• Guten Start ins Wintersemester 2024/2025

ebay-Rechtsproblem

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ebay-Rechtsproblem

Fall:

V führt bei ebay eine Auktion durch, K gewinnt die Auktion durch Abgabe des Höchstgebotes i.H.v. 100 €.

Im Angebotstext schrieb V, daß sich der Kaufpreis um zusätzliche 2% erhöhen soll, wenn der Käufer die als Bezahlungsmethode angebotene Paypal-Zahlung nutzt, womit der Käufer auch mit seiner Kreditkarte bezahlen kann. K hatte dies vor der Abgabe seines Gebotes gelesen, nicht widersprochen und sein Höchstgebot abgegeben.

K und V hatten sich - so wie jeder registrierte Nutzer des ebay-Marktplatzes - bei ihrer Registrierung per AGB-Einverständniserklärung dazu verpflichtet, mit Verkaufsangeboten nicht gegen die ebay-Grundsätze zu verstoßen. Die ebay-AGB regeln dabei zwar "interne Konsequenzen" bei Verstößen, wie etwa "Verwarnungen", sie bestimmen jedoch keine Rechtsfolgen für solche Verstöße, welche die Parteien selbst und deren Vertrag betreffen, etwa daß derjenige, der gegen einen Grundsatz verstößt sich bereits vorab dazu bereit erklärt, in eine Vertragsauflösung einzuwilligen o.ä.

Der ebay-Grundsatz zu Gebühren für Kreditkartenzahlungen lautet: "Verkäufer dürfen bei der Annahme einer Zahlung durch Kreditkarte keine Gebühr - den so genannten Kreditkartenaufschlag - erheben. Dieser Aufschlag würde dem Käufer weitere Kosten verursachen."

Frage: Wurde die Klausel im Angebotstext (Erhöhung des Kaufpreises um 2% bei Kreditkartenzahlung) wirksamer Bestandteil des Kaufvertrags ? Wieviel muß K an V bezahlen ? Können K oder V sich irgendwie vom Vertrag lösen ?
 
Der Vertrag kam zwischen Verkäufer und Käufer zustande. Sofern die Klausel den Anforderungen der §§ 305 ff. BGB genügt, ist das okay ...

Davon zu unterscheiden ist die Rechtsbeziehung zwischen dem Verkäufer und Ebay. Hier kann es rappeln in der Kiste
 
Ja, da hast Du wohl recht. Der Vertrag besteht zwischen Käufer und Verkäufer.

Aber was ist sein Inhalt ?

Ich nehme noch ein weiteres Beispiel: Der Verkäufer schreibt im Angebotstext, daß er sich "bei Nichtabnahme" vorbehält, 50% des Kaufpreises als "Schadensersatz" zu fordern.

Liegt in einem solchen Fall die Vereinbarung einer Vertragsstrafe vor oder läßt der Mausklick des Käufers, mit dem er seinen Willen äußert, nur den Kaufvertrag entstehen - mit entsprechend den essentialia negotii Kaufgegenstand und Kaufpreis ?

M.a.W.: Kann etwas zum Vertragsinhalt werden, was irgendwo in der Artikelbeschreibung steht oder bewirkt der Mausklick nur das Zustandekommen eines Kaufvertrags über den Kaufgegenstand, der in der Artikelbeschreibung näher beschrieben wird ?

Oft liest man ja auch in der Artikelbeschreibung, daß die Gewährleistung ausgeschlossen wird - wird auch das überhaupt zum Vertragsinhalt ?

Du meinst, zusätzliche Inhalte müssten an den §§ 305 ff. gemessen werden ? Dann müssten aber überhaupt AGB vorliegen, § 305 I 1, "für eine Vielzahl von Verträgen vorformuliert". Das dürfte beim Einzelverkauf eines Privatverkäufers häufig nicht der Fall sein. Ich denke, daß in diesen Fällen eher eine Individualabrede gem. § 305b vorliegt - sofern es denn eine Abrede ist und nicht nur die einseitige Vorstellung des Verkäufers, in die der Käufer nicht eingewilligt hat.

Ist wohl eher eine Frage der Auslegung des Vertragsangebots - es käme dann also (auch) auf das Verständnis eines objektiven Dritten an ?
 
Dazu Details:

Diese (nur intendierten ?) Zusatzvereinbarungen befinden sich jeweils in dem Abschnitt, der mit Artikelbeschreibung überschrieben ist.

In so einem Abschnitt würde man erst mal keine Zusatzvereinbarungen erwarten, sondern eben Details wie Alter, Zustand, Besonderheiten etc. - man würde so etwas eher unter der Überschrift zusätzliche Vereinbarungen erwarten, die es aber nicht gibt.

ebay beschreibt selbst:

"Beschreibung – Dieser Abschnitt enthält eine Beschreibung der angebotenen Artikel sowie zusätzliche Abbildungen, die vom Verkäufer eingestellt wurden. Manche Verkäufer geben in diesem Abschnitt auch Versand- und Zahlungsbedingungen oder andere Konditionen an."

Diese Erläuterung findet man aber in dem riesigen ebay-Hilfe- und Informationsdschungel wirklich nur, wenn man ganz genau sucht.

Gleichzeitig wird man aber schon erwarten können, daß der Käufer sich die wesentlichen Angaben zum Angebot durchliest, bevor er bietet. Die Überschrift kann durchaus unerhebliche Falschbezeichnung sein. Ist der Text, der auf die Zusatzvereinbarung hinweist ohne weiteres erkennbar, dann dürfte er wohl auch zum Vertragsinhalt werden - nicht so, wenn sich eine Klausel kleingedruckt irgendwo zwischen Seite 59 und 60 versteckt ?

Vermutlich hängt die Lösung nur an der Auslegung der Willenserklärungen nach § 157 - wie also ein vernünftig denkender Dritter die Erklärung nach Treu und Glauben verstehen mußte.

Im Ausgangsfall war die Klausel zur Preiserhöhung bei Kreditkartenzahlung deutlich und leicht erkennbar. Der Käufer mußte also bei Anwendung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt zumindest wissen, daß die Erklärung des Verkäufers neben dem Kaufvertrag auch auf den Abschluß einer Zusatzvereinbarung zielt. Mit Gebotsabgabe nahm er ein Angebot dieses Inhalts an, die Klausel ist damit wirksam vereinbart.


Wie bei der zweifelhaften Vertragsstrafenklausel ? ("Bei Nichtabnahme verlange ich 50% des Kaufpreises als Schadensersatz", nehmen wir wieder einen Kaufpreis von 100 €)

Zwei Unterfälle: (1) Der Käufer kennt die Klausel, will sie nicht, bietet aber dennoch - (2) der Käufer kennt die Klausel nicht, weil er nicht genau hinsieht (oder das anschließend jedenfalls behauptet ...), obwohl die Klausel leicht erkennbar gewesen wäre.

Im ersten Fall wird er wohl auch in das Versprechen der Vertragstrafe engewilligt haben ?

Kann man im zweiten Fall bei der Treu-und-Glaubenabwägung die Wertung des § 309 Nr. 5 oder 6 heranziehen (obwohl hier gerade keine AGB-Kontrolle stattfinden kann) ?
 
Dr Franke Ghostwriter
Es ist wünschenswert, daß die §§ 305 ff. BGB auch auf Verträge anwendbar sind, die - etwa bei ebay - zwischen Verbrauchern geschlossen werden. Die tatbestandliche Voraussetzung in § 305 I BGB ("für eine Vielzahl von Verträgen") schließt diese Fälle jedoch aus - mit zweifelhafter Rechtfertigung.

Insgesamt gefällt es mir überhaupt nicht, daß man dieses Problem nicht mit den AGB-Vorschriften lösen kann. Diese wären ideal für die Inhaltskontrolle geeignet - sie sind aber bei einem Vertrag zwischen zwei Verbrauchern bei einer ebay-Auktion vermutlich nicht anwendbar ?

§ 305 I verlangt, daß der Vertragstext "für eine Vielzahl von Verträgen" gedacht ist. Faustregel sind mindestens drei Verträge. Bei ebay soll aber regelmäßig nur ein einziger Vertrag geschlossen werden - zwischen dem Anbieter und dem Höchstbietenden 🙁

Alle anderen Voraussetzungen liegen dagegen vor. Die Klauseln zu Vertragsstrafe oder zusätzlichen Kosten sind Vertragsbedingungen, nicht bloße Widergabe der Rechtslage oder unverbindliche Information. Sie sind auch vorformuliert und gestellt.


Man kann natürlich "hilfsweise" die Wertungen der §§ 305 ff. bei der Auslegung nach § 157 heranziehen - aber das sieht immer ein wenig aus wie die Anwendung der § 305 ff. "durch die Hintertür, also gegen den Willen des Gesetzgebers ...


Fällt irgend jemand ein Kniff ein, wie man doch zur Anwendung des § 305 I kommt ?

Ehrlich gesagt verstehe ich nicht den Sinn, der hinter dieser Voraussetzung ("für eine Vielzahl von Verträgen") steckt. In der EG-RL 93/13 wird jedenfalls nicht darauf abgestellt. Dort kommt es grob gesagt nur darauf an, daß eine Klausel vorliegt, die im Voraus abgefasst wurde - daß also keine Möglichkeit bestand, über die Klausel zu verhandeln. Allerdings regelt die Richtlinie auch nur die Rechtsbeziehungen zwischen Unternehmer und Verbraucher - setzt also (in der Theorie) ein gewisses Verhandlungsungleichgewicht voraus. Das dürfte bei einer ebay-Auktion wiederum nicht gegeben sein - der Bieter hat meist die Auswahl zwischen hunderten von ähnlichen Angeboten bei anderen privaten Anbietern. Das Argument des Machtungleichgewichts wird zur Begründung des AGB-Rechts oft herangezogen - gleichzeitig gilt das AGB-Recht unabhängig davon, ob ein solches Ungleichgewicht tatsächlich besteht, etwa wenn es einen gut funktionierenden Markt mit vielen Konkurrenten und gleichwertigen Angeboten gibt. Auch in gut funktionierenden Märkten "unterwerfen" sich Kunden widerspruchslos beim Vertragsschluß den AGB - und geniessen dennoch im Streitfall den Schutz des AGB-Rechts - ohne den Nachweis führen zu müssen, sie hätten sich in der Position des Schwachen befunden. Von daher muß man dieses Argument auch beim ebay-Geschäft zwischen Verbrauchern nicht unbedingt heranziehen ?

Kern des tatsächlichen Problems bleibt doch: Der Bieter hat auf der ebay-Plattform keine Möglichkeit, die Vertragsklauseln, die der Anbieter in seine Angebotsbeschreibung eingebracht hat, abzuändern. Er kann nur "ja" oder "nein" sagen - ist es nicht auch Sinn und Zweck des AGB-Rechts, gerade den Vertragspartner zu schützen, der "ja" sagte und sich damit auch eine unzumutbare Klausel mit eingehandelt hat ? Das Argument, er hätte ja auch nein sagen oder schweigen können, zieht hier ja auch nicht - denn dann wären die gesamten §§ 305 ff. schlicht überflüssig ...

Viel schwerweigender als das Ungleichgewichtsargument ist doch, daß die §§ 305 ff. eine Inhaltskontrolle ermöglichen, wenn ein Vertragspartner durch eine Vertragsklausel unbillig benachteiligt wird. Was mit "unbillig" konkret gemeint ist, dafür enthalten die AGB-Vorschriften ganz konkrete "Argumentationshilfen" für den Rechtsanwender.

Wo also ist der tatsächliche Unterschied für den Verbraucher, ob er nun ein Fernsehgerät in einer ebay-Auktion kauft, bei der der Anbieter im Vertragstext die unbillige Vertragsstrafenklausel einbringt - oder ob er den Fernseher im Onlineladen des Onlinehändlers kauft, der die selbe Klausel über die Einbeziehung seiner AGB - ebenso nachvollziehbar und deutlich lesbar - einbringt. Der Kern ist doch nicht, ob der eine Unternehmer und der andere kein Unternehmer ist, sondern es geht doch darum, daß die Klausel in beiden Fällen unbillig ist ... . Im einen Fall soll ein weitgehender Schutz durch die AGB-Vorschriften möglich sein, im anderen vergleichbaren Fall jedoch ein vile weniger weit reichender Schutz über die Generalklauseln - die Rechtfertigung leuchtet mir nicht ein.

Nehmen wir den Fall, daß der ebay-Anbieter (Verbraucher) die selbe Klausel verwendet wie ein gewerblicher Onlineshop. Soll also ernsthaft der Unternehmer nur deshalb schlechter gestellt sein, weil er Unternehmer ist - warum werden nicht beide klauseln gleichermaßen unwirksam, weil sie eben unbillig sind ? Und erweitern wir den Fall: Der ebay-Anbieter (Verbraucher) kopiert sich nun 1:1 die Klausel aus dem Onlineshop einer Unternehmers. Dann wird die Klausel auch des Verbrauchers plötzlich für die AGB-Vorschriften zugänglich, weil die Klausel bereits beim "Urheber" für eine Vielzahl von Verträgen gedacht war. Warum soll es aber ernsthaft gerade darauf ankommen, wer eine Klausel formuliert hat und was jemand mit dieser Klausel anstellen wollte - anstatt daß es einfach auf die Billigkeit ankommt - mal abgesehen von der Beweislast - "beweisen Sie, daß Unternehmer X gerade diese Klausel für eine Vielzahl von Verträgen angedacht hatte".

Ich halte dieses Kriterium für recht blödsinnig - oder kennt jemand eine sinnvolle Rechtfertigung für die erforderliche "Vielzahl von Verträgen" ?!
 
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