• Guten Start ins Wintersemester 2024/2025

Gesetzesanalogie

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Habe einige Probleme mit der Gesetzesanalogie (Teil 3 Seite 68/69 Beispielsfall).
In dem genannten Beispiel wird ja von einer Partnervermittlungsagentur ausgegangen. Dass in diesem Fall unter Einbeziehung des § 656 BGB eine planwidrige Gesetzeslücke vorliegt sehe ich ein. Womit ich Probleme habe ist, hier eine Analogie herzustellen. § 656 BGB regelt ja Heiratsvermittlungen. Für mich steht eine Partnervermittlung auf einer niedrigeren Stufe als eine Heiratsvermittlung. Ich würde also hier keine Analogie vermuten...
Das Skript kommt im Ergebnis jedoch auf eine Analogie.

Kann mir das jemand etwas verdeutlichen? Genügt für die Analogie eine gewisse Ähnlichkeit der Tatbestände?

LG und schon mal
 
Man bräuchte ja keine Analogie wenn die ursprüngliche Vorschrift schon 100% passen würde.

Selbstverständlich ist hier immer ein gewisser Wertungsspielraum welche Vorschrift ähnlich genug ist, um sie analog anwenden zu können. Anhaltspunkt ist immer die Interessenlage bei den Parteien. Ist diese vergleichbar, ist die Vorschrift für eine Analogie geeignet.
 
Aber wie erkenne ich denn ob eine Vorschrift als ähnlich genug gewertet werden kann oder nicht?

Des weiteren wundert mich bei dem vorliegenden Fall auch, dass A die Zahlung einfach verweigern kann nur aufgrund dessen, dass dem A die Vorschläge nicht gefallen? Eine Leistung wurde ja trotzdem erbracht?
 
Ich hab den Fall nicht deswegen kann ich dazu nichts sagen.
Wie gesagt, es hängt immer von der Interessenslage ab. Offensichtlich hat jemand der eine Frau zum heiraten vermittelt haben will und derjenige, der eine Frau als Partnerin vermittelt haben will gegenüber dem Vermittler die gleiche Interessenslage. Ach keine Sorge, das lernt man mit der Zeit welche Vorschriften man analog anwenden kann.
 
Na, dann bin ich ja beruhigt... 😉 Danke!

Ach, irgendwie fällt mir diese Auslegung auch total schwer!

Gerade z.B. beim Abschlussfall zur Auslegung (Teil 3, S. 55). In dem geschilderten Fall geht es eine Vorstandswahl. M und V stehen zur Wahl, acht Mitglieder erscheinen. Einer enthält sich, drei stimmen für M, vier für V. V sieht sich als neuer Vorsitzender, M bezweifelt dies. Nun zieht das Skript hier § 32 BGB zu Rate, in dem laut Skript die Mehrheit der erschienenen Mitglieder behandelt wird.
Lese ich nun den Gesetestext nach, so wird hier jedoch auf die Mehrheit der abgegebenen Stimmen verwiesen. Das Skript diskutiert nun lange über die Bedeutung des Wortes "erschienenen" und wie in Folge dessen die Enthaltung gewertet wird, ob nun V Vorsitzender wird, oder nicht.
Mir hätte sich diese Frage jedoch überhaupt nicht gestellt, das Gesetz spricht ja von der Mehrheit der abgegebenen Stimmen und demnach wäre V neuer Vorstand?
Ist das Skript einfach nur veraltet (Gesetzesänderung?) und somit der ganze Diskussionsstrang unnötig?
 
Hallo Zusammen!

Habe einige Probleme mit der Gesetzesanalogie (Teil 3 Seite 68/69 Beispielsfall).
In dem genannten Beispiel wird ja von einer Partnervermittlungsagentur ausgegangen. Dass in diesem Fall unter Einbeziehung des § 656 BGB eine planwidrige Gesetzeslücke vorliegt sehe ich ein. Womit ich Probleme habe ist, hier eine Analogie herzustellen. § 656 BGB regelt ja Heiratsvermittlungen. Für mich steht eine Partnervermittlung auf einer niedrigeren Stufe als eine Heiratsvermittlung. Ich würde also hier keine Analogie vermuten...
Das Skript kommt im Ergebnis jedoch auf eine Analogie.

Kann mir das jemand etwas verdeutlichen? Genügt für die Analogie eine gewisse Ähnlichkeit der Tatbestände?

LG und schon mal Danke!

Analogieschlüsse sind auch keine Wahrheiten, sondern Rechtsanwendung von Auslegungsergebnissen, die mitunter streitig sind (es gibt aber auch unstreitige). Der BGH hat § 656 für Eheanbahnungsverträge (BGHZ 87, 309) und für Partnervermittlungsverträge (BGHZ 112, 122) angewendet. Die Anwendung auf Partnervermittlungsverträge ist sehr streitig.

Wichtig ist, dass Du weisst, was für einen Analogieschluss zu prüfen ist (Regelungslücke + Planwidrigkeit + vergleichbare Interessenlage in der geregelten und der nicht geregelten Konstellation nach Normzweck). Inbesondere der Vergleich der Interessenlagen ist reine Auslegung und eine Frage der Argumentation entlang des konkreten Sachverhalts.

Liebe Grüße
 
Dr Franke Ghostwriter
Na, dann bin ich ja beruhigt... 😉 Danke!

Ach, irgendwie fällt mir diese Auslegung auch total schwer!

Gerade z.B. beim Abschlussfall zur Auslegung (Teil 3, S. 55). In dem geschilderten Fall geht es eine Vorstandswahl. M und V stehen zur Wahl, acht Mitglieder erscheinen. Einer enthält sich, drei stimmen für M, vier für V. V sieht sich als neuer Vorsitzender, M bezweifelt dies. Nun zieht das Skript hier § 32 BGB zu Rate, in dem laut Skript die Mehrheit der erschienenen Mitglieder behandelt wird.
Lese ich nun den Gesetestext nach, so wird hier jedoch auf die Mehrheit der abgegebenen Stimmen verwiesen. Das Skript diskutiert nun lange über die Bedeutung des Wortes "erschienenen" und wie in Folge dessen die Enthaltung gewertet wird, ob nun V Vorsitzender wird, oder nicht.
Mir hätte sich diese Frage jedoch überhaupt nicht gestellt, das Gesetz spricht ja von der Mehrheit der abgegebenen Stimmen und demnach wäre V neuer Vorstand?
Ist das Skript einfach nur veraltet (Gesetzesänderung?) und somit der ganze Diskussionsstrang unnötig?

Das ist ein "Klassiker", siehe BGHZ 83, 35. Ja es gab eine Gesetzesänderung! Bis 30.09.09 stand in § 32 I 3 BGB noch "...entscheidet die Mehrheit der erschienenen Mitglieder". Seit dem 30.09.09 steht da "...entscheidet die Mehrheit der abgegebenen Stimmen". Die Auslegung durch Rechtsprechung hat also ihren Weg ins Gesetz gefunden.

Hier auch die alte Fassung, auf die sich das Skript bezieht: https://lexetius.com/BGB/32

Liebe Grüße
 
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