Gesetzesauslegung

Dr Franke Ghostwriter
Wird die Auslegung der Gesetze objektiv oder subjektiv vorgenommen?

Aus dem Skript habe ich es jetzt so verstanden, dass die Auslegung sowohl objektiv als auch subjektiv vorgenommen wird, die objektive Auslegung aber maßgeben ist.

Sehe ich das richtig oder kommt doch nur eines von beidem in Betracht?

Über Hilfe wäre ich dankbar
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Wird die Auslegung der Gesetze objektiv oder subjektiv vorgenommen?

Hier muss zunächst klar sein, was bei der Gesetzesauslegung mit objektiv und subjektiv überhaupt gemeint ist.

Subjektive Auslegung versucht die Norm nach Willen des historischen Gesetzgebers und objektive Auslegung versucht die Norm nach dem Verständnis der Gegenwart zu interpretieren. Je älter die Norm ist, desto größer können die Unterschiede zwischen subjektiver und objektiver Auslegung sein (aufgrund der Änderungen der Lebensverhältnisse und des gesellschaftlichen Konsens).

Tatsächlich soll die Auslegung sich nach dem "objektivierten Willen des Gesetzgebers" richten (Bundesverfassunggericht 1952), d.h. nach der Normbedeutung der Gegenwart. Die subjektiven Vorstellungen/Motive des historischen Normgebers soll nur unterstützend wirken, um die Auslegung zu bestätigen oder Zweifel auszuräumen, die mit anderen Auslegungsmethoden nicht ausgeräumt werden können.

Die historische Auslegung als ein Auslegungselement zielt aber für sich betrachtet immer auf den Willen des historischen Gesetzgebers ab (hier wird also subjektiv betrachtet) und dieser kann sich sofern er ermittelt werden kann, durchaus (im Einzelfall) in der Auslegung als Ganzes niederschlagen. Allerdings nur in Form einer Bestätigung/Unterstützung/Betonung anderer Auslegungselemente und nicht in Form eines eigenständigen, dem Ergebnis einer anderen Auslegungsmethode widersprechenden Auslegungungsergebnisses.

Aber je älter die Norm, desto unbedeutender ist diese subjektive Betrachtung, denn

- sie kann einfach daran scheitern, dass die Motive des Gesetzgebers für die Norm nicht mehr ermittelt werden können (weil es keine schriftlichen Aufzeichnungen/Beratungsprotokolle des Gesetzgebungsverfahrens mehr gibt, etc.)

- der ermittelte subjektive Wille so stark vom objektiven Willen abweicht, das er keine Relevanz für die Auslegung haben kann. Zu einem in der Auslegung zu berücksichtigenden Widerspruch zum Ergebnis anderer Auslegungselemente kann es jedenfall nicht kommen.

Fazit: Das Ergebnis der Auslegung (möglicherweise mit subjektiven Betrachtungen) basiert immer auf der Normverständnis der Gegenwart ("objektive Theorie").

Liebe Grüße
 
Die Gesetzesauslegung besteht nicht aus zwei separaten Teilen, nämlich einem subjektiven und einem objektiven von der am Ende ein Teil gewinnt. Alle Auslegungselemente werden nur einmal betrachtet und können objektive und subjektive Bestandteile haben.

Alle Auslegungselemente (Wortlaut, Zusammenhang, Zweck und Entstehung) können subjektiv und objektiv betrachtet werden, mal mit mehr oder weniger Bedeutung für das Auslegungsergebnis, je nach Norm und der inhaltlichen Frage (z.B. durch einen Sachverhalt motiviert), die die Auslegung beantworten soll. Die Relevanz (der Unterschied objektiv/subjektiv) der subjektiven Betrachtung ist dabei vor allem bei dem teleologischen (Zweck) und historischen (Entstehung) Auslegungselement gegeben. Gerade die Ansichten zum Normzweck unterliegen dem politischem/gesellchaftlichem/wirtschaftlichen/technischen Zeitgeist und bei der historischen Auslegung wird die Norm sowieso subjektiv betrachtet.

Da die Gesetzesaulegung sich nach "dem objektivierten Willen des Gesetzgebers" richten soll (Bundesverfassungsgericht 1952), sind die objektiven Betrachtungen bestimmend (liefern also das Ergebnis) und die subjektiven Betrachtungen sind unterstützend (zur Bestätigung/Untermauerung des objektiven Ergebnisses) in die Auslegung einzubringen.

Als Formel könnten man formulieren: "Die objektive Sicht ist die Wichtige und Entscheidende, die subjektive Interpretation kann aber hilfreich sein".

Zu beachten ist aber bei dieser Orientierung auf die objektive Sicht, dass die Grenze zwischen Auslegung und Rechtsfortbildung überschritten werden kann, z.B. bei der Wortlautauslegung, wenn der Wortlaut eindeutig aber nicht mehr zeitgemäß ist (also objektiv nicht passt), dann kann ein objektiver Auslegungsversuch den Wortlaut sprengen und ist keine Auslegung mehr. Denn eine Formel "Wortlaut ist Wortlaut und ist daher subjektiv und objektiv gleich" ist zwar erstmal richtig (rein syntaktisch betrachtet, das "Gesagte"), jedoch kann zum einen die objektiv bestimmende Sichtweise der Auslegung (z.B. Zweck-Auslegung) diesen Wortlaut sprengen und zum anderen kann bei der Bedeutungs-Betrachtung in der Wortlautauslegung zur Ermittlung des "Wortsinns" der Wortlaut so gedehnt werden, dass sie die Auslegungsgrenze überschreitet (Z.B. wenn die umgangssprachliche Bedeutung eines Begriffes oder einer Wendung der Norm für die Auslegung relevant ist, die heutige Umgangssprache diesem Wortlaut aber offensichtlich eine andere Bedeutung beimißt als dieser Wortlaut ursprünglich hatte).

Ich habe hier zwei links zum Thema. Der erste ist eine konkrete Auslegung einer Norm, der zweite behandelt die Auslegung als Methode.

https://wwwa.jura.uni-tuebingen.de/...recht/faelle/gesetzesauslegung-bienenfall.pdf

Ganz-Recht.de | Grundriß der Methodenlehre

Liebe Grüße
 
Ich habe die Frage eher in Bezug auf den Normadressaten verstanden. Demnach muss die Auslegung von Gesetzen im Gegensatz zur Auslegung von Rechtsgeschäften objektiv sein. Das heißt, bei der Auslegung von Gesetzen wird nicht berücksichtigt, wie die einzelnen Normadressaten das Gesetz subjektiv verstehen. Bei Rechtsgeschäften kann es hingegen von Bedeutung sein, wie ein Vertragspartner/Erklärungsempfänger das Rechtsgeschäft subjektiv versteht.
 
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