fehlendes Erklärungsbewusstsein oder Erklärungs- bzw. Inhaltsirrtum ?

Dr Franke Ghostwriter
wie die Überschirft schon sagt habe ich immer das Problem das ich nicht auseinanderhalten kann ob eine Willeserklärung schon am fehlenden subjektiven Erklärungstatbestand scheitert oder erst durch Anfechtung wegen Irrtum ? Habt ihr irgendwelche Tipps für mich ? LG Red
 
Ich versuche es mal:
Subjektiv braucht eine WE nur Handlungswillen und (potentielles) Erklärungsbewusstsein. Sind beide vorhanden, liegt eine WE vor (Rest sei erfüllt).

Handlungswille (auch Betätigungswille) kann man eigentlich nur bei unbewussten Handlungen ausschließen. Das potentielle Erklärungsbewusstsein nur, wenn der Empfänger unter keine Umständen die Handlung als Erklärung auffassen hätte können (Rücksicht auf Treu und Glauben und Verkehrssitte ... bla bla bla).

D.h. jetzt kommt man zur Auslegung: Konnte der Empfänger das Verhalten/Erklärung als Willenserklärung auffassen? (Meist zu bejahen). Wollte der Erklärende denn eine Willenserklärung abgeben? - Wenn dem so ist, kann der Erklärungsempfänger anfechten. Voraussetzung ist aber dann, dass der Erklärende, wenn er gewusst hätte, wie seine Erklärung verstanden wird, diese nicht abgegeben hätte. Nun kommst du erst zu dem Erklärungsirrtum oder Inhaltsirrtum.

Zusammengefasst: Da nur portentielles Erklärungsbewusstsein notwendig ist, reicht eine Beurteilung aus Sicht der Empfängers. Weicht das vom dem, was der Erklärende erklären wollte ab, scheitert es nicht am subjektiven Tatbestand der WE sondern führt zu der ersten Voraussetzung der Anfechtung: Die Willeserklärungen weichen voneinander ab. Nun geht es normal weiter (Hätte nicht abgegeben, Anfechtung ist empfangsbefürftig, Anfechtungsgegner, Anfechtungsfrist, Schadenersatz).

Hoffe es hilft weiter.

LG
Benji
 
Zusammengefasst: Da nur portentielles Erklärungsbewusstsein notwendig ist, reicht eine Beurteilung aus Sicht der Empfängers. Weicht das vom dem, was der Erklärende erklären wollte ab, scheitert es nicht am subjektiven Tatbestand der WE sondern führt zu der ersten Voraussetzung der Anfechtung: Die Willeserklärungen weichen voneinander ab. Nun geht es normal weiter (Hätte nicht abgegeben, Anfechtung ist empfangsbefürftig, Anfechtungsgegner, Anfechtungsfrist, Schadenersatz).

Das ist ein bisschen unpräzise. Erstens kommt es nicht auf die Sicht des Empfängers an, sondern wie ein objektiver Dritter an Stelle des Empfängers das verstanden hätte. So wie du das schreibst, klingt das, als hätte der Empfänger immer Recht. Wenn aber der Empfänger aus perönlichen Gründen die Erklärung anders verstanden hat als "die Allgemeinheit", so gilt das, was der objektive Dritte verstanden hätte. Wenn darauf eine Annahme durch den Empfänger erfolgt und der dann zum erklärenden wird, dann kann der Irrtum in dieser Annahme liegen. Zweitens ist ein Inhaltsirrtum nicht nur dann möglich, wenn potentielles Erklärungsbewusstsein aber kein tatsächliches Erklärungsbewusstsein vorliegt. Die Frage nach dem Erklärungsbewusstsein behandelt nur, ob der Erklärende etwas rechtlich relevantes erklären wollte. Der genaue Inhalt spielt dabei keine Rolle. Wenn du z. B. eine schriftliches Angebot unterbreitest und beim Preis eine 0 vergisst, so ist Erklärungsbewusstsein zu bejahen, auch wenn du keine Erklärung mit diesem Preis zum Inhalt abgeben wolltest. Schließlich wolltest du ein Angebot machen. Da du aber keine Erklärung mit diesem Preis zum Inhalt abgeben wolltest, liegt ein Inhaltsirrtum vor.
 
Genau das habe ich ja geschrieben: damit weichen die Erklärungen voneinander ab. (Die Abgegebene ohne 0 und die nicht abgegebene mit 0).

Weiterhin ist mindestens potentielle Erklärungsbewusstsein notwendig damit eine WE vorliegt. Es heißt nur, was mindestens notwenig ist. Es kann auch tatsächliches Erklärungsbewusstsein vorliegen, das schließt dann das potentielle ein. Nur ist halt Voraussetzung, dass es eine Willenserklärung gibt, sonst kann ich ja nichts anfechten. Ich weiß nicht, woher du ließt, dass man nur anfechten könne, wenn man nur potentielles Erklärungsbewusstsein hat. Und das "Sicht des Empfängers" der objektive Beobachter an Stelle des Erklärungsempfängers ist, müsste ja wohl jedem klar sein nur überflüssige Schreibarbeit bei der Beantwortung der Frage.
 
Das mag dir klar sein, ich würde "reicht eine Beurteilung aus Sicht der Empfängers" aber als subjektives Verstehen des Empfängers auffassen. Da du außerdem so ausführlich auf das potentielle Erklärungsbewusstsein eingegangen bist, dachte ich, dass du das zum eigentlichen Unterscheidungskriterium erklären wolltest. Zur tatsächlichen inhaltlichen Unterscheidung von Willen und Erklärung schreibst du nämlich wenig.
Noch etwas ist mir gerade aufgefallen. Du schreibst "Wenn dem so ist, kann der Erklärungsempfänger anfechten." Das stimmt nicht. Der Erklärungsempfänger kann niemals gemäß §119 anfechten. Das ergibt sich schon aus dem Wortlaut des §119 Abs. 1 HS 1.
 
Oben