• Guten Start ins Wintersemester 2024/2025

Überblick Zeitinkonsistenz

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Wie viele von Euch kämpfe ich mich gerade durch die Stabilitätspolitik, im Speziellen durch die Zeitinkonsistenztheorie.

Ich würde von Euch gerne wissen, ob ich das nachfolgende richtig verstanden habe:

Man unterstellt den Wirtschaftssubjekten rationale Erwartungen.
A) Ist die Zentralbank unglaubwürdig, liegt die diskretionäre Lösung vor, d.h. bei Einsetzen der Philipps-Funktion in die Verlustfunktion fällt der Erwartungsoperator weg, es wird nach pi abgeleitet und nach pi aufgelöst, dann das erwartete pi und dann wieder die realisierte Inflationsrate ermittelt (und das alles ohne Lagrange benutzen zu müssen).

B) Ist die Zentralbank hingegen glaubwürdig, spricht man von der optimalen Regellösung. Man erhält eine dritte Bedingung mit pi e = E pi.
Durch diese dritte Bedingung bin ich gezwungen, mit dem Lagrange-Ansatz zu arbeiten, um dann direkt pi ermitteln zu können. Dabei berücksichtige ich zum einen, dass gilt: pi e = 0 = E pi und k und Un sind bekannt (d.h. der betreffende Erwartungsoperator kann wegfallen).

C) Schließlich gibt es noch die Delegationslösung, die Kontraktlösung und die Möglichkeit der Vorgabe eines Inflationsziels (möchte ich aus Platzgründen nicht gesondert beschreiben)

Dies sind alles Lösungsvorschläge für die Zeitinkonsistenzproblematik.
Welchen Ansatz ich möglicherweise in der Klausur zu verwenden habe, hängt - wenn ich es richtig verstanden habe - von den Rahmenbedingungen (einfach ausgedrückt: dem Aufgabentext) ab, richtig?

Mir ist bewusst, dass dies sehr rudimentäre Grundsatzüberlegungen sind, es würde mir dennoch helfen, wenn einer unserer Cracks mal Nicken oder Kopfschütteln würde... 🙂

Vielen lieben Dank schonmal


Patrick
 
Hallo Ihr Lieben!

Hallo! 🙂

Man unterstellt den Wirtschaftssubjekten rationale Erwartungen.

Ja. Soweit hast Du schonmal Recht... 🙄

A) Ist die Zentralbank unglaubwürdig, liegt die diskretionäre Lösung vor

Nein, es ist umgekehrt. Weil die Zentralbank diskretionär handelt (also an keine Regel gebunden ist) ist sie unglaubwürdig.

d.h. bei Einsetzen der Philipps-Funktion in die Verlustfunktion fällt der Erwartungsoperator weg

Ja, technisch schon. Aber ökonomisch ist das natürlich Unsinn.
Warum fällt der Erwartunsgwert-Operator weg? Das liegt an dem Spiel, das zwischen Zentralbank und Leuten abläuft. Und das sieht so aus:

1. Die Zentralbank kündigt eine Politik an.
2. Die Leute bilden ihre Erwartungen, je nachdem, welche Rahmenbedingungen gelten.
3. Die Zentralbank setzt eine Politik um. Ob das die angekündigte ist oder nicht, hängt von den Rahmenbedingungen ab (Regel, Strafe, Diskretionär).

Die Rechnung, die man nun bei der diskretionären Politik macht, bringt diese zeitliche Reihenfolge etwas durcheinander. Die Zentralbank ist ja völlig frei zu entscheiden, was passiert. Sie entscheidet erst, wenn sich die Leute ihre Erwartungen gebildet haben. Wenn sie also die Verlustfunktion ableitet und nullzusetzt, stehen diese Werte schon fest. Wir sind im Zeitpunkt 3, in dem es keine unsicheren Werte mehr gibt, für die man einen Erwartunsgwert bilden müsste.

Trotzdem ist in der Rechnung ja noch die Variable [tex]\pi^e[/tex] enthalten. Wie gehen wir damit um? Dazu müssen wir jetzt einen Schritt in der Zeit zurück – also in Zeitpunkt 2. Wir lösen die BEO für ein Minimum der Verlustfunktion nach [tex]\pi^e[/tex] auf und – nun gibt es wieder einen Sprung in Zeitpunkt 3 – setzen das Ergebnis wieder in der BEO ein.

Was haben wir dadurch erreicht? Die Leute wissen ja, wie die Zentralbank vorgeht – und sie bilden sich aufgrund dieses Wissens eine Inflationserwartung. Und das haben wir durch unseren kleinen Mathe-Stunt jetzt auch formal erreicht.

B) Ist die Zentralbank hingegen glaubwürdig, spricht man von der optimalen Regellösung.

Nein. Es ist wieder umgekehrt. Bei der optimalen Regel ist die Zentralbank glaubwürdig. Sie z.B. auch glaubwürdig, wenn sie die Friedman-Regel verfolgt (d.h., wenn sie gesetzlich gezwungen ist, eine bestimmte Inflationsrate zu realisieren) oder bei einer der anderen Regelpolitiken.

Man erhält eine dritte Bedingung mit pi e = E pi.
Durch diese dritte Bedingung bin ich gezwungen, mit dem Lagrange-Ansatz zu arbeiten, um dann direkt pi ermitteln zu können. Dabei berücksichtige ich zum einen, dass gilt: pi e = 0 = E pi und k und Un sind bekannt (d.h. der betreffende Erwartungsoperator kann wegfallen).

Genau genommen gilt [tex]\pi^e=E(\pi)[/tex], das muss aber nicht unbedingt Null sein. Dann leitest Du nach [tex]\pi[/tex] ab – ohne den EW-Operator, weil das wieder der zeitpunkt ist, wo alles schon klar ist, und nach [tex]\pi^e[/tex] MIT dem Operator, weil sich da die Erwartungen noch nicht gebildet haben.

C) Schließlich gibt es noch die Delegationslösung, die Kontraktlösung und die Möglichkeit der Vorgabe eines Inflationsziels (möchte ich aus Platzgründen nicht gesondert beschreiben)

Dies sind alles Lösungsvorschläge für die Zeitinkonsistenzproblematik.

Wenn Du jetzt die im Punkt C genannten meinst, stimmt das. Aber die diskretionäre Lösung löst das ZI-Problem nicht! Da besteht es weiter.

Welchen Ansatz ich möglicherweise in der Klausur zu verwenden habe, hängt - wenn ich es richtig verstanden habe - von den Rahmenbedingungen (einfach ausgedrückt: dem Aufgabentext) ab, richtig?

Richtig.
 
Da war der Dirk mal wieder schneller...🙂

Gemäß der Zeitinkonsistenztheorie besteht für die Politiker im Falle diskretionärer Politik der Anreiz sich anders zu verhalten, als sie vorher angekündigt hatten, da nur so das im Modell angenommene Ziel einer Arbeitslosigkeit < nat. Arbeitslosigkeit erreicht werden kann (da k<1 angenommen wird).

So kommst du dann zur These, dass eine Ankündigung einer bestimmten Inflationsrate im Falle diskretionärer Politik unglaubwürdig ist...(oder so ähnlich...

Regelpolitik bedeutet ja nur, dass ein Ziel verbindlich festgelegt wird und dass sich die Politiker/Zentralbank daran auch halten (da gesetzlich festgelegt). Die privaten Wirtschafstsubjekte schenken dann der Ankündigung auch Glauben...

Die optimale Regel ist ein nicht realisierbares Konstrukt, welches in dem Modell das minimale Schadensniveau liefert, mit den anderen Lösungen versucht man eben dieses Optimum zu erreichen...(so hab ich es jedenfalls verstanden)
 
Dr Franke Ghostwriter
Da war der Dirk mal wieder schneller...🙂

jo, wie immer 😀

Die optimale Regel ist ein nicht realisierbares Konstrukt, welches in dem Modell das minimale Schadensniveau liefert, mit den anderen Lösungen versucht man eben dieses Optimum zu erreichen...(so hab ich es jedenfalls verstanden)

Richtig, die Optimale Regel, ist rein theoretisch. Sie errechnet das mathematische Minimum der Zielfunktion (Verlustfkt) unter einer Nebenbedingung (Phillipskurve). Und die mathematische Lösung einer quadratischen ZF unter linearer NB ist halt Lagrange (Oder Kuhn-Tucker für die MatheFreaks, die damit schenller zum gleichen Ergebnis kommen.) Damit stellt sich die Frage: Kann durch reales Handeln, durch Politik, dieses Minimum erzielt werden?

Die erste Möglichkeit ist das einfache "Fall-zu-Fall-Handlen", also die diskretionäre Politik. Hier drücken sich private HH und Zentralbank gegenseitig auf eine Inflation größer Null hoch.
(Nach dem Motto: ZB sagt zwar, sie macht Null, ich (als privates WS) weiss aber, besser wären 2%, dann erwarte ich doch mal 2%. Wenn ich aber 2 erwarte, macht Die ZB bestimmt 3%, dann müsste ich halt 3,5 erwarten, damit Die ZB 3,75 macht, was ich dann auch in etwa so erwarten würde.)

Dieses Spiel (ja wir sind in Spieltheorie) zu verhindern oder zumindest den Inflationsdruck zu verringern, ist das Ziel von Regelpolitik, Kontrakt-, Delegations und Reputationslösung. Letzteres zumindest bei unendlichem Zeithorizont.

MfG
Thomas
 
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