• Guten Start ins Wintersemester 2024/2025

wirklich fehlendes Erklärungsbewusstsein

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Ein letzte Frage vor der Klausur🙂
Zu dem fehlenden Erklärungsbewusstsein gibt es den Fall der Trierer Weinversteigerung. Hier hebt ein Ortsansässiger die Hand um eine Freund zu grüßen. Dies muss er sich nach h.M. als WE zu rechnen lassen, da er erkennen konnte das sein Handeln als Abgabe eines Angebotes aufgefasst werden konnte (Versteigerung, Hand heben).
In der Lösung wird aber auch darauf hingewiesen, das es etwas anderes wäre, wenn der Ortsansässiger kein Orstansässiger wäre und für ihn icht zu erkennen wäre, das hier eine Auktion vorliegt. Er würde somit ohne Erklärungsbewusstsein handeln und hätte dies auch nicht zur Kenntnis nehmen können. Ist eine WE in diesem Fall als nichtig anzusehen? Also vergleichbar mit es liegt kein Handlungswille vor?
 
Ich antworte etwas umfassender, um anschließend Deinen Fall einzuordnen:

Zur Bedeutung des Erklärungsbewusstsein gibt es zwei bedeutende Ansätze:

1. Die sog. "Willenstheorie"

Nach der Willenstheorie ist Erklärungsbewusstsein notwendiger Bestandteil einer Willenserklärung. Fehlt das Erklärungsbewusstsein, liegt auch keine Willenserklärung vor.

Rechtsfolgen bei fehlendem Erklärungsbewusstsein nach Willenstheorie:

- Die Willenserklärung ist analog § 118 BGB nichtig

- Der Erklärungsempfänger hat dann aber analog § 122 BGB Schadensersatzanspruch.


2. Die sog. "Erklärungstheorie"

Nach der Erklärungstheorie ist Erklärungsbewusstsein kein notwendiger Bestandteil einer Willenserklärung. Fehlt das Erklärungsbewusstsein, liegt trotzdem eine Willenserklärung vor, falls a) und b) gilt:

a) Der Erklärende hätte wissen müssen, dass seine Erklärung als Willenserklärung aufgefasst werden kann (Verantwortungsprinzip).

b) Der Erklärungsempfänger ist schutzwürdig, d.h. er hat darauf vertrauen dürfen, dass der Erklärende etwas rechtlich erhebliches erklären wollte (Vertrauensprinzip).

Ob a) und b) erfüllt sind, ist durch Auslegung nach §§ 133, 157 BGB zu ermitteln, wobei ein objektiver Empfängerhorizont zugrunde gelegt wird.

Beispiel: b) ist nicht erfüllt, wenn der Erklärungsempfänger wusste, dass der Erklärende nicht Rechtserhebliches erklären wollte.

Rechtsolgen bei fehlendem Erklärungsbewusstsein nach Erklärungstheorie:

- Falls a) und b) erfüllt sind: Es liegt eine Willenserklärung vor und der Erklärende kann anfechten analog der Irrtumstatbestände in § 119 I BGB.

- Falls a) oder b) ist nicht erfüllt: Es liegt keine Willenserklärung vor. Der Erklärungsempfänger hat anders als bei der Willenstheorie keinen Schadensersatzanspruch analog § 122 BGB.

Im Trierer Weinversteigerungsfall ist es wie folgt:

Nach Willenstheorie liegt keine Willenserklärung vor.

Nach Erklärungstheorie liegt trotz fehlendem Erklärungsbewusstsein eine Willenserklärung vor, wenn oben a) und b) erfüllt sind.

- Mit der Begründung "ortsfremd" kann argumentiert werden, dass a) nicht erfüllt ist: Der Grüßende musste nicht wissen, dass sein Winken als Angebotsabgabe aufgefasst werden kann.

- Mit der Begündung "ortsansässig" kann argumentiert werden, dass a) erfüllt ist: Der Grüßende hätte wissen müssen, dass sein Winken als Angebotsabgabe aufgefasst werden kann.

- Wusste der Auktionator, dass der Grüßende nicht mitbieten möchte, dann liegt unabhängig von a) keine Willenserklärung vor, weil b) nicht erfüllt ist, d.h. der Auktionator (Erklärungsempfänger) ist nicht schutzwürdig.

Und klar: Ohne Willenserklärung kein Rechtsgeschäft.

In der Klausur 09/2009 hatte V kein Erklärungsbewusstsein als er am Telefon dem M antwortete "Kein Problem", da er nicht mitbekommen hatte, dass M die Bestellung ändert (und damit ein Angebot abgibt) und V deshalb davon ausgeht, dass es nur um eine Auftragsbestätigung (nicht rechtlich erheblich) und nicht um eine Annahme (rechtlich erheblich) geht, als er antwortet "Kein Problem". Mit "Kein Problem" wollte V nichts rechtlich erhebliches erklären, ihm fehlte also Erklärungsbewusstsein (der äußere Erkärungstatbestand einer Willenserklärung war aber erfüllt und Handlungswille hatte V auch).

"...Während des Telefongespräches wird V durch das Eintreten eines Mitarbeiters abgelenkt, so dass es ihm entgeht, dass M die doppelte Menge bestellen möchte. V antwortet daraufhin: „Kein Problem. Wir schicken Ihnen umgehend eine Auftragsbestätigung zu“...."


Liebe Grüße
 
Dr Franke Ghostwriter
Ja cool danke!
ICh war mir nur nicht sicher, das wenn a oder b nicht gilt die WE wirklich als nichtig anzusehen ist.

Klar es kommt auch immer auf die Auslegung an.
Danke!

Endlich wieder Klarheit🙂 Schon doof wenn man sein eigenes WIssen so zerstreut.
Die Klausu hatte ich auch gelöst und mir auch die Lösung angehört. Da hier aber auch nicht darauf eingegangen wurde was ist wen der Erklärer nicht wissen konnte, das er WE abgibt und die auch nicht wollte, musste ich doch nachfragen.
 
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