EA, die Erste

Dr Franke Ghostwriter
Mitstreiter,

ich eröffne mal die Diskussion um die 1. EA: Habe sie bisher nur überflogen, aber ich denke es läuft im Wesentlichen auf eine eventuelle Körperverletzung durch den Notarzt und den O hinaus.

Wobei ich mich schon frage (relativiert sich sicherlich bei genauerer Prüfung), wie sich ausgerechnet der Notarzt hätte strafbar machen sollen (entfällt mE. beim Prüfungspunkt Schuld/Rechtswidrigkeit)?
 
Ich habe die EA nicht vorliegen, aber erstmal prüft man ja den Tatbestand und der wird meist bei jedem Eingriff durch einen Arzt erfüllt. Jedoch kann bei der Rechtswidrigkeit eine Rechtfertigung durch eine Einwilligung gegeben sein, welche auch (seht alles im Skript) dann auch dadurch angenommen werden kann, dass der Patient überleben will und damit grundsätzlich von dem Einverständnis ausgegangen werden muss.
 
@ weissnochnix: Der Beitrag klingt sehr interessant und passend für die EA.
Aber mir stellt sich die Frage nach der Einwilligung bei einem Suizidalen, der N weiss in der Aufgabe nichts davon, ok. Aber O verweigert ja die erste Behandlung, könnte man daraus auf den mutmaßlichen Willen des O abstellen, keine Einwilligung zu erteilen? Oder ist hier von demselben Willen auszugehen, wie bei einem Selbstmörder, der von Polizisten daran gehindert wird ? Dort unterstellt man ja auch, dass es nicht dem (natürlichem) Willen des Handelnden entspricht und verneint einen Eingriff gem. Art. 2 I GG.
Ich werde mich wohl für eine hypothetische Einwilligung des O entscheiden, im SB fasst er später auch wieder Lebensmut, das bekräftigt meine Annahme.
 
Ich galube, dass du da den Sachverhalt sehr weit "auslegst". Fest steht, dass er zum Zeitpunkt des Unfalls genau gesagt hat, dass er nicht mehr leben will. Der Selbstmord ist in Deutschland Straffrei und somit besteht auch keine Pflicht den Selbstmörder grundsätzlich daran zu hindern, wenn davon ausgegangen werden kann/muss, dass der Handelnde zum Zeitpunkt seines Entschlusses voll "schuldfähig" war (in diesem Zusammenhang: sich seiner Folgen bewusste und nicht in geistiger Umnachtung). Genau dieses sehe ich hier vorliegen. Und es wurde dem Notarzt auch mitgeteilt. Somit hatte der Notarzt ausdrücklich gegen den Willen des Opfers eine Körperverletzung begangen. Wenn dann würde ich eher bei der Schuld hergehen und dort vielleicht einen Schuldausschluss vornehmen oder eine Rechtfertigung mit Nothilfe oder so. Ich finde es jedoch sehr eindeutig, dass die Einwilligung (weder ausdrücklich, konklundent noch hypotetische) genau hier nicht vorliegt. Wobei der wichtige Punkt der Aufgabe sicher die Diskussion (Meinungsstreit) ist und die Entscheidung nur zweitrangig.
 
Ja, du hast wohl recht, dass ich in der "Auslegung" des SV zu weit gegangen bin. Werde meine Gedanken nochmals durchgehen, bevor ixh alles endgültig zu Papier bringe.
Prüft ihr des Weiteren bei N auch den § 323c i.V.m. 13, 15 StGB, da er die ersten Maßnahmen nicht durchführte? Was dem Willen des O entsprach, aber in seiner Funktion als Arzt (Garantenstellung bzw. -Pflicht) müsste er doch zumindest darauf drängen einzugreifen oder?
 
Hauptsache Du hast den Meinungsstreit und die Diskussion um die verschiedenen Rechtfertigungen. Dann hast Du das meiste schon.
den 323c habe ich nicht, da der Notarzt ja Hilfe leistet (oder zumindest will). Daher kommt das schon garnicht in Betracht. Und i.V.m. 13 geht arnicht, da 323c die Unterlassung (als einziger) direkt betraft. Weiterhin geht auch der 15 nicht, da ein fahrlässiges handeln hier nicht strafbar ist.
 
1. Unfall
a. Strafbarkeit O wegen Trunkenheit im Strassenverkehr - ist das nicht zu prüfen?
b. Strafbarkeit N wegen Körperveletzung
Meingungsstreit h.M keine in dieser Situation, BGH jede Einwirkung (Elektroschock) ist Köperveletzung - Einwilligung fehlt - hypotetisch - habe ich bejaht, da zur Einwilligung auch Einwilligungsfähigkiet gehört- daran fehlt es wohl bei einem Volltrunkenen,der sich nicht artikulieren kann - zwar die eine Behandlung nicht genehmigt , aber danach kollabiert - Eingriff angessemen und nach Regeln der ärztlichen Kunst - N kann nicht zweifelsfrei davon ausgehen, dass auch bei Lebensgefahr Einwilligung fehlt - daher hypotetisch und Arzt starffrei

2. Kneipe

O Köperveletzung - Notwehr werde ich verneinen
 
Ja, du hast wohl recht, dass ich in der "Auslegung" des SV zu weit gegangen bin. Werde meine Gedanken nochmals durchgehen, bevor ixh alles endgültig zu Papier bringe.
Prüft ihr des Weiteren bei N auch den § 323c i.V.m. 13, 15 StGB, da er die ersten Maßnahmen nicht durchführte? Was dem Willen des O entsprach, aber in seiner Funktion als Arzt (Garantenstellung bzw. -Pflicht) müsste er doch zumindest darauf drängen einzugreifen oder?

konnte N doch gar nicht, da O gleich danach kollabierte
 
ich glaube nicht, dass es so gedacht ist, dass man die Trunkenheit im Strassenverkehr prüfen muss. Vielleicht mag jm. nochmal den wissenschaftlichen Mitarbeiter fragen... Ansonsten kann ich die Tage gerne mal meine Lösungsskizze posten (wenn ich wieder daheim bin).
 
Uh, was mir gerade eingefallen ist (war aber nur so ein Gedanke bei Autofahren). Zum Zeitpunkt der Reanimation ist O ja kollabiert. Ist damit O tot? Und damit der 223 überhaupt anwendbar (.."andere Person"..)? Muss man dass "O ist noch ein Mensch" denn vielleicht erstmal feststellen?
 
Prüft ihr bei O auch eine versuchte Sachbeschädigung an dem Baum, gegen den er fahren wollte? Das ist zwar vielleicht etwas weit hergeholt, aber da könnte man schön die verminderte Schuldfähigkeit reinbringen, die ja auch extra erwähnt wird. Ggf. könnte man dann auch auf § 323a (Vollrausch) oder § 315c II (versuchte Gefährdung des Straßenverkehrs) abstellen ...

Bei Niko dagegen steht zwar, dass er mit 1,8 Promille "stark alkoholisiert" sei, aber extra auf § 21 wird nicht hingewiesen ...

Achso, und prüft ihr bei N neben der Körperverletzung auch noch eine Nötigung?

VG Fahrplan

Edit, @ Benji: das mit dem Kollabieren hab ich bisher gar nicht so tragisch gesehen, da ja der Tod noch nicht eingetreten war ... Aber darüber nochmal nachzudenken und die Todesdefinitionen nachzulesen schadet wahrscheinlich nicht.
 
@ benji: Ich denke, dass O nicht "tot" ist, denn die Definition sagt, Tod= Ende der Hirntätigkeit (sog. Hirntod) und nach einem Kollaps tritt dieser Zustand nicht sofort ein.

@ Fahrplan: O hat sich betrunken um sich umzubringen (nicht strafbar) und nicht um eine Sachbeschädigung zu begehen. Deshalb denke ich, dass 323c und 315c nicht anwendbar sind.
 
@ Oetzi: Genau das war die Idee, ob man das nicht erstmal diskutieren muss. Und ob jm. auch ohne feststellung tot ist d.h. ist jm. so lange am Leben, bis der Tot festgestellt wurde?

Das mit der Sachbeschädigung ist sehr interessant. Das werde ich wohl aufnehmen. Denn der Dolus eventualis is hier sicher erfüllt (eigentlich sogar der dolus directs). Jedoch liegt wohl ein Schuldausschluss vor.
 
Aber müsste für den tatbestandsvorsatz der Sachbeschädigung nicht wenigstens das Wollen genau dieser vorliegen? Ich glaube, O hatte nur den Freitod geplant oder reicht das "in Kauf nehmen" der Sachbeschädigung in diesem Fall aus? Eine Beschädigung einer Sache kam in seinen Überlegungen ja nicht vor oder ist das zu hypothetisch?

Die Sache mit dem Tod werde ich wohl nicht mit reinnehmen, aber ich denke nochmals drüber nach.

Habt ihr bei O auch noch den 226 kurz angeprüft, wegen des Hinweises im SV, dass das blaue Auge ja nach vier Wochen wieder weg ist und so freilich keine dauernde Entstellung vorliegt?!
 
Also die Sachbeschädigung würde ich nicht mit rein nehmen, da der Baum im Sachverhalt nicht beschädigt wird (zumindest ergeht da kein Hinweis aus dem SV hervor und nicht immer, wenn ein Auto gegen einen Baum fährt wird dieser beschädigt). Der Versuch scheitert wohl am Vorsatz (prüfen ??? ich weiß noch nicht).

Die Trunkenheitsfahrt nach 316 liegt wohl vor, ist allerdings auch nicht Thema der Kurseinheit (Mal schauen wie/ob ich sie einbaue)

Was die KV durch den Arzt angeht so sehe ich die Rechtfertigung, bzw. die Einwilligung schon im "freiwilligen" Einsteigen in den Rettungswagen. Damit gibt der O doch grundsätzlich zu erkennen, dass er eine Behandlung wünscht, unanbhängig ob er sie dann im Einzelfall ablehnt.

Was meint Ihr?
 
Benji,
- mit der Sachbeschädigung weiss ich nicht so recht, müsste schon am Tb "fremde bewegliche Sache", am eigenen Wagen scheitern. Der Baum wurde ja nicht getroffen! Wie willst Du noch zum dolus eventualis kommen?
Uebrigen im Sachverhalt lebt O noch und geht später nüchtern in die Kneipe. Ein Kollabieren bedeutet m.E. nicht gleich den Hirmtod.
Nikon,
- Und mutmassliche Einwilligung sehe ich hier positiv zu prüfen, denn im Sachverhalt gibt es viele (vage) Formulierungen, die dazu Anlass böten. Ich weiss nicht, ob der Patientenwille hier ausschlaggebend sein kann, der nicht einmal durch O gegenüber N geäussert wurde, wenn wir die rechtfertigende Einwilligung schon wegen Nichtdisponibilität des Individualrechts Leben verneinen müssen. Meines Wissens ist die mutmassliche E. subsidiär zur rechtfertigen E. und beinhaltet auch die Prüfungspunkte der rechtfertigenden E., oder?
Nicoli,
verstehe ich Dich richtig, dass Du die rechtfertigende und mutmassliche E. negativ prüfst und anschliessendden rechtfertigenden Notstand für N positiv prüfst? Welches Hauptargument hast Du gegen die mutmassliche E.?

In der Schuld gibt es keinen Prüfungspunkt für mich.
 
Zusammen,
ich sitze auch gerade an der EA:
Zum Rechtfertigungsgrund des Notarztes: Eine Einwilligung des O liegt m.E. nicht vor. Ich habe jedoch argumentiert, dass O durch den Alkohol vermindert schuldfähig war und somit in seiner Entscheidungskraft eingeschränkt, so dass der Notarzt von einer Einwilligung zunächst ausgehen kann. Was haltet ihr davon?

bei der Körperverletzung des Nico durch O stellt sich bei mir die Frage: das blaue Auge kam ja nicht durch den Schlag, sondern durch den Sturz an die Musikbox- also Kausalität . Ich bin mir nicht sicher ob man das unter den objektiven Tatbestand oder den subjektiven Tatbestand subsumiert. Im Skript hatte ich es irgendwo gelesen, finde es aber nicht mehr wieder.

Die Trunkenheit im Straßenverkehr habe ich auch aufgenommen, Sachbeschädigung kommt m.E. nicht in Betracht.

@ justus zum Thema Chat- ein ähnliches Problem hatte ich auch mal-überprüfe deine Firewall-Einstellung. ggf. liegt es auch an deiner Browserversion, dann frage bei Helpdesk nach.

Grüße
Christine
 
Tine 15
Besten Dank für den Tipp mit der ("doppelten") Firewall. Der Browser ist der aktuellste. Plötzlich komme ich wieder in die Chaträume. Ich weiss nicht, woran es am letzten Montag lag. Danke Dir sehr!

Gruss, Justrus
 
Tina 15
Teil KV, Kopf an Musiktruhe: M.E. könnte das möglicherweise zur Anprüfung von § 224 I Nr. 2 führen, ob die Musiktruhe ein "gefährliches Werkzeug" sein könnte.
Teil KV, Notarzt Arten von Einwilligungen: Irgendwie komme ich nicht davon los, dass das Tatgeschehen zwei Teile hat, die durch Zäsur getrennt werden müssten und zwar vor und nach dem Kollabieren bezüglich der Einwilligungen.
Gruss, Justus
 
Ich habe nun auch mal zwei Fragen.

1. Körperverletzung des Niko
Niko hat ein blaues Auge durch den Schlag des O in das Gesicht des Niko. Ist das blaue Auge nun durch den Schlag in das Gesicht entstanden oder indem er gegen die Musikanlage taumelt und sich da das blaue Auge holt`?

2. 1.8%
Verwertet Ihr das irgendwie? Bislang habe ich boch keine "Verwendung" dafür gefunden.
 
Nikon
So wie ich den Sachverhalt lese, ist die Tathandlung ein Faustschlag ins Gesicht. Hierdruch kommt Niko ins Taumeln und kollidiert mit der Musikanlage (§§ 224, 226 BGB?).
Die %o-Zahl hat m.E. zumindest Argumentationskraft möglicherweise für das/die Verkehrsdeliktsprüfung und die Einwilligungen.
 
Lieber Weissnochnix
Bist Du Dir sicher, ob Du den Teil "N Notarzt" vollständig gelesen und geprüft hast! Dort soll O zum Tatzeitpunkt verminderte Schuldfähigkeit gehabt haben. Meinst Du nicht, das könnte möglichweise für die Einwilligungen und die Trunkenheitsfahrt zum nicht stattgefundenen Suizid agrumentativ verwurstet werden?
Und bei der möglichen Strafbarkeit des O (Notwehr-Teil), meinst Du nicht, dass es rechtlich relevant für O sein könnte, ob Nico nun 1,8 %o oder weniger hatte? Ich habe es zumindest berücksichigt!
Zum anderen hat NIKON zwei getrennte Fragen gestellt - und das wohl bewusst! -, die aber nichts miteinander im selben Prüfungspunkt zu tun haben müssen, oder?
Oder wie siehest Du das, lieber Weissnochnix?
 
Hinsichtlich des zweiten Teils war das eine Verständnisfrage (wie kam es zu dem blauen Auge) und hat jemand eine "Verwertung für den Hinweis des Angreifers BAK gefunden.

Wegen der BAK soll augenscheinlich nur der Hiweis auf ein rechtswidrigen tun verstärkt werden. Weiterhin geht es bei der 2. Aufgabe wohl doch eher um die Frage, ob 224 mit einer der Modalitäten einschlägig ist und um die Frage des § 32.

In der ersten Aufgabe geht es wohl eher darum einen Überblick über Trunkenheitsdelikte zu verschaffen und um die Frage der örperverletzung beim ärztlichen Heileingriff und deren Rechtfertigung (Einwilligung, mutmaßliche Einwilligung, Einwilligungsfähigkeit...).

Oder?
 
NIKON #29:
Das sehe ich ähnlich wie Du; siehe meine Erklärungen in den obigen Beiträgen.
Vielleicht sollten wir die BAKs etwas differenzierter verwursten, insbesondere § 21 StGB bezüglich der Körperverletzung und den Rechtfertigungen einerseits und bezüglich der Verkehrsdelikte anderseits.

Die Handlung ist der Faustschlag ins Gesicht. Der Erfolg ist das blaue Auge durch das Hinfallen gegen die Musiktruhe. Die KV ist hier sowohl Misshandlung des Körpers und Schädigung der Gesundheit zugleich. Fraglich ist, ob die Musiktruhe zu einer gefährlichen oder das "vorübergehende", beeinträchtigte Sehvermögen (blaues Auge) zu einer schweren Körperverletzung führen könnte.
WEISSNOCHNIX # 27: Die beiden %o-Werte (BAK) haben viel mit unserem Gutachten zu tun, zumindest als Hinweis, dass sie je mögliches Delikt resp. Rechtfertigung anders zu werten sind.
 
Was ist denn jetzt mit dem "Fahren unter Alkohol" rausgekommen? Ich gleube der Sachverhalt gibt nicht eindeutig her, dass O auch betrunken auf einer öffentlichen Straße gefahen ist. Ich sehe das daher nicht zu prüfen.

Bei der Alkoholkonzentration von Niko ist zu beachten: Gegenüber offensichtlich Schuldunfägig handelnden Personen (dazu zählen auch Alkoholisierte Personen) kann man nicht eine direkte Notwehr geltend machen. Es ist das Abarbeiten der Schritte notwengi: Ausweichen, Ausweichen um ein Mideres Mittel zu finden, Schutzwehr und dann erst Trutzwehr. Dieses ist hier nicht geschehen. Weiterhin ist ein subjektives Element erforderlich: O musste auch Verteidigungswillen haben. Dieser fehlt hier ebenfalls. "Otto will dies nicht untätig hinnehmen..." Damit handelt es sich um eine Racheaktion. Der Angriff von O auf Niko ist also keine Notwehr. Somit scheidet die Rechtfertigung aus. Das ist der Knackpunkt.

Dann noch zu dem § 21 StGB: Hier bin ich mir noch nicht so ganz schlüssig, wie ich den richtig verarbeiten soll. Ich habe jetzt folgendes aufgebaut. "Bei einer Feststellung der Schuldunfähigkeit geht es um die Prüfung ob ein Täter sich seines Handeln in Vollem Umfang bewusst ist oder zumindest hätte bewusst sein müssen. Damit Muss auch der § 21 StGB auf die nicht erteilte Einwilligung zur KV anwendbar sein. O war somit bei der Abgabe seiner obejektiv Wahrnehmbaren Ablehung der Heilbehaldlung und damit der Verweigerung zur Körperverletzung durch die Schuldunfähigkeit nicht bewusst, welche Konsequenzen dieses für sein Wohl haben kann. Zwar war sein Wunsch da, seinem Leben ein Ende zu setzten und diese Tatsache auch dem Notarzt bekannt doch war der Vorsatz des O ledliglich auf den Tot durch die Kollision mit dem Baum begrenzt. Dem Notarzt war innerhalb der Sitiation nicht zuzumuten, dass O auch einen Tod durch Folgeschäden hinnehmen wollte. Gegenüber dem Notarzt lehnt O lediglich die Untersuchung ab. Aufgrund der Kollabierung war es O nicht möglich, diese Behandlung abzulehnen. Somit musste der Notarzt davon ausgehen, dass O sich über die Folgen seiner Äußerungen für den Fall der Kollabierung nicht bewusst war und es muss von einer hypotetischen EInwilligung ausgegangen werden."

Ich finde es so doch sehr schwierig zu argumentieren. Wie sieht es denn bei euch aus? Ich würde eigentlich lieber in Richtung der Strafbarkeit des Notarztes gehen. N wusste, dass O nicht mehr leben will. O hat auch nachdrücklich die Untersuchung abgeleht. Da liegt es doch wensentlich näher, dass O auch (wenn er es gekonnt hätte) eine Reanimation abgeleht hätte. Und soit kann eben nicht von einer hypotetischen Einwilligung ausgegangen werden.
 
Benji
1. Absatz: O ist von der (öffentlichen) Strasse abgekommen, verfehlte aber den anvisierten Baum, um den Suizid vollenden zu können. Auf jeden Fall ist er m.E. einmal in Trunkenheit (BAK relevant?) öffentlich herumgefahren.
2. Absatz: Nicht jeder BAK-Wert resp. Alkoholkonsum lässt die Notwehr nicht gerechtfertigt sein.
3. Absatz: Sehe ich auch so ähnlich. Obwohl zu bedenken ist, das grundsätzlich das Leben nicht disponibel ist, auch nicht für den möglichen "Selbstmörder", im Zweifel nur straffrei (beim Versuch). Vielleicht könnte man darauf auch noch abstellen, dass er "freiwillig" und alleine in den Notarztwagen stieg. Vielleicht gibt es auch eine Zäsur durch Eintritt des Kollabierens: zuvor waren es Unfallfolgen eines missglückten Suizids.
4. Absatz: Wenn Du die mutmassliche Einwilligung scheitern lassen würdest, hättest Du immer noch § 34 StGB als Rechtfertigung, oder?

Gruss, Justus
 
Hinsichtlich des ersten Blocks ist die weitere Bewertung nicht erforderlich, da ja § 21 schon durch den Sachverhalt bestimmt ist. Hier egeben sich M.E. auch Fragen hinsichtlich der Einwilligungsfähigkeit, denn nach Rechtsprechung ist der endgültig und fehlerfrei geäußerte Wille aus dem Leben scheiden zu wollen auch durch den Arzt zu respektieren.
Fraglich ist aber ob der eindeutigen und "fehlerfreien" Äußerung der § 21 entgegensteht, da z.B. unter Alkoholeinfluss ein Willensmangel der Wirksamkeit entgegenstehen könnte.

Bei dem zeriten Teil ist sicherlich 223 erfüllt (Faustschlag). Es gibt aber eine Mindermeinung, nach der ein Faustschlag auch ein gefähliches Werkzeug i.S. des § 224 (s. Schönke/Schröder) ist. Weiterhin ist die Frage, ob eine Stereoanlage ein gefährliches Werkzeug im Sinne des §224 ist ("Bordsteinkante", "beschuhter Fuß").

Schwere KV liegt m.E. nicht vor, die Sehkraft auf ca. 10% reduziert werden müsste. Im SV gibts keine Angaben hierzu.
 
Nikon
Dein erster Absatz berücksichtigt m.E. nicht, dass in der Literatur angeführt wird, dass die "vom Arzt zu respektierenden Sterbenswünsche (Selbstbestimmung)", Patienentenverfügung von sehr alten oder im Sterben liegenden Personen in der Rechtsprechung darstellen oder betreffen und älteren Datums sind.
Wer weiss, wie heute ein Urteil in dieser Frage aussehen würde.

Fraglich ist, ob die Berücksichtigung des Selbsttötungswillen im Notfall bei einem jüngeren Menschen durch den Notarzt (Garantenstellung) überhaupt berücksichtigt werden darf, zumal Ärtze (Notärzte) meistens dem "Staate" im Rahmen von öffentlichen Krankenhäusern den Kreise und Städten zuzuordnen sind (Schutzpflicht des Staates im Rahmen der Menschenrechte und des GG). Noch liegt kein Urteil betreffs eines jüngeren Menschen vor, so die Literatur.
Bei unserem Fall ist das Problem m.E. klar, nämlich der fragliche endgültig und fehlerfrei geäusserte Wille, der mögliche Willensmangel durch Alkoholeinfluss und die "Prüfung und mögliche Berücksichtigung von (weiteren) Indizen in der Notsituation für die subjektive Abwägung des Notarztes bezüglich eines mutmasslichen Patientensterbewunsches".
Dass ein Faustschlag ein gefährliches Werkzeug darstellt (a.A.) ist in der Literatur diskutiert. Ob eine Musikanlage dieses auch sein könnte, ist ebenfalls als a.A. diskutiert - siehe NIKON - wobei zu bedenken geben wird, dass hierfür § 224 I Nr. 5 im Zweifel anwendbar sein könnte (Quelle: Rengier, Jäger etc.).
§ 226 I Nr. 1 Var. 1 StGB ist als Norm zu entnehmen, dass das Sehvermögen nicht nur vorübergehnd verlorengegangen sein müsste.

Vielleicht sind solche "speziellen Sachen" doch schon anzuprüfen, oder?

Gruss, Justus
 
Justus,

meine Quelle zur Einwilligung war Spickhoff, Medizinrecht (1. Aufl. 2011) § 223 Rn. 11 unf 55ff.
Beruht zwar auf einer älteren entscheidung, aber wurde in einem aktuellen Kommentar (BGH NJW 2000, 885, 886) so aufgenommen.

Villeicht hast Du ja noch ne andere Quelle.

VG
nikon
 
Die 1,8 Promille sind nur bei Fall 2 (Schlag gegen Niko) relevant, weil nur dort ausdrücklich diese Zahl erwähnt wird. Das hatte ich gemeint.
Die generellen Promillegrenzen (absolute und relative Fahruntüchtigkeit) sind bei Fall 1 relevant und werden von mir ebenfalls "verwurstet".

Bei den 1,8 Promille überlege ich, ob das die Gefährlichkeit der Situation für O und damit die Notwehrlage verschärft (Enthemmung des N) oder vermindert (bei der BAK normalerweise keine zielgerichtete Aktion mehr möglich, hier aber offenbar doch).
 
NiKON #35: Bin noch unterwegs und kann Dir heute am späten Abend die genaueren Quellen nennen, die auch im BECK-ONLINE unter Einwilligung kontra tatbestandlicher Erklärung zu "Leben als nicht disponibles Rechtsgut (staatliche Schutzpflicht Menschenrechte/Grundgesetz)" stehen.

Weissnochnx #36: Du sprichst jetzt genau mein angedeutetes Unbehagen in meinen Promille-Beiträgen an: Zwingende Berücksichtigung aller genannten BAK-Werte und möglicher Hinweise zu beiden Handlungsstängen im gesamten Sachverhalt.
Wenn O beim Unfall eine verminderte Schuldfähigkeit hatte, bedeutet das nach § 21 StGB mindestens 2,0 %o (bei Tötungsdelikten 2,2 %o). Ein Vollrausch ist gem. § 323a ab 3.0 %o (resp. 3,3 %o) erst möglich.
Die BAKs führe ich "nur" an, um ein Problembewusstsein bezüglich O und N zu schärfen, was aber gerade - deshalb versuchte in den vorherigen Beiträgen schon hierauf zu sensibilisieren! - jetzt auch durch Deine Fragestellung, lieber WEISSNOCHNIX, offensichtlich und prüfungsrelevant wird, nämlich die Nähe zum Grenzbereich 2 %o und doch "nicht verminderter Schuldfähigkeit", weil "nur" 1,8 %o zur Tatzeit.
Hiervon hängt m.E. nun das Ergebnis der Notwehrprüfung ab.
In der Literatur gibt es zusätzlich noch den Begriff der "notwehrähnlichen Lage". Er soll dann stattfinden, wenn es um die Abwehr eines künftigen Angriffs geht, was hier möglicherweise der Fall sein könnte. Die h.M. lehnt diese "Präventivnotwehr" mit dem Argument ab, dass in solchen Fällen noch die Chance bestehen könnte, Ordnungskräfte heranzuziehen.
Mit anderen Worten: Möglichweise zeigt N zielgerichtete Aktionen gegenüber Nico, weil er eben nicht "vermindert schuldunfähig" ist (im Gegensatz zu Benji # 31, 2. Absatz), und somit O doch notwehrberechtigt sein könnte.
Oder wie seht Ihr die 1,8 %o bezüglich der Rechtfertigung Notwehr für O?
 
Ich habe mir mal die Musterlösung angeschaut und bin sehr unzufrieden damit. Einerseits wurde weder geprüft, ob O sich wegen Trunkenheit am Steuer noch wegen versuchter Sachbeschädigung strafbar gemacht hat. Weiterhin: wie soll man den auf die Sache mit der Zusprache kommen? (Abgesehen davon, dass ich nach der fehlenden Einwilligung nicht weiter geprüft hatte und so garnicht den § 34 in Betracht gezogen hab). Ich bin auch der Meinung, dass man bei dieser EA unbedingt das Grundgesetz mit Art 2 I (allgemeine Handlungsfreiheit) braucht, um den Selbstmord als legitim und persönliche Entscheidung zu bejahen und diesen über die Garantenstellung des Notarztes zu stellen. Dieses wurde aber auch nicht aufgeführt. Ich finde, man hat sich mit der Musterlösung nicht wirklich Mühe gegeben. Zusammengefasst: Alles (wiedermal) sehr ärgerlich, aber man kennt es ja von der FUH nicht anders.
 
Benji und MitstreiterInnen
Ja, die "Lösungshinweise" habe ich auch gelesen und mich gewundert, dass nicht einmal ansatzweise auf § 315c I Nr. 1a 1. Alt. StGB, § 316 I 1 Alt. StGB, § 303 StGB sowie bezüglich des Suizidversuches während des Unfalls auf § 212 StGB und § 223 StGB eingegangen wurde.
Offensichtlich war nur § 223 mit seinen Rechtfertigungsgründen gefragt. Aber letztlich vergibt der Dir zugeteilte Korrektor die Punkte und warten wir einmal ab!
Den B-Teil habe ich 1:1 wie der Lösungshinweis. Den A-Teil habe ich über eine mutmassliche Einwilligung gelöst, denn diese halte ich gem. Sachverhalt auch für möglich bei entsprechender Auslegung und Begründung.
Die Lösung über § 34 StGB finde ich persönlich etwas "rustikal", was die Ausnahme bei freiverantwortlichem Suizid und den Kollaps "nur" als offenbare, aber direkte und ausschliessliche Folge des Suizidsversuches darzustellen, ohne das mehrmalige zäsurhafte Verhalten des O am Strassenrand, die Unterhaltung mit K, das freiwillige, selbst vorgenommene und durch keinen anderen forcierte Einsteigen in den Rettungswagen, die "unschädliche" Verweigerung der "Vor- resp. Erstuntersuchung" und das unerwartete Kollabieren (für N und K?) zu berücksichtigen.

Was ist denn ein "erfolgreicher Zuspruch" in Deutschland? Und dieser auch noch als objektive Gegebenheit "Hoffnung auf ..." als Voraussetzung? Wo kann ich das nachlesen? Ich sitze da irgendiwe auf meiner Leitung, um die Argumentation "Zuspruch" zu verstehen, insbesondere mit dem Zeitargument.

Gruss, Justus
 
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