Anspruchsaufbau

Dr Franke Ghostwriter
ich bräuchte mal Eure Meinung. Ich habe es mir eigentlich so eingeprägt, dass man zunächst immer prüft, ob der Anspruch gegen die Gesellschaft besteht und dann schaut, ob der jeweilige Gesellschafter für diesen Anspruch persönlich haftet.
Unabhängig davon, ob die Fallfrage lautet: "Wie ist die Rechtslage", oder "kann x von Y verlangen".

Bei meiner Präsenveranstaltung hat der Dozent allerdings beí der letzteren Fallfrage immer direkt den Anspruch des X gegen Y geprüft und hat den Zwischenschrit über die Gesellschaft weggelassen. Er ist z.B. im Obersatz bei einem OHG Gesellschafter direkt auf den 128 HGB gegangen, ohne den 124 HGB zu nennen. Er meinte, dass wäre korrekter, als den Zwischenschritt über den 124 HGB zu gehen.

Was meint Ihr dazu?
 
Das würde ich nicht tun. Die Haftung des Gesellschafters aus § 128 ist ja eine _akzessorische_ also davon _abhängig_ ob eine Gesellschaftsschuld besteht. Ausserdem sehe ich nicht den Sinn dahinter die einfachen Punkte für die paar Sätze zur Verbindlichkeit der Gesellschaft zu verschenken
 
Das sehe ich wie Du lieber flink! Der Dozent meinte aber, dass die Unterscheidung der Ansprüche gegen die Gesellschaft/gegen den Gesellschafter sehr wichtig wäre und er mir sogar Punkte abziehen würde, wenn ich bei der Frage, ob X von Y verlangen kann, z.b: den § 124 I HGB mitnennnen würde. Im Fällebuch von AS unterscheiden die in Ihrer Übersicht auch in Ansprüche gegen die Gesellschaft und in Ansprüche gegen den Gesellschafter. Bin ganz verwirrt.
 
Hmmm... Also ich kann die Aussage des Mentors nicht nachvollziehen.

Du kannst über § 128 HGB keinen Anspruch gegen einen Gesellschafter bejahen wenn keine Gesellschaftsverbindlichkeit vorliegt. Und ein Rechtsgutachten muss dazu dann also auch ein paar Sätze verlieren, ob überhaupt eine Gesellschaftsverbindlichkeit besteht.

Dies ist doch auch im AS-Skript/Fallbuch so. Dort wird bei einer Anspruchsprüfung gegen einen Gesellschafter geprüft:

I.Bestehen der Gesellschaft
II. Bestehen einer Gesllschaftsverbindlichkeit
III. Haftung des Gesellschafters

 
Der § 124 hat da bei so einer Fallfrage im Obersatz auch nichts zu suchen.
Z.B. Anspruch X gegen Y aus § 433 II BGB i.V.m. § 128 HGB
Ob eine Gesellschaft vorliegt wird dann ja geprüft, weil ein Tatbestandsmerkmal des § 128 ist, dass eine Verbindlichkeit der Gesellschaft vorliegt.

z.B.
A, B und C betreiben gemeinsam ein Spartartikelgeschäft mit dem Namen ABC OHG. Gegen den Willen von C und B kauft A einen Ferrari für 150.000 Euro für die ABC OHG von V. Kann V von B die Zahlung des Kaufpreises verlangen?

V - B auf Zahlung von 150.000 Euro aus § 433 II BGB i.V.m. § 128 HGB
Gesellschaftsverbindlichkeit?
1. Gesellschaft?
a) Im Innenverhältnis: Gesellschaftervertrag §§ 105 I, II HGB, 705 BGB
b) im Außenverhältnis: § 123 I HGB Eintragung ins HR
--> OHG (+)

2. Verbindlichkeit der Gesellschaft:
KV, § 433 BGB (+)
Angebot V (+)
Annahme durch OHG?
Vertretung durch A nach § 164 I BGB:
a) Handeln im fremden Namen (+)
b) mit Vertretungsmacht
aa) A Gesellschafter der OHG, § 125 I HGB
bb) Umfang § 126 I HGB
Ergebnis: Verbindlichkeit der OHG (+)

3. B Gesellschafter der OHG, § 128 HGB (+)
Ergebnis: Anspruch des V gegen B nach § 433 II BGB i.V.m. § 128 HGB entstanden

Du siehst, den § 124 brauchst Du überhaupt nicht um zur Lösung zu kommen.

Viele Grüße

Kai
 
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