Haftungsbeschränkung des Unternehmers nach § 104 SGB VII

Dr Franke Ghostwriter
habe eine kurze Verständnisfrage zu § 104 SGB VII. Der Unternehmer muss dem Arbeitnehmer nach dieser Vorschrift keinen Schadensersatz bei Personenschäden zahlen. Der Arbeitnehmer bekommt aber dann den Schaden aus der gesetzlichen Unfallversicherung ersetzt, oder?
Der Unternehmer muss nur zahlen, wenn er vorsätzlich gehandelt hat. Das heißt, dass die Versicherung dann nicht zahlt, sondern nur bei Fahrlässigkeit, oder verstehe ich das falsch?
Und wie soll man die Ausnahme des Wegeunfalls verstehen? Dann muss der Unternehmer voll haften? Sind Wegeunfälle denn nicht auch gemäß § 8 SGB VII durch die gesetzliche Unfallversicherung abgedeckt?
Irgendwie ist mir das alles unverständlich. Vielleicht habe ich momentan auch nur ein Brett vorm Kopf. Vielleicht kann mir einer diese umständlichen Formulierungen mal ganz schlicht und verständlich erklären 😉?
Wäre schön....

Gruß
Simone
 
Simone,

ich versuche mich mal an einer Beantwortung:

Zuerst einmal, was steckt hinter den §§ 104 ff.? Die gesetzliche Unfallversicherung stellt die Ablösung der Unternehmerhaftpflicht durch einen Sozialversicherungsträger dar. Im Gegensatz zu den anderen Sozialversicherungszweigen zahlt der Arbeitgeber die Beiträge zur gesetzlichen Unfallversicherung alleine. Dafür soll er von zivilrechtlichen Ansprüchen seiner Arbeitnehmer wegen Arbeitsunfällen geschützt werden. Das Gleiche gilt im Prinzip auch für Arbeitskollegen untereinander, die gegenseitig auch keine Ansprüche geltend machen können. Es soll nämlich der Betriebsfrieden gewahrt werden und Klageverfahren zwischen Kollegen vermieden werden.

Der Verletzte wird durch die Leistungen der gesetzlichen Unfallversicherung bei einem Arbeitsunfall entsprechend abgesichert (egal, wer den Unfall verschuldet hat). Allerdings muss man wissen, dass die gesetzliche Unfallversicherung Leistungen wie z. B. ein Schmerzensgeld nicht kennt. Dieses kann bei einer Schädigung durch einen Arbeitsunfall, der von einem Kollegen verursacht wurde, auch nicht zivilrechtlich geltend gemacht werden. Der Verletzte geht in diesem Punkt leer aus.

Es wäre aber ungerecht, zivilrechtliche Ansprüche von Arbeitnehmern auszuschließen, wenn der Unternehmer (oder ein Kollege) sie vorsätzlich schädigt. In diesem Fall bleibt der zivilrechtliche Anspruch gegen den Schädiger (soweit er nicht auf den Unfallversicherungsträger übergegegangen ist) bestehen.

Das selbe gilt auch für Wegeunfälle: Diese ereignen sich außerhalb des Bereichs, auf den der Unternehmer Einfluss hat. Deshalb wird es auch hier wieder als sachgerecht angesehen, dass der Verletzte Anspruch auf Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung und zugleich einen zivilrechtlichen Anspruch gegen den Schädiger hat, selbst wenn es ein Kollege oder der Chef ist (der Unternehmer haftet natürlich nur, wenn er auch der Schädiger ist). Auch hier ist es aber wieder so, dass der zivilrechtliche Anspruch auf den Unfallversicherungsträger übergehen kann, soweit dieser Leistungen erbracht hat, die mit dem zivilrechtlichen Anspruch kongruent sind (z. B. Heilbehandlung). Auch wenn der Anspruch nicht übergeht, wird die Leistung des Unfallversicherungsträgers auf den zivilrechtlichen Schadensersatzanspruch angerechnet.

Faktisch hat der Verletzte also doch keinen doppelten Anspruch, soweit er Leistungen des Unfallversicherungsträger bezieht. Aber das Schmerzensgeld, das er vom Unfallversicherungsträger nicht bekommt, kann er zivilrechtlich vom Schädiger bekommen.

Ich hoffe, ich habe das halbwegs verständlich hinbekommen, falls nicht, einfach nochmal nachfragen.

Viele Grüße,

Bernd
 
Bernd,

Deine Erklärungsversuche sind wirklich gut verständlich und super ausführlich, danke schön!

Ich denke, ich sehe jetzt klarer.

Somit sind Wegeunfälle ebenfalls durch die gesetzliche Unfallversicherung abgedeckt aber schließen zusätzliche zivilrechtliche Ansprüche, im Gegensatz zu Personenschäden innerhalb des Betriebs/Unternehmens, nicht aus, richtig?

Gruß
Simone
 
Regress BG

Hallo, hab euere Texte nur kurz überflogen. Hoffe, ich schreib jetzt nix doppeltes: Die Berufsgenossenschaft kann bei grob fahrlässig oder vorsätzlich verursachten Arbeitsunfällen Regress nehmen.

Das kann ganz schön teuer werden für den Unternehmer.

(Der sollte dann für den Fall einer grob fahrlässigen Schädigung eine gute Haftpflichtversicherung haben, die den Regress einer BG nicht ausschließt).

Beim Wegeunfall kann die BG immer beim Unfallverursacher Regress nehmen, wenn dieser nicht dem Betrieb angehört (z. B. Verkehrsunfall auf dem Weg zur Arbeit mit einem zufällig daherfahrenden Rotlichtsünder....). Genau, Simone: Nebenher hat natürlich noch der Verletzte Arbeitnehmer gegen den Rotlichtsünder seine ganz normalen zivilrechtlichen Ansprüche. Das Besondere und Positive für den AN ist dann, dass er z. B. eine Rente von der BG bezahlt bekommen kann, was bei einem Freizeitunfall nicht der Fall ist.

Gruß, Icky
 
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