Spiegel: Prekäre Aussichten für Volljuristen

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Alles was ich hier lese, kann mein Cousin wohl bestätigen. Ich fange mal an seinen Lebenslauf wiederzugeben zu gut wie ich das kann:

VWL angfangen zu studieren (die Welt war noch in Ordnung) schnell gemerkt das er mit Mathe garnicht klar kam, abgebrochen! Danach überlegte er sich welches Studienfach kein Mathe beinhaltet. Jura! Angefangen zu studieren, studieren, studieren. Ich weiß nicht genau viel viel Jahre genau aber sehr lange! Bafög bezogen. Durchgefallen, ich glaube sogar mehrfach. Gelesen hatte ich jedoch später, dass es scheinbar sehr normal ist wenn man als Jura Student 1 bis 2 durchfällt.

Irgendwann bestanden. Fertig! Aufgrund der Länge des Studiums, hohe Schulden gemacht. Ich kenne die Zahl, möchte sie hier aber nicht angeben. Großer fünf stelliger Betrag der zurückgezahlt werden möchte! Danach umgehend Arbeitsamt, Banken und Sparkassen und Existenzgründungsgespräche gesucht, überall Absage.
Arbeitsamt sagt: Sie sind gerade erst fertig. Förderung gibt es zumindestens so schnell nicht. Banken und Sparkassen zwecks Kredit angefragt. Nein! Gerade erst Fertig, hohe Schulden, Selbststädnig, kein geregeltes Einkommen. Abgelehnt! Und nun schon am Ende bevor Angefangen!

Glück, wenn man es so nennen darf, hatte er da in einer Gemeinschaftspraxis jemand ausgetreten ist, diesem Platz wurde ihm angeboten! Jedoch auch mit Äußerungen wie: "Du kannst hier rein aber......... musst die Sekretärin mitfinanzieren, Miete für dein Büro" etc. Er sagt, er habe Fixkosten von etwa 900 Euro monatlich die erstmal erwirtschaftet werden müssen. Eine Sekretärin brauch erst voerst eigentlich nicht. genauer Wortlaut: "Das bisschen Scheiß kann ich auch alleine machen". Kaum Klienten, kaum Aufträge. Wenn Aufträge vorhanden sind das undankbare Gerichtskostenbeihilfe Kandidaten 700 Euro für ein halbes Jahr Arbeit. Viele der wenigen Klienten zahlen garnicht.

Nun sagte er mir, lieh er sich schon Geld von seiner Mutter um überhaupt über die Runden zu kommen. Irgendwie tut er mir schon richtig leid. Da geht es einen einfacher Arbeiter in einem normalen Beschäftigungsverhältnis, tausendmal besser.

Gruß Daniel
 
Ähnliche Lebensläufe kenne ich auch.

Ich bin mir allerdings nicht sicher, ob das nicht auch - in u.U. etwas abgeschwächter Form - auf BWL-Studenten zutrifft.
Das sind halt häufig Studiengänge die gewählt werden, wenn man sich für nichts wirklich entscheiden kann.
Man kann als Jurist sicherlich ein gutes Auskommen haben, wenn man sich spezialisiert, sich auf seinem Gebiet sehr gut auskennt und immer up-to-date bleibt. Ich glaube, dass die Zeit des Allround-Juristen, der ein bisschen Wettbewerbsrecht, ein bisschen Familien- und Erbrecht, etwas Straßenverkehrsrecht und noch ein klein wenig Zivilrecht vorbei ist.
Dazu sind die einzelnen Gebiete zu komplex, als das eine Person von allem wirklich Ahnung haben könnte.

Ich wünsche deinem Cousin in jedem Fall, dass er bald beruflich richtig Fuß fasst, seine Schulden abbezahlen kann und meiner seiner Tätigkeit zufrieden ist. Ich kann mir sehr gut vorstellen, dass das ein sch... Start ins Berufsleben ist.
 
Ich habe andere "Erfahrungen" gemacht. Während meines Präsenzstudiums (Staatsexamen) kam ich mit 4 Ladies ganz gut klar, wir haben zusammen Arbeitsgemeinschaften gehabt und auch in den Vorlesungen nebeneinander gesessen.Wenn ich ihre Namen nun in xing.com eingebe, haben 2 einen Doktortitel, eine davon arbeitet in einer internationalen Kanzlei in Brüssel, eine ist Richterin beim LG Düsseldorf, eine ist in einer großen Wirtschaftsprüfergesellschaft angestellt und die andere in einer mir unbekannten Kanzlei. Die Namen der Mitstudenten, die ich mir aus dem Repetitorium bei Hemmer merken konnte, haben auch alle Jobs, teilweise in namenhaften Großkanzleien gefunden. (Oh Gott, fühle ich mich jetzt als Versager). Aber wie gesagt, ich habe keinen persönlichen Kontakt mehr, sondern habe das alles nur aus dem Internet (xing.com) heraus gelesen. Von daher habe ich "Erfahrungen" in Anführungszeichen gesetzt.
 
Ausnahmen bestätigen d. Regel. Der Artikel im Spiegel erscheint mir nicht überzogen. Sehe den LBB-Studiengang als neue Chance an.Bekanntlich gibt es viele unterschiedliche Wege, die zum Ziel führen.
 
Ihr müsst euch auch von dem Gedanken lösen, dass der Studiengang euren Lebensweg zeichnet. Es kommt auf die Person an, das lässt sich nicht weg diskutieren.
Was heute im Spiegel steht mag Bullshit sein, wenn ihr den Abschluss habt. Und in der Wirtschaftswoche stand erst vor einigen Wochen, dass Juristen (öD/Unternehmen) bald ganz oben auf der Liste der Gefragten stehen.
 
ich gebe Izyy vollkommen Recht. Man muss schauen, wo sich in einem sich ausdifferenzierendem Arbeitsmarkt eine Lücke findet und man muss eben frühzeitig schauen. Viele meiner Jurakollegen von der Uni haben so vor sich hingeträumt und viele haben dann einen Realitätsschock bekommen. Meiner Meinung nach könnte das den Studierenden dder FU nicht zwingend passieren, da wohl die überwiegende Mehrheit bereits einen Beruf gelernt und in einem festen Arbeitsverhältnis steht, also Lebenserfahrung hat, und daher die Dinge unter einem anderen Blickwinkel betrachtet werden als von dem/der Abiturient(in), die frisch auf der Uni ankommen und nach 7 Jahren Ausbildung auf den Arbeitsmarkt losgelassen werden und dann von der harten Realität desillusioniert werden.
 
hmm merkwürdig, Spiegel Online wird in den letzten Tagen ja geradezu überrollt von Artikeln, die sich mit den sicherlich vorhandenen Problemen angehender oder fertiger (Staatsexamens-)Juristen beschäftigen. Die haben wohl ne kleine Charme-Offensive ausgerufen..
 
Ich habe den Artikel mal mit einem Kollegen besprochen. Sicherlich ist da was dran, jedoch merkt man, dass auch im Rechtsberatungsmarkt unterhalb der Großkanzleien wieder Bewegung gekommen ist. Der ÖD schreibt wieder aus und auch viele Unternehmen suchen nach Volljuristen, aber nur, wenn man wenigsten 2 befriedigende Examina mitbringt. Steht zumindest so in den Anzeigen. Aus dem Umkehrschluss könnte man folgern, dass wohl nur die Juristen eine Wohnzimmerkanzlei betreiben, die eben schlechter qualifiziert sind und außer Jura nix anderes gemacht haben.

Dies wiederum bestätigt meine These, dass man Recht und Wirtschaft miteinander verknüpfen sollte, um nicht eben nur auf Jura angewiesen zu sein.
 
Daniel,

wenn Dein Cousin die Zeichen der Zeit erkannt hat, dann schaut er sich schnleunigst um. Wohl oder Übel in den sauren Apfel beißen und einigen Kopmetenzen hinzuerwerben (BWL an der FU bspw.). Ich wünsche ihm alles Gute dabei!
 
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