Kofferbomben attrappen ? prozeß

Dr Franke Ghostwriter
Kofferbomben(attrappen ?)prozeß

Heue beginnt ja der Strafprozeß gegen einen der beiden "Kofferbomber von Düsseldorf" - der Nachrichtenjurist kannte schon das Urteil. Welche Prognose können wir Fernstudenten stellen (nach den Fakten, die in den Nachrichten kursieren, z.B. hier) ?
 
§ 23 III (untauglicher Versuch), sinngemäß:

Hat der Täter aus grobem Unverstand verkannt, daß der Versuch nach der Art des Mittels, mit dem die Tat begangen werden sollte, überhaupt nicht zur Vollendung führen konnte,

so kann das Gericht von Strafe absehen oder die Strafe nach seinem Ermessen mildern (§ 49 II).


Daß die Bombe untauglich war, ist lt. Sachverständigem wohl eindeutig.

Der Täteranwalt sagte, sein Mandant habe bewußt nur eine untaugliche Attrappe an den Bahnsteig gestellt, habe nur "ein Zeichen setzen" wollen.

Der Komplize dagegen hat (in Beirut) wohl ein Geständnis abgelegt und dabei auch den nun in Düsseldorf angeklagten Täter belastet. Daß das Geständnis unter Folter zustande gekommen wäre, davon hört man (bisher ?) nichts.

Jedenfalls ist vom Staatswanwalt der Nachweis zu führen, daß der Vorsatz darauf ging, daß die Bombe(n) explodieren.

Das wäre dann versuchter Mord an zahlreichen Menschen (Bombe ist gemeingefährliches Mittel) ?

Weil nur versucht Milderung des Strafrahmens (gem. § 23 II nach dem Ermessen des Gerichts - "kann" -> gem. § 49 I Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren) und nochmal Milderung nach dem Ermessen des Gerichts gem. § 49 II: herabgehen bis zum gestzlichen Mindestmaß (also drei Jahre) oder ersatzweise Geldstrafe.

Auf das Strafmaß und die Begründung bin ich sehr gespannt.
 
"untauglicher" Versuch i.S.v. § 23 III ?

Was bedeutet das TBM "grober Unverstand" ?

Ist eine besonders starke Form der Untauglichkeit erforderlich oder reicht auch ein zufälliges Versehen des Täters, das zur Untauglichkeit (hier der Bombe) führt ? Der Unterschied wäre, daß die (eine) Strafmilderungen (§§ 23 III, 49 II) wegfiele.

Nach der Gesetzesbegründung meint "grober Unverstand" eine völlig abwegige Vorstellung von allgemein bekannten Ursachenzusammenhängen (jemand will mit einem Löffel Mehl giftmorden). Abzustellen ist auf die Sicht eines normalen Menschen mit durchschnittlichem Erfahrungswissen. Nicht ausreichend wäre also ein schlichter Irrtum oder ein versehentlich falscher Handgriff, etwa beim Zusammenlöten der Bombe.

Es komt also darauf an, wie kompliziert es ist, eine derartige Bombe zu basteln und wie offenkundig der Fehler war, der dazu geführt hat, daß die Bombe gar nicht explodieren konnte. Konnte nur ein Bombenbauspezialist mit ausgefuxtem Fachwissen den Fehler entdecken oder mußte er auch dem Normalbürger sofort ins Auge springen ?

strafmildernde und strafschärfende Umstände

Dazu ist bisher nicht viel bekannt.

Wie viel schwerer wiegt es jeweils im Vergleich zum "Einfachmord", wenn jemand einen, zwei, drei, vier, zwanzig, hundert Menschen tötet ?

In welchem Umfang muß der Strafrahmen vermindert werden, wenn der Taterfolg fehlt ?

Vielleicht will man die Strafe aber gar nicht mildern, hält man sich die unvorstellbare Tötungs- und Zerstörungskraft vor Augen, die ums Haar von den beiden Bomben ausgegangen wäre !

Was ist der Täter für ein Mensch ? Ist es strafschärfend oder strafmildernd, wenn jemand völlig ideologisch verblendet ist - (wurde ?) - oder ist der Täter vielleicht psychisch nicht gesund und dies hat sich auf seine Einsichtsfähigkeit ausgewirkt ?

Muß (darf ?) man "ein Zeichen setzen", um den vielen bösen islamischen Fundamentalisten zu zeigen, daß Anschläge in Deutschland aufgeklärt und (hart) bestraft werden - oder spornt das solche Menschen erst Recht an ?

Gibt es Hoffnung, den Täter während der Haft zu der Einsicht zu bringen, daß seine Ideologie falsch ist - dann sollte man, wenigstens versuchen, die Haftzeit zu nutzen für "Erziehung" ?

Vielleicht gibt es auch in Deutschland solche, die islamistische Fundamentalisten gerne nach Guantanamo in die Dunkelhaft verbrächten ...

Würde es das Handlungsunrecht erhöhen, wäre der Angeklagte Mitglied in einer "terroristischen Vereinigung" gewesen ? Wären die Täter zu dritt, statt zu zweit gewesen, dann stünde auch dieser Vorwurf im Raum. Kann es aber im Ernst einen Unterschied machen, ob nun zwei oder drei Personen eine schwere Straftat planen ?!

Kennt jemand einen vergleichbaren Fall (versuchter Massenmord, nicht zwingend islamistisch motiviert) und kann hier das Strafmaß nennen ?

Viele Fragen ...
 
Der Prozeß in Düsseldorf soll bis Somer 2008 dauern.

Im Libanon geht das anscheinend schneller, der Mittäter wurde dort bereits zu zwölf Jahren Haft verurteilt, drei "Mitangeklagte (was auch immer denen vorgeworfen wurde) erhielten Freisprüche: https://www.szon.de/news/politik/nachrichtenueberblick/200712181078.html

Zwölf Jahre bewegen sich jedenfalls nicht außerhalb des nach dem StGB möglichen Strafrahmen.

Neueste Meldung: In Abwesenheit wurde der Düsseldorfer Angeklagte wohl im Libanon zu lebenslänglicher Freiheitsstrafe verurteilt.
 
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