, also erst die einfache KV gem 223, dann ggf. auf schwere oder gef. KV gehen. Diese nach obigen Schema nochmals extra durchprüfen (auf geprüftes kann natürlich nach oben verwiesen werden).

Hat man alle Straftatbestände geprüft, müssen zum Abschluss der Klausur die Konkurrenzen geprüft werden.


Ich hoffe diese spontanen ERinnerungen aus dem FH-Studium helfen ein wenig weiter,

Flops
 
Das sind echt so die am öftesten gebrauchten Fallstrukturen. Wenn du aber auch Fälle hast, in denen Du "Versuch", also nicht erfolgreich abgeschlossene Tatdurchführungen prüfen musst, musst du einen anderen Aufbau wählen. Aber ich glaube Versuch wird in den BOL-Kursen nicht behandelt oder?
 
Zur Zeit lediglich BGB I, da mir im Laufe des Semesters das Propädeutikum schon anerkannt worden ist.


FHSöV: Fachhochschule für öffentliche Verwaltung, ich Fachbereich Polizei.

Da habe ich dann mit einem Dipl-Verwaltungswirt abgeschlossen.

Flops
 
Strafrecht

Guten Abend, alle zusammen,

mir haben beim Strafrecht "H.P. Richters Juristische Grundkurse" sehr geholfen. Für den Bereich Strafrecht gibt es 3 Bände und kosten jeweils 6.80 EURO.
Auch für die anderen juristischen Bereiche gibt`s diese Bücher. Richter stellt (wie ich finde) sehr übersichtliche Prüfschemata vor und bringt auch Lösungsbeispiele. Ich arbeite gern mit Bildern und genau das bedient wirklich gut!

Im Moment lerne ich gerade Verfassungsrecht für die Klausur am 16.3.05. Alle, die auch im "Prüfungsfieber" sind, wünsche ich toi toi toi! Ich mache drei Kreuze, wenn dananch für einige Zeit das ewig schlechte Gewissen ein bisschen Ruhe gibt...

Viele Grüße aus Mannheim,
Angelika
 
Strafrecht-Bücher

Hallo,
habe unlängst auch die Buchreihe von Jan Niederle für 6, 60 € entdeckt. Er bietet übersichtlich, mit gekennzeichneten Definitionen und mit Schemata einen ergänzenden Überblick nicht nur zum Strafrecht an. Kurz und geht dabei trotzdem auf verschiedene Meinungen ein. Liest sich gut und lernt sich gut damit, da das Wichtigste hervorgehoben ist.
Außerdem gibt es aus der Reihe auch Defiinitionen für die Strafrechtsklausur.
Viel Erfolg allen bei den Klausuren!
Christine
 
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