Selbsterstellte Prüfungsschemata BGB I

Dr Franke Ghostwriter
Kommilitoninnen und Kommilitonen,

ich habe in den letzten Wochen aus den mir zur Verfügung stehenden Quellen (z.B. Kurseinheiten, Lehrbücher, Internet) einige BGB I Prüfungsschemata "zusammengebastelt", die mir in der Klausur als "Leuchttürme" den Weg durch das raue und gefährliche Klausurgewässer weisen sollen. Ich möchte sie Euch an dieser Stelle gerne zur Verfügung stellen.

Wenn ihr die Schemata verwendet, dann bedenkt bitte folgendes:

Genauso wie ein Leuchtturm hat ein Prüfungsschema lediglich eine Orientierungsfunktion. Ein Prüfungsschema ist daher nur eine Gedankenstütze und kein Rezept für eine Falllösung, das zwangsläufig zu einem (guten) Ergebnis führt, wenn man es nur genau anwendet. Ein Prüfungsschema ist zu grob und unvollständig, um als Rezept für die Erstellung eines Gutachtens gelesen zu werden.

Es wird Euch beispielsweise auffallen, dass die verwendete Symbolik, also die Nummern, Buchstaben und Pfeile, sowie deren Abfolge im Schema, semantisch nicht definiert sind und auch nicht einheitlich verwendet werden. Ob eine Folge von Pfeilen nun also als Konjunktion oder Disjunktion von Prüfstationen zu verstehen ist oder es sich nur um einen Hinweis handelt, wird aus der Struktur eines Schemas nicht deutlich.

Weiterhin vereinfacht ein Schema. Beispielsweise gibt es Tatbestände, deren rechtliche Bedeutung strittig ist, die in meinem Schema aber ohne Streit bewertet sind (z.B. Kalkulationsirrtum ist kein Anfechtungsgrund). Genauso wenig bildet ein Schema Schwerpunkte, die stärker beachtet werden müssen als andere, so wie es bei der rechtlichen Bewertung eines Sachverhalts aber oft der Fall ist. Die Unterscheidung zwischen "problematisch" und "unproblematisch" kennt ein Schema nicht, weil es von den Tatbeständen eines konkreten Sachverhalts abstrahiert.

Ein Prüfungsschema enthält auch keine oder nur wenige Definitionen, die für die gutachterliche Beantwortung von Rechtsfragen zu einem Sachverhalt aber notwendig sind.

Die Schemata sind lediglich dafür da, einem verständigen BGB I Studenten Unterstützung zu geben und nicht dafür gedacht, eine Anleitung für die Lösung einer Fallfrage zu einem Sachverhalt zur Verfügung zu stellen.

Liebe Grüße
 

Anhänge

sehr geiles Schema. Ich denke aber, dass Anmerkungen und Ergänzungen in deinem und unser aller Sinne sind.

Mir ist beim Zugang der Willenserklärung der Punkt 2c aufgefallen. Du schreibst, dass der Erklärungsempänger von der Erklärung tatsächlich Kenntnis genommen hat. Anmerken möchte ich, dass die Kenntnisnahme nicht erforderlich ist. Es reicht aus, dass der Empfänger die Möglichkeit der Kenntnisnahme hat (Punkt 2b)

Ganz lieben Gruß

Nala
 
Nala,

das stimmt, aber das Schema fordert auch nicht, dass tatsächliche Kenntnisnahme erforderlich ist, d.h. man darf das Schema an dieser Stelle nicht in diesem Sinne verstehen, sondern in einem anderen:

Klar, der Zugang ist erfolgt, wenn die Willenserklärung den räumlichen und zeitlichen Machtbereich des Empfängers erreicht hat und dieser bei Annahme normaler Umstände die Möglichkeit der Kenntnisnahme hatte. Das ist die Definition von Zugang, zumindest für empfangsbedürftige Willenserklärungen unter Abwesenden.

Das ist aber in meinem Bild nur eine hinreichende Bedingung, d.h. Zugang ist (zeitlich) spätestens dann erfolgt, wenn diese Bedinung erfüllt ist. Das schließt aber nicht aus, dass eine zeitlich frühere tatsächliche Kenntnisnahme, den Zugang schon früher erfolgen lässt. Die tatsächliche Kenntnisnahme spielt also dann eine Rolle, wenn sie zeitlich vor dem Zeitpunkt erfolgte, zu dem der Zugang nach Definition erfolgt ist.

Beispiel: Jemand will seinen Mietvertrag kündigen und wirft den Kündigungsbrief am Montag 20:00 Uhr in den Hausbriefkasten seines Vermieters. Zugang erfolgt nach der Zugangsdefinition am Dienstag. Wenn der Vermieter allerdings am Montag um 22:00 seinen Briefkasten leert und die Kündigung tatsächlich noch am Montag zur Kenntnis nimmt, dann ist der Zugang in meinem Bild bereits am Montag zu dem Zeitpunkt erfolgt, in dem der Vermieter den Brief tatsächlich zur Kenntnis genommen hat.

Du erkennst: Eine tatsächliche Kenntnisnahme vor dem Zugang gemäß Definition könnte Bestandteil des Sachverhalts sein und dann könnte die tatsächliche Kenntnisnahme den Zeitpunkt des Zugangs "vorverlegen". Könnte bedeutet, dass das nicht unbedingt so sein muss, man kann auch zu einem anderen Ergebnis kommen. Diese Sache ist mitunter strittig aber diskutabel. Wenn der Sachverhalt die tatsächliche Kenntnisnahme vor dem Zugang nach Definition legt, dann ist das zumindest ein Sachverhaltsbestandteil, den der Aufgabensteller wahrscheinlich absichtlich eingebaut hat und deshalb in die Lösung einbezogen werden sollte.

In meinem Schema ist die tatsächliche Kenntnisnahme also nicht als notwendige Voraussetzung für Zugang zu verstehen, sondern als Gedankenstütze, dass Zugang auch über die tatsächliche Kenntnisnahme erfolgen kann und Relevanz bekommt, wenn sie zeitlich vor dem Zugang nach Definition erfolgte.

Liebe Grüße
 
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