Lohnfortzahlung nach Geiselnahme?

Dr Franke Ghostwriter
die Ingenieure Rene Bräunlich und Thomas Nitzschke aus Leipzig sind heute von den Entführern freigelassen worden.

Mein Mann fragte mich grade beim Heute Journal, ob es denn Lohn gibt für die Dauer des Kidnappings...

Ich hab mein geistiges "System" ehrlich gesagt für heute schon runtergefahren, so dass mir grad noch die Regelungen bezüglich Unmöglichkeit und nicht vom AN zu vertreten und so in den Kopf kamen.

Aber ggf. ist die Entsendung von Arbeitnehmern in ein Krisengebiet wie das "Sunnitische" Dreieck schon ein "Verschulden" des AG?

Puh, oder von keinem zu vertreten? Aber in die persönliche Sphäre des AN gehörend?

Seufz, ist schon spät...ich kriegs auf die Schnelle nicht gebacken. Aber ihr vielleicht!?!?!?

Wer hat Lust (und Zeit???) zu posten? Ist ja mal ein sehr aktuelles Thema zum Arbeitsrecht!

Ich zähl auf euch😉

Andrea
 
Andrea,

ich werd mich heute mal damit beschäftigen - jedenfalls steht für mich schon mal fest: Daß der AG seine AN in dieser Weise - ohne jegliche Schutzvorkehrungen - in das Krisengebiet geschickt hat, darin liegt ein erhebliches Verschulden. Abgesehen von der eindeutigen Reisewarnung des AA sind sich die Experten einig, daß man - wenn überhaupt - nur mit (sauteuren und spezialisierten) Security-Teams als Ausländer in den Irak reisen darf. Der Unternehmer tut jetzt in den Medien immer so bestürzt - man darf im Moment einfach keine kleinen Geschäftchen im Irak machen und dabei das Leben seiner Mitarbeiter in Gefahr bringen. Das Risiko können schon aus finanziellen Gründen nur Großfirmen eingehen, die sich die notwendige Schutzarmee leisten können. Das Risiko wird dann zwar kalkulierbarer, aber selbst dann ist es noch saugefährlich. Ich würde vom Chef Schmerzensgeld und Schadensersatz einklagen.

Schöne Grüße, Markus
 
Markus,
hey, danke für dein Posting. Ja, je mehr ich drüber nachdenke, sehe ich auch ein Verschulden des AG wegen der Versendung in den Irak. Mein Mann meinte hingegen: Hätten ja nein sagen können, die beiden. Aber anlässlich der aktuellen Job-Situation, vor allem im Osten, halte ich das nicht für haltbar. Schätze, da heißt es ganz schnell: Fahr oder du fliegst (aus der Firma....)

Bis später mal, muss mich noch um die EA kümmern, um den letzten Schliff...

Gruß, Andrea
 
Das Thema ist wohl recht komplex - jedenfalls zu kompliziert, als daß es jetzt für eine schnell hingepfuschte Antwort von mir hier reicht, deshalb nur Stichpunkte:

Es geht ja mehr darum, daß die zwei Entführten irgendwie entschädigt werden, da kommen mehrere Quellen in Betracht:

  • Lohnfortzahlung ?
  • verschiedene Schadensersatzansprüche (gegen die Entführer und gegen den AG, dabei mehrere Anspruchsgrundlagen)
  • eine Berufsgenossenschaft ?
  • ein Opferfonds
  • und vermutlich am lukrativsten: der Verkauf der "Geschichte" exklusiv an eine Zeitung etc
Lohnfortzahlung

- Leistungsstörung: Nichtleistung aufgrund Unmöglichkeit
- von wem zu vertreten ?
++ unmittelbar von den Entführern
++ mittelbar vom AG (Verletzung seiner Pflichten aus § 618 BGB) ?
++ in irgend einer Weise auch vom AN (auch dem mußte die Gefährlichkeit eines solchen Auftrags irgendwie bewußt sein ?)
- soweit Unmöglichkeit vom AG zu vertreten:
++ aus §§ 611, 326 II Seite 1 i.V.m. Arbeitsvertrag bleibt der Anspruch auf die Gegenleistung bestehen, sofern der AG die Unmöglichkeit zu vertreten hat.
++ Verschuldensmaßstab ist § 276. Fahrlässigkeit genügt, sofern nicht irgendwo ein anderer Maßstab bestimmt ist - ist irgendwo ?

- § 616 greift vermutlich nicht, da es sich nicht um eine "unerhebliche Zeit" und um keinen "persönlichen Grund" handelt ?
- § 615: zum "Betriebsrisiko" zählen Naturkatastrophen, Fehlorganisation des Betriebsablaufs, auch dieser ungewöhnliche Fall ? - damit kenne ich mich nicht aus 🙁


Schadensersatz

- aus § 280 ?
++ verletzte Pflicht: wichtigste Nebenpflicht des AG ist Schutz von Leben und Gesundheit des AN
++ Verschulden ?
++ Kausalität ??
++ Mitverschulden des AN ?

- aus § 618 i.V.m. §§ 842 bis 846 ??? gilt jedenfalls nach dem Wortlaut ("Räume, Vorrichtungen und Gerätschaften") nicht ...

sonstiges

- vermutlich gab es keine Versicherung, die so ein Risiko übernahm - das sollte zu Denken geben ...
- die Bundesrepublik trägt wahrscheinlich einen ganzen Batzen der Befreiungs- und Rücktransportkosten ... und wird einen kleinen Teil davon auch beim AG geltend machen.

Soweit was mir grad einfällt, schöne Grüße
 
Oben