räumliche und sachliche Grenzen beim nachvertraglichen Wettbewerbsverbot

Dr Franke Ghostwriter
brauche mal den Rat der fortgeschrittenen Durchblicker unter euch.
Meiner Ansicht nach ist im nachstehenden Beispiel das nachvertragliche Wettbewerbsverbot in sachlicher und räumlicher Hinsicht zu weit gefasst. Seht ihr das auch so? Wenn ja, hat das eurer Meinung nach Nichtigkeit (wg. Sittenwidrigkeit) o. geltungserhaltende Reduktion zur Folge?

(1) Dem Geschäftsführer ist untersagt, für die Dauer von zwei Jahren nach Beendigung des zwischen den Parteien bestehenden Dienstverhältnisses in selbständiger, unselbständiger oder sonstiger Weise, weder für eigene noch für fremde Rechnung für ein Unternehmen im Gebiet der Mitgliedstaaten der Europäischen Union [/COLOR]und in denjenigen weiteren Ländern, in denen die Gesellschaft zum Zeitpunkt der Beendigung des Dienstverhältnisses geschäftlich aktiv ist[/COLOR] oder dies nachweisbar plant,[/COLOR] tätig zu werden, welches mit der Gesellschaft im direkten oder indirekten Wettbewerb steht, einen solchen Wettbewerb fördert oder mit einem Wettbewerbsunternehmen verbunden ist. [/COLOR]
(2) In gleicher Weise ist dem Geschäftsführer untersagt, während der Dauer dieses Verbots ein solches Unternehmen zu errichten, zu erwerben oder sich hieran unmittelbar oder mittelbar zu beteiligen. [/COLOR]

Vorab schonmal vielen Dank für´s Mitdenken!!!
 
Gut, wenn der Typ dann auch zwei Jahresgehälter als Ausgleich für das Wettbewerbsverbot bekommt 😉

Ich kann Dir hier zustimmen, dass der AG hier wohl den Bogen überspannt. Diese Klausel ist m.E. sittenwidrig, daher unwirksam. Wozu Reduktion? Wenn ein AG so etwas in seinen Arbeitsverträgen schreibt, ist er selbst schuld. Das Ding fällt weg und die gesetzliche Regelung gilt, es sei denn es gibt am Ende des Arbeitsvertrags ne Salvatorische Klausel. Ohne ent-
sprechende Regelung gilt die gesetzliche Regelung. Also kein Wettbewerbsverbot!

Gruß


Sandra

PS (Die Klausel kommt nem Berufsverbot gleich. Obwohl? Ich würde als
AN dieses Ding unterschreiben, wohl wissend dass die Klausel unwirksam und daher nichtig ist *g*)
 
*meckmeck* - Hallo Welt, Hallo Sandra u. Juka,

für einen GmbH-Geschäftsführer gelten wegen § 110 GewO ("Arbeitnehmer") die §§ 74 ff. HGB nicht, sofern der Geschäftsführer nicht als Arbeitnehmer anzusehen ist, was der Normalfall ist.

Die Wirksamkeit des Wettbewerbsverbots hängt deshalb nicht schon davon ab, ob eine Karenzentschädigung vereinbart ist.

Allerdings können die in den §§ 74 ff. HGB enthaltenen Wertungen zur Beurteilung der Sittenwidrigkeit gem. § 138 BGB herangezogen werden.

Es handelt sich um kein Geschäft, das an sich sittenwidrig ist. Wettbewerbsverbote sind durchaus üblich. Sie dienen dem Schutz des Arbeitgebers vor illoyaler Verwertung von Kenntnissesn und Geschäftsverbindungen.

Die Sittenwidrigkeit kann sich aber aus der Verbindung von Inhalt, Beweggründen und Zweck der Vereinbarung ergeben.

Es geht um die Abwägung des Schutzes der Gesellschaft gegenüber der Einschränkung der Berufsausübungsfreiheit des Geschäftsführers, Art. 2, 12 GG.

Maßgeblich für die Abwägung dürfte in Anbetracht von § 74a I HGB sein, ob die Tätigkeitsbeschränkung von einem berechtigten geschäftlichen Interesse gedeckt ist.

Nachdem in dem angeführten Fall das Wettbewerbsverbot in sachlicher und räumlicher Hinsicht äußerst weit gefasst ist, sind an die Rechtfertigung des geschäftlichen Interesses ebenfalls ganz besonders hohe Anforderungen zu stellen.

Umso mehr, wenn keine Karenzentschädigung vereinbart ist und der Geschäftsführer auch sonst keinen Abfindungsanspruch hat. Dabei ist allerdings zu berücksichtigen, daß ein Geschäftsführer hinsichtlich der Karenzentschädigung weniger schutzbedürftig ist als die Arbeitnehmer, die den Schutz der §§ 74 ff. HGB genießen. Beim Geschäftsführer ist nicht von einem Machtungleichgewicht im Verhältnis zum Arbeitgeber auszugehen. Außerdem wird ein Geschäftsführer regelmäßig so viel verdienen, daß seine Existenzgrundlage durch ein entschädigungsloses zweijähriges Wettbewerbsverbot nicht in gleichem Maß berührt ist.

Kein berechtigtes Interesse ist der allgemeine Schutz vor Konkurrenz.

Auf der anderen Seite ist u.a. zu berücksichtigen, wie sehr der Geschäftsführer faktisch daran gehindert ist, seinen Beruf auszuüben. Selbst nach der Vereinbarung könnte er ja immerhin in all jenen Unternehmen tätig werden, die keine Konkurrenten des ehemaligen Arbeitgebers sind.

Es kommt also auf die Umstände des Einzelfalls an. Eine generelle Aussage, daß so eine Vereinbarung immer sittenwidrig ist, läßt sich dagegen nicht treffen.

Ergibt die Abwägung, daß dem umfassenden Wettbewerbsverbot kein ausreichendes Interesse gegenüber steht, so stellt sich die Frage, ob das gesamte Wettbewerbsverbot nichtig ist oder ob es insoweit gilt, wie es von einem berechtigten Interesse gedeckt ist.

Grundsätzlich erfolgt i.Z.m. § 138 BGB keine geltungserhaltende Reduktion.

Vielleicht sind aber auch hier die Wertungen der §§ 74 ff. HGB zu berücksichtigen. Danach wird unterschieden zwischen dem unverbindlichen und dem nichtigen Verbot. § 74a I HGB ordnet insofern eine Art geltungserhaltende Reduktion an. Das muß sich aber nicht zwingend auf die Beurteilung nach § 138 BGB auswirken, schon deshalb nicht, da § 74a III HGB ausdrücklich die "Vorschriften des § 138" BGB als unberührt ansieht.

Sofern sich die Bedenken nur gegen einen einzelnen Aspekt des Verbots richten - etwa die Dauer oder den räumlichen Bereich, so wurden von der Rechtsprechung Wettbewerbsverbote in dem gerade noch zulässigen Umfang gem. § 139 aufrecht erhalten und nicht für insgesamt nichtig erklärt.

Salvatorische Klauseln haben m.E. nur insofern Auswirkungen auf die Sittenwidrigkeitsprüfung, wie es auf den gem. § 139 BGB beachtlichen (mutmaßlichen) Parteiwillen ankommt.


Zu beachten ist noch, daß eine AGB-Inhaltskontrolle der Sittenwidrigkeitsprüfung vorgeht - wobei es zuerst zu überlegen gilt, ob ein Geschäftsführer in den personalen Anwendungsbereich fällt. AGB-Kontrolle könnte bei einer Beweislastvereinbarung interessant werden, § 309 Nr. 12 - ansonsten dürfte sie aber zu keinem anderen Ergebnis führen, da die zugrunde liegenden Wertungen wohl die selben sind.
 
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