IS:
Warum sinkt der Zins, wenn das Einkommen steigt? Kann mir das einer ohne Formel beschreiben? Ich möchte den Grund wissen.
Hallo Thomas,
beachte zunächst, dass die IS-Kurve Bestandteil des mathematischen Gütermarktmodells ist und sich ihr Verlauf deshalb auch aus mathematischen Folgerungen ergibt, die natürlich auch umgangsprachlich, ökonomisch, formuliert werden können.
Beachte ausserdem, dass die IS-Kurve die i-Y-Kombinationen im
Gütermarktgleichgewicht angibt. Wenn der Gütermarkt nicht im Gleichgewicht ist, sieht der i-Y-Zusammenhang natürlich nicht so aus.
Um den Verlauf der IS-Kurve zu erklären, sind folgende Annahmen des Gütermarktmodells im Gütermarktgleichgewicht notwendig, d.h. ohne diese Annahmen sähe auch die IS-Kurve anders aus.
1. Gütermarktgleichung: Y = C + I + G
Im Gütermarktgleichgewicht ist das Einkommen also genauso groß, wie die Summe aus Konsum C, Investitionen I und Staatsausgaben G.
Hier ist bereits ein wichtiger Zusammenhang für das Verständnis des Verlaufs der IS-Kurve angelegt: Eine Vergrößerung (Verkleinerung) der Investionen führt ceteris paribus zu einer Vergrößerung (Verkleinerung) des Einkommens, d.h. dY/dI > 0
2. Was sind Investitionen? Investitionen sind die Differenz zwischen gewinnmaximierendem, d.h. notwendigem (angestrebtem) Kapital Kopt und vorhandenem Kapital K, d.h. I = Kopt - K.
Hier ist ebenfalls ein wichtiger Zusammenhang gegeben. Je höher (niedriger) Kopt, desto höher (niedriger) die Investitionen. Wenn Kopt steigt (sinkt), dann steigen (sinken) auch die Investitionen.
3. Die Grenzproduktivität des Kapitals ist positiv aber abnehmend (neoklassische Produktionsfunktion Y), d.h. dY/dK > 0 und d2Y/dK2 < 0.
Hier ist ebenfalls eine Wichtige Eigenschaft angelegt. Eine Abnahme (Zunahme) der Grenzproduktivität des Kapitals bedeutet eine Zunahme (Abnahme) des Kapitals.
4. Die Gewinnmaximierungsbedingung der Volkswirtschaft:
Gewinn: G = P * Q = P * Y - W * N - P * i * K
Maximierungsbedingung:
dG/dK = P * dY/dK - P * i = 0 d.h. dY/dK = i
Es wir gewinnmaximierend also so produziert, dass die Grenzproduktivität des Kapitals gleich dem Marktzins i ist, d.h. "umgangssprachlich": Es wird so produziert, dass 1 Geldeinheit Kapital soviel erwirtschaftet (dY/dK), wie 1 Geldeinheit am Geldmarkt kostet (i).
Also nochmal zusammengefasst gilt im Gütermarktgleichgewicht:
1. dY/dI > 0 ........ Mehr (weniger) Investition = Mehr (weniger) Einkommen
2. I = Kopt - K .... Investition = Differenz zwischen Soll- und Ist-Kapital
3. d2Y/dK2 < 0 ... Die Grenzproduktivität des Kapitals nimmt ab
4. dY/dK = i ....... Gewinnmaximierung: Grenzproduktiviät = Grenzkosten
Nun gilt folgende Kettenreaktion ("In Richtung neues Gütermarktgleichgewicht"):
<-> Zins sinkt
<-> Grenzproduktivität des Kapitals dY/dK sinkt ...//wegen 4.
<-> Gewinnmaximales Kapital Kopt steigt ...// wegen 3.
<-> Investionen I steigen ...// wegen 2.
<-> Einkommen Y steigen ...// wegen 1.
Also: Ein sinkender Zins führt cetris paribus (!) im Gütermarktgleichgewicht (!) zum Anstieg der Investitionen und Einkommen und anders herum.
<-> Zins steigt
<-> Grenzproduktivität des Kapitals dY/dK steigt ...//wegen 4.
<-> Gewinnmaximales Kapital Kopt sinkt ...// wegen 3.
<-> Investitionen sinken ...// wegen 2.
<-> Einkommen Y sinken ...// wegen 1.
Also: Ein steigender Zins führt cetris paribus (!) im Gütermarktgleichgewicht (!) zur Abnahme der Investitionen und Einkommen und anders herum.
Liebe Grüße