• Guten Start ins Wintersemester 2024/2025

Streik der Lokführer

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Komillitonen,

nach dem Hickhack der vergangenen Wochen möchte ich nun doch gerne mal den Stein der Diskussion bezüglich des Lokführerstreiks ins Rollen bringen.

Grundsätzlich habe ich volles Verständnis für Arbeitskampfmaßnahmen, auch wenn ich daraus resultierend Nachteile haben sollte.
Man kann den Bahnern insgesamt also keinen Vorwurf machen, denn das Pseuodargument "...die Fahrgäste haben das Nachsehen..." würde bei Substitution des Wortes Fahrgast durch Kunde bei jedem Streik gelten.
Faktisch trifft man nur dort den Arbeitgeber, wo er Geld verdient, nämlich am Kunden.

Was nun aber die GDL (Gewerkschaft der Lokführer) verlangt ist meiner Einschätzung nach fragwürdig.

Doch zunächst mal ein paar Takte zur Berufgruppe der Lokführer:
Ich habe mal die Homepage der GDL etwas näher unter die Lupe genommen.
Hier finden sich beispielsweise Sprüche wie "Unser Leitsatz seit 1867: Einer für alle, und alle für einen!"
1867 gab es noch Dampfloks, und zu diesen Zeiten wurden die Heizer von den Lokführern wie der letzte Dreck behandelt.
Seit geraumer Zeit sind nun die Lokführer nicht mehr Zugchef und werden auch nicht verbeamtet.

Ferner liest man auf der Seite der GDL über sich selbst:

"Sie hat in den vergangenen Jahren insbesondere in der Tarifpolitik gute und erfolgreiche Arbeit geleistet:
  • Zulagen (Leistungszulagen für Lokomotivführer, Wechselschichtzulage),
  • Arbeitszeitanrechnung (Anwesenheitszeit gleich Arbeitszeit),
  • Fahrentschädigung für Lokomotivführer,
  • Verhinderung von Einkommenseinbußen, wenn Mitarbeiter zwischen den Konzerngesellschaften den Arbeitsplatz wechseln."
Da bewegt sich also bereits seit Jahren etwas.
Nun, plötzlich fällt den Lokführern ein, dass sie mindestens 31% mehr Gehalt wollen.
31%?
Wo kommt eigentlich diese Zahl her?
Tatsächlich fordert die GDL:
  • eine Erhöhung des Entgelts um 100 Euro monatlich,
  • eine Erfahrungszulage für das Fahrpersonal von 50 bis 125 Euro,
  • die Höhergruppierung der Lokomotivführer nach E 5 nach zweijähriger Berufserfahrung,
  • eine Zulage für Sonn- und Feiertagsarbeit von 30 bezie-hungsweise 40 Prozent des Stundenslohns,
  • die Einführung eines ganzen 13. Monatsentgelts und
  • eine Urlaubsgelderhöhung um rund 220 auf 500 Euro.
Faktisch sollte jeder die Gehälter in seiner Berufsgruppe kennen, wenn er dort tätig werden möchte. Wenn ich also den Beruf des Lokführers ergreife, kann ich nicht nach der ersten Lohnabrechnung aus allen Wolken fallen, wenn ich "bloß" 1.500 EUR netto erhalte.
Niemand wird dazu gezwungen Lokführer zu werden...

Der Vergleich mit den Piloten hinkt dermaßen, dass er schon fast peinlich ist.
Piloten absolvieren eine der anspruchsvollsten Ausbildungen, die sie im Regelfall selbst finanzieren müssen und bewegen sich mit ihrem Gerät im dreidimensionalen Raum.
Der Lokführer braucht nicht mal lenken...

Das es Missverhältnisse bei der Entlohnung der Lokführer gibt streite ich nicht ab, aber eine solche Forderung von rund einem Drittel mehr Lohn kann man nicht ernst nehmen.
Hier stellt sich diese Berufsgruppe über alle anderen Bahnmitarbeiter, was nicht zuletzt auch eine Aussage über das dominierende Gedankengut bei den Lokführern ist.

Last but not least ist die Frage danach, wer am Ende die Zeche bezahlen wird schon jetzt ausgemacht, nämlich der Fahrgast.
 
Last but not least ist die Frage danach, wer am Ende die Zeche bezahlen wird schon jetzt ausgemacht, nämlich der Fahrgast.

Leider bin ich bei diesem Thema nicht objektiv, da durch berufliche Pendelei regelmäßige Bahnbenutzerin mit einer Jahresnetzkarte, für die ich nun im August keine Gegenleistung erhalten werde. (Ich werde natürlich versuchen, den entsprechenden Anteil des Preises von der DB wieder zu bekommen, würde mich aber nicht wundern, wenn sie sich auf höhere Gewalt berufen.)

Nachdem ich die Option "Auto" schnell wieder verworfen habe, habe jetzt für die erste August-Woche einen Flug gebucht, da ich es mir nicht leisten kann, wochenlang in Düsseldorf abzuhängen oder - noch schlimmer: gar nicht erst hinzukommen, was bedeutet, kein Geld zu verdienen. Naja, wenn der Streik länger dauert, behalte ich meinen Frequent-Traveller-Status, den ich sonst im kommenden Februar verloren hätte.

Jedenfall stimme ich dem Indianer darin zu, dass die Forderungen der GDL völlig unangemessen sind; letztendlich wird es die Bahn dazu bringen, die Forschungen an dem Projekt "Automatischer Zug" zu forcieren.
 
Dr Franke Ghostwriter
Ich denke, es ist der Preis, der alles weiß.
Der Versuch 31% mehr Lohn zu bekommen ist arbeitskampftechnisch sicher legitim.
Mich stimmt es jedoch nach wie vor nachdenklich, wenn jemand einen Arbeitsvertrag unterschreibt, um dann für seine vertraglich zugesicherte Arbeitsleistung ein exorbitantes Mehrgeld herauszuschlagen.
Die

Der Blick nach links oder recht in andere Branchen ist also relativ sinnlos, denn ich muss sehen was ich letzlich in meinem Beruf herausschlagen kann.

An den letzten Streik der Stadtreinigung kann ich mich noch gut erinnern, vor allem an den Geruch.
Das dürfte einer der Hauptgründe für das (angeblich) hohe Entgeld der Müllwerker sein.

An einen Krankenschwester/ -pleger - Streik kann ich mich nicht erinnern. Vielleicht hat dazu jemand eine Info.

Die Feiertags- u. Nachtfahrten betreffen auch das restliche Zugpersonal, und die wollten keine 31% mehr, obwohl sie sicher auch nicht zu den Großverdienern gehören.

Die nicht allzu hohen beruflichen Anforderungen rücken diesen Aufschlag dann erst recht in ein absurdes Licht.
Fahrregler betätigen, geradeaus gucken, Sifa drücken, Hintern breitsitzen, Sifa drücken...schläft der Lokführer ein, bleibt der Zug automatisch stehen.

Ich glaube eher, dass die illustere Truppe der Lokomotivführer alles andere als unterprivilegiert ist. Sie halten sich für das Rückgrad der Bahn, ohne dass nichts rollt.
Mal sehen, ob der Streik ihnen recht gibt...
 
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