Die Gesetzesauslegung besteht nicht aus zwei separaten Teilen, nämlich einem subjektiven und einem objektiven von der am Ende ein Teil gewinnt. Alle Auslegungselemente werden nur einmal betrachtet und können objektive und subjektive Bestandteile haben.
Alle Auslegungselemente (Wortlaut, Zusammenhang, Zweck und Entstehung) können subjektiv und objektiv betrachtet werden, mal mit mehr oder weniger Bedeutung für das Auslegungsergebnis, je nach Norm und der inhaltlichen Frage (z.B. durch einen Sachverhalt motiviert), die die Auslegung beantworten soll. Die Relevanz (der Unterschied objektiv/subjektiv) der subjektiven Betrachtung ist dabei vor allem bei dem teleologischen (Zweck) und historischen (Entstehung) Auslegungselement gegeben. Gerade die Ansichten zum Normzweck unterliegen dem politischem/gesellchaftlichem/wirtschaftlichen/technischen Zeitgeist und bei der historischen Auslegung wird die Norm sowieso subjektiv betrachtet.
Da die Gesetzesaulegung sich nach "dem objektivierten Willen des Gesetzgebers" richten soll (Bundesverfassungsgericht 1952), sind die objektiven Betrachtungen bestimmend (liefern also das Ergebnis) und die subjektiven Betrachtungen sind unterstützend (zur Bestätigung/Untermauerung des objektiven Ergebnisses) in die Auslegung einzubringen.
Als Formel könnten man formulieren: "Die objektive Sicht ist die Wichtige und Entscheidende, die subjektive Interpretation kann aber hilfreich sein".
Zu beachten ist aber bei dieser Orientierung auf die objektive Sicht, dass die Grenze zwischen Auslegung und Rechtsfortbildung überschritten werden kann, z.B. bei der Wortlautauslegung, wenn der Wortlaut eindeutig aber nicht mehr zeitgemäß ist (also objektiv nicht passt), dann
kann ein objektiver Auslegungsversuch den Wortlaut sprengen und ist keine Auslegung mehr. Denn eine Formel "Wortlaut ist Wortlaut und ist daher subjektiv und objektiv gleich" ist zwar erstmal richtig (rein syntaktisch betrachtet, das "Gesagte"), jedoch kann zum einen die objektiv bestimmende Sichtweise der Auslegung (z.B. Zweck-Auslegung) diesen Wortlaut sprengen und zum anderen kann bei der Bedeutungs-Betrachtung in der Wortlautauslegung zur Ermittlung des "Wortsinns" der Wortlaut so gedehnt werden, dass sie die Auslegungsgrenze überschreitet (Z.B. wenn die umgangssprachliche Bedeutung eines Begriffes oder einer Wendung der Norm für die Auslegung relevant ist, die heutige Umgangssprache diesem Wortlaut aber offensichtlich eine andere Bedeutung beimißt als dieser Wortlaut ursprünglich hatte).
Ich habe hier zwei links zum Thema. Der erste ist eine konkrete Auslegung einer Norm, der zweite behandelt die Auslegung als Methode.
https://wwwa.jura.uni-tuebingen.de/...recht/faelle/gesetzesauslegung-bienenfall.pdf
Ganz-Recht.de | Grundriß der Methodenlehre
Liebe Grüße