Problem Vertretung /Geschäftführung OHG

Dr Franke Ghostwriter
Problem:Vertretung /Geschäftführung OHG

Hallo alle zusammen,

ich sitze gerade an einem Fall und komme ins Stocken:
Bei einer OHG haben die Gesellschafter A und B Gesamtgeschäftsführung und -vertretung.
Nun handelt B alleine und konnte aber wegen Gefahr in Verzug alleine handeln. Damit hat er Geschäftsführungsbefugnis in diesem einen Fall.
Die Vertretungsmacht fehlt ihm doch für ein alleiniges Handeln, oder?

Also hatte er Geschäftsführungsbefugnis (Innenverhältnis), aber keine Vertretungsbefugnis (Außenverhältnis).
Sehe ich das denn richtig so?
Konnte B denn nach innen handeln, nach außen gegenüber Dritten hat er aber dann keine Vertretungsmacht (s. § 177 BGB)?
Vielleicht kann mir ja jemad helfen?😉

Viele Grüße, Nicoletta
 
Nicoletta,
wenn ich dich richtig verstehe, wurde im Gesellschaftsvertrag festgelegt, dass nur A und B gemeinsam die Geschäftsführung zusteht (iSv 115 II HGB). Ist das richtig?

Die Geschäftsführungsbefugnis besagt, dass ein Geschäftsführer im Innenverhältnis der Gesellschaft, also den anderen Gesellschaftern gegenüber, berechtigt ist, ein Geschäft auszuführen.

Die Vertretungsmacht ist hingegen die Berechtigung, die Gesellschaft nach außen hin wirksam zu vertreten, so dass Dritten gegenüber Verbindlichkeiten der Gesellschaft begründet werden.
Geschäftsführungsbefugnis und Vertretungsmacht fallen meist zusammen und so ist das auch hier.

Da Gefahr in Verzug war, konnte B auch ohne Zustimmung des A wirksam nach außen handeln (s. §115 II HGB: "es sei denn").
§ 177 BGB ist daher mE gar nicht anzuwenden.

Hoffe, ich konnte dir weiterhelfen

Gruß
Gisa
 
Gisa,
vielen Dank für deine Antwort.
Muss aber noch mal nachfragen:
Die Regelung in § 115 II HGb, dass jemand der eigentlich Gesamtgeschäftsführungsbefugnis bei Gefahr in Verzug auch alleine handeln kann, bezieht sich doch nur auf die Geschäftsführung (also das Innenverhältnis). Eine dem § 115 II ähnliche Regelung fehlt doch in §§ 125 ff. HGB bezüglich der Vertretungsmacht. Daher hätte er um nach außen wirksam handeln zu können, gemeinsam mt dem anderen Gesellschafter handeln müssen. Hat er aber nicht und dann bin ich wieder bei § 177 BGB.
Was meinst du oder vielleicht auch andere dazu.
Viele Grüße, Nicoletta
 
Auch wenn die Frage schon etwas her ist, würde mich auch das richtige Ergebnis interessieren. Ich habe auch etwas Schwierigkeiten damit, die Geschäftsführungsbefugnis und die Vertretungsbefugnis in einem Sachverhalt auseinander zu dröseln.

Ich würde es hier genauso sehen wie Nicoletta. Dass die Gesamtgeschäftsführungsbefugnis durch Gefahr im Verzug auf die alleinige Handlungsmöglichkeit schrumpft (§ 155 II HGB) heißt doch nicht gleichsam, dass die Gesamtvertretung nach außen plötzlich auch nur für einen alleine möglich ist, oder?

Vielleicht können wir die Frage nach einem Jahr noch einmal aufleben lassen?!

Hier im BoL-Bereich ist es sowieso so ruhig im Vergleich zum WiWi-Bereich. Dort wird so angenehm zahlreich mit diskutiert! 😱) Da sollten wir doch ansatzweise mithalten können. *grins*
 
Hallöchen,

ich sehe das ähnlich wie Gisa. Der Sinn und Zweck der hinter dieser "Notfalllösung" steht, ist ja gerade der, dass der Gesellschaft im Notfall aus der Gesamtvertretungsregel kein Schaden entsteht. Eine alleinige Geschäftsführungskompetenz im Notfall hätte ja wenig Sinn, wenn der Gesellschafter nicht auch nach äußen zur alleinigen Vertretung befugt wäre. Eine Maßnahme im Notfall ist i.d.R. mit nach außen gerichteten Maßnahmen verbunden (z.B. Wasserrohrbruch: Beauftragung eines Wasserrohrmenschen). Sonst könnte ja ein Gesellschafter in diesem Fall nie (mit alleiniger Vertretungsmacht) nach außen handeln und die Regelung des § 115 II HGB ginge ins Leere.

GrußFranzi
 
Vielen Dank für deine Reaktion! 🙂

Aus reinen Sinn-Überlegungen würde ich das genauso sehen. Also kann man die Vorschrift des § 115 II HGB quasi analog auf die Vertretung nach außen erstrecken, weil eine logische Sinneslücke besteht, die sicher so nicht gewollt ist, da § 115 II HGB sonst leer liefe.

Damit kann ich mich anfreunden! :rolleyes
 
@ P.Staniforth:

Schön, dass du geantwortet hast!

Allerdings habe ich das Ausgangsproblem anders verstanden. Es geht ja hier nicht um den Umfang der Vertretungsmacht - also für welche Geschäfte der Vertreter tätig werden darf. Es ist klar, dass dies gemäß § 126 II HGB unbeschränkt sein soll.
Im vorliegenden Fall geht es aber doch vielmehr darum, dass eine gemeinschaftliche Vertretung gemäß § 125 II HGB beschlossen wurde und nun einer alleine handeln "muss", weil Gefahr im Verzug vorliegt. Da geht es ja nicht um den Umfang der Vertretungsmacht, sondern um die Befugnis überhaupt alleine zu handeln.

:confused
 
@ P.Staniforth:

Schön, dass du geantwortet hast!

Allerdings habe ich das Ausgangsproblem anders verstanden. Es geht ja hier nicht um den Umfang der Vertretungsmacht - also für welche Geschäfte der Vertreter tätig werden darf. Es ist klar, dass dies gemäß § 126 II HGB unbeschränkt sein soll.
Im vorliegenden Fall geht es aber doch vielmehr darum, dass eine gemeinschaftliche Vertretung gemäß § 125 II HGB beschlossen wurde und nun einer alleine handeln "muss", weil Gefahr im Verzug vorliegt. Da geht es ja nicht um den Umfang der Vertretungsmacht, sondern um die Befugnis überhaupt alleine zu handeln.

😕

Moment jetzt mal langsam..Da kommt doch jetzt einiges durcheinander. Vielleicht fällt es leichter Deine Frage zu beantworten, wenn Du hier sagen könntest in welchem Rahmen Du das prüfen möchtest. Anspruch von wem gegen wen oder an welcher Prüfungsstelle Du Schwierigkeiten hast?

Gruß Michael
 
Es gibt ja nur zwei Möglichkeiten:

1. Dritter (der den Schaden behoben hat) will von der OHG Geld. Dann ganz einfach § 125 HGB. Hierfür braucht der Handelnde sonst keine weitere Legitimation (wie etwa § 115). Vertrag Dritter und OHG wirksam. Außenverhältnis

2. Der andere Gesellschafter ist mit dem Handeln zur Gefahrenabwehr nicht einverstanden oder will Geld wegen Überschreitung der Geschäftsführungsbefugnis. Dann gilt Gesellschaftsvertarg (Innenverhältnis). Hier grds. nur beide Gesellschafter gemeinsam. Aber hier kommt jetzt § 115 ins Spiel. Und der Handelnde ist im Innenverhältnis nicht Ersatzpflichtig
 
Michael,

ich habe den Fall gar nicht konstruiert. Den Ausgangsfall hat Nicoletta formuliert. Mehr Angaben habe ich auch nicht.

Grundlage war also nur:

Vereinbarung der Gesellschafter über eine gemeinschaftliche Geschäftsführung gemäß § 115 II HGB
UND eine Vereinbarung über eine gemeinschaftliche Vertretung gemäß § 125 II HGB.

Jetzt trat der Fall auf, dass Gefahr im Verzug ist und die Gesellschafter schnell handeln müssen. Gemäß § 115 II HGB entfällt dann die Zustimmungsbedürftigkeit, so dass im Innenverhältnis auch jeder für sich handeln darf.

Diese Vorschrift über einen Fall mit Gefahr in Verzug gibt es bzgl. der Vertretungsmacht nach außen hingegen so explizit nicht.

So, nehmen wir an, Gefahr im Verzug liegt deshalb vor, weil ein Rohr geplatzt ist und nur ein Gesellschafter A vor Ort ist. Dieser beauftragt nun einen Klempner, der diesen Schaden beseitigen soll. Und das kostet meinetwegen 1000 €.

Jetzt kann diese Handlung doch Auswirkungen auf das Innen- UND auf das Außenverhältnis haben.

Das heißt, einerseits könnten die übrigen Gesellschafter sagen, für diese 1000 € stehen wir nicht ein, weil wir nicht gefragt wurden. Das soll ja gerade nicht gehen, da § 115 II HGB sagt, dass bei Gefahr in Verzug der A auch ohne die Zustimmung der übrigen entscheiden dürfte.

Andererseits kann jetzt der Klempner fragen, von wem er die 1000 € fordern kann. Dabei müsste man sich dann die Frage stellen, ob der A die Gesellschaft wirksam vertreten hat.

Und deshalb fallen m.E. zwei Fragen an.

Frage 1: Handelt A mit Geschäftsführungsbefugnis?
Frage 2: Handelt A mit Vertretungsmacht?

Und das hat m.E. nichts mir dem Umfang der Vertretungsmacht zu tun. Es interessiert mich ja hier nicht, ob irgendein Vertretungsberechtigter mglw. seine Grenzen überschritten haben könnte.
 
Momment zurück...Hab eben gesehen, dass es sich bei deinem Problem um eine echte Gesamtverterung handelt. Hier ist es meines erachtens so, dass nach § 125 II nur beide gemeinsam verteten dürfen und da ja keine Zustimmung oder sonstige Erlaubnis für entsprechendes Handeln vorliegt ist das Handeln im Außenverhältnis grds unwirksam und es kommt zu § 177. Allerdins kann man hier sagen, dass es ja eine Treuepflicht der Gesellschafter gibt und dadurch ist sowohl der eine zum Handeln entgegen der Gefahrenabwehr verpflichtet und der ander zur Zustimmung des getätigten Handelns. So würde ich argumentieren.

Also um Deine Fragen zu beantworten. Er handelt mit Geschäftsführungsbefugnis (§115 II) und mit Vetretungsmacht, da B aufgrund der Treuepflicht zur Zustimmung verpflichtet ist.
 
Selbstorganschaft und § 125 III HGB

Da Ihr bei Eurer Diskussion gerade bei der Vertretung der Gesellschaft ward - mein Problem:

Gem. § 125 III HGB kann bestimmt werden, dass die Gesellschafter, wenn nicht mehrere zusammen handeln, nur in Gemeinschaft mit einem Prokuristen zur Vertretung der Gesellschaft ermächtigt sein sollen.

Meine Frage:
Verstoß gegen das Prinzip der Selbstorganschaft ja/nein?
Wenn ja - warum wurde der § 125 III HGB dann erst geschaffen, wenn er nach Bejahung im Laufe der Sachverhaltsprüfung wieder negiert werden muss und dann doch nur der eine Gesellschafter, der eigentlich nur mit dem Prokuristen zusammen hätte handeln sollen, nun doch alleine handeln durfte?
Dann würde doch der § 125 III HGB immer leer laufen, wenns mal zu entsprechenden Handlungsdifferenzen kommt, dass ein Gesellschafter doch Alleinvertretung macht?
Der außerhalb stehende Prokurist hätte ja sonst auch einen viel zu großen Einfluss auf eine Gesellschaft, der er ja gar nicht angehört.
Gessellschafter sagt ja - Prokurist sagt nein - und nun?

Ulrike
 
Da Ihr bei Eurer Diskussion gerade bei der Vertretung der Gesellschaft ward - mein Problem:

Gem. § 125 III HGB kann bestimmt werden, dass die Gesellschafter, wenn nicht mehrere zusammen handeln, nur in Gemeinschaft mit einem Prokuristen zur Vertretung der Gesellschaft ermächtigt sein sollen.

Meine Frage:
Verstoß gegen das Prinzip der Selbstorganschaft ja/nein?
Wenn ja - warum wurde der § 125 III HGB dann erst geschaffen, wenn er nach Bejahung im Laufe der Sachverhaltsprüfung wieder negiert werden muss und dann doch nur der eine Gesellschafter, der eigentlich nur mit dem Prokuristen zusammen hätte handeln sollen, nun doch alleine handeln durfte?
Dann würde doch der § 125 III HGB immer leer laufen, wenns mal zu entsprechenden Handlungsdifferenzen kommt, dass ein Gesellschafter doch Alleinvertretung macht?
Der außerhalb stehende Prokurist hätte ja sonst auch einen viel zu großen Einfluss auf eine Gesellschaft, der er ja gar nicht angehört.
Gessellschafter sagt ja - Prokurist sagt nein - und nun?

Ulrike

§ 125 III ist immer dann zulässig, wenn es neben den beiden (Gesellschafter und der Prokurist mit dem er handeln darf) noch einen oder mehrere Gesellschafter gibt die Einzelvertretungsmacht oder eine echte Gesamtvertretungsmacht haben. Will heißen nur Verstoß gegen Selbstorganschaft, wenn außer dem Gesellschafter und dem Prokurist niemand sonst vertretungsbefugt. Wenn kein Verstoß und der Gesellschafter sagt ja und der Prokurist sagt nein, dann handelt er ohne Vertretungsmacht.
 
Hmm, das liest sich zwar gut von Michael, aber ich glaube mich zu erinnern, dass ausnahmsweise kein Verstoß gegen den Grundsatz der Selbstorganschaft vorliegt, wenn eine Gesamtvertretung von Gesellschafter mit Prokuristen zulässig ist. Eine evtl. genaue Stelle im Skript kann ich erst heute Abend benennen, da ich grad kein Skript hier hab.

Kann mich deswegen erinnern, weil das für mich paradox war und eigentlich eine Selbstorganschaft damit m.E. nicht möglich wäre. Aber das Skript hat m.W. so argumentiert, dass die Gesellschafter trotzdem einen gewissen Einfluss auf den Prokuristen haben, ihm ggf. die Prokura entziehen können etc. Fand das zwar nicht durchgreifend, aber so ist lex Hagen manchmal. Ich werd aber auf jeden Fall nochmal im Skript nachschauen und euch Bescheid sagen.

Lieben Gruß
Franzi
 
Ich hab hier noch ein uralt-Urteil vom BGH gefunden:
BGHZ 26, 330, 333 :
"Der einzig vertretungsberechtigte Gesellschafter darf nicht an die Mitwirkung von Prokuristen gebunden werden, denn es muss jederzeit möglich sein, dass die OHG durch Gesellschafter allein vertreten wird."

Und wenn doch ein einziger Gesellschafter an einen Prokuristen gebunden wird, dann soll sich die Vertretungsmacht des Prokuristen nicht nach § 49 HGB richten, sondern nach § 126 HGB.

Klingt plausibel

Ulrike
 
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