Alltag am Bau

Dr Franke Ghostwriter
Alltag am Bau ...

Heute in den Morgennachrichten:

Ein Bauunternehmer zahlt seinen Arbeitern grundsätzlich die Löhne "netto" aus - d.h. 4,50 € / h in bar an Finanzamt und Sozialkassen vorbei. Arbeitsvertraglich sind natürlich 12,50 € brutto "vereinbart". Zur Sicherheit läßt er sich aber von jedem Arbeiter bei der Einstellung schon blanko dessen eigene Kündigung unterschreiben - für den Fall, daß jemand aufmuckt ...

Was kann einem "Mafiaunternehmer" neben Kündigungsschutzklagen und Ärger wegen Steuer- und Sozialversicherungsabgabenhinterziehung noch so drohen ?

Reicht so ein Geschäftsgebaren dafür aus, daß jemand keine öffentlichen Aufträge mehr bekommt (was schnell in die Insolvenz führen dürfte ...) ?
 
Reicht so ein Geschäftsgebaren dafür aus, daß jemand keine öffentlichen Aufträge mehr bekommt (was schnell in die Insolvenz führen dürfte ...) ?

Allein die Nachzahlung der Sozialversicherungsbeiträge sowie Steuern dürfte dafür sorgen, dass die Firma insolvent wird, weil der AG alleiniger Schuldner von AG und AN-Anteil der SV ist. Damit liegt die an die SV zu zahlende Summe schon über dem gezahlten Lohn.
Da gewerbsmässige Steuerhinterziehung nach §370a AO und Betrug nach §263 StGB vorliegt, muss die Firma vermutlich ohne Geschäftsführer weitermachen, selbst wenn genügend Geld da sein sollte. Spätenstens da ist dann in aller Regel das Licht aus.
 
Reicht so ein Geschäftsgebaren dafür aus, daß jemand keine öffentlichen Aufträge mehr bekommt (was schnell in die Insolvenz führen dürfte ...) ?
Da schaun wir doch mal in die Verordnung zur Durchführung des Sächsischen Vergabegesetzes (SächsVergabeDVO) -die dürfte in jedem Bundesland ähnlich vorliegen- und in die VOB/A😉....

Nach SächsVergabeDVO gibts 4 Wertungsstufen. In der ersten Wertungsstufe ist´s noch ein fakultativer Ausschlussgrund, d.h. es ist dem Auftraggeber freigestellt, das Angebot von der Wertung auszuschließen:

"Unternehmer dürfen von der Teilnahme am Wettbewerb ausgeschlossen werden, wenn über deren Vermögen das Insolvenzverfahren oder ein vergleichbares gesetzlich geregeltes Verfahren eröffnet oder die Eröffnung beantragt worden ist oder der Antrag mangels Masse abgelehnt wurde oder das Unternehmen sich in Liquidation befindet.

Ausgeschlossen werden können auch Angebote von Bietern, die nachweislich eine schwere Verfehlung begangen haben, die z. B. ihre Zuverlässigkeit in Frage stellt. Säumigkeit bei der Zahlung von Steuern, Abgaben und Beiträgen zur Sozialversicherung kann ebenfalls zum Ausschluss führen"

In der 2. Wertungsstufe -Eignungsprüfung- fällt er dann hinten runter:

"b) Leistungsfähigkeit:
Leistungsfähig ist ein Bieter gem. § 4 Abs. 3 SächsVergabeDVO, der als Unternehmer über die personellen, kaufmännischen, technischen und finanziellen Mittel verfügt, um die Leistung fachlich einwandfrei und fristgerecht ausführen zu können... In kaufmännischer Hinsicht kommt es darauf an, ob der Betrieb ordnungsmäßig nach kaufmännischen Grundsätzen im Sinne der gesetzlichen Bestimmungen geführt wird...
c) Zuverlässigkeit:
...Eine Zuverlässigkeit ist grundsätzlich nicht gegeben, wenn einer der in § 8 Nr. 5 Abs. 1 VOB/A genannten Ausschlussgründe ("schwere Verfehlung", "Verpflichtung zur Zahlung von Steuern und Abgaben sowie der Beiträge zur gesetzlichen Sozialversicherung nicht ordnungsgemäß erfüllt") oder eine Eintragung in einem amtlichen Register über unzuverlässige Unternehmer vorliegt....
Von einem zuverlässigen Unternehmer muss außerdem erwartet werden, dass er sich nicht der Schwarzarbeit oder illegalen Beschäftigung schuldig macht. Die Nichteinhaltung arbeitsrechtlicher Bestimmungen begründet Zweifel an der Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit des Bieters (VÜA Brandenburg ZVgR 1998, 485)"

Heisst also, die Firma fliegt erstmal bei dem konkreten Auftrag raus und kommt in o.g. Register (auch als "rote Liste" bekannt). Das wars dann auch erstmal für die nächsten 3 Jahre (mindestens) mit öffentlichen Aufträgen😛.

Dagegen muss die generelle Frage der Einhaltung tarifvertraglicher Bestimmungen als vergabefremder Aspekt bei der Prüfung der Bieter grundsätzlich außer Betracht bleiben.

Die SächsVergabeDVO gilt bis zum Schwellenwert (5 Mio. € bei Bauaufträgen)
 
Danke für die guten Antworten !

Bei so viel Sanktionen muß der Unternehmer wohl unter ziemlich großem Druck gestanden haben - was natürlich keine Rechtfertigung ist.

In meiner Nachbarschaft ging kürzlich ein Baueinzelunternehmer pleite, damit ging sein sonstiges restliches Leben gleich komplett mit den Bach runter, so daß er sich nur noch damit zu helfen wußte, ein großes Möbelhaus zu erpressen - was er allerdings recht "stümperhaft" gemacht hat - jetzt lernt er schwedische Inneneinrichtung mittelfristig noch sehr viel besser kennen - und die Familie hat gleichzeitig am finanziellen und sozialen Ruin mit zu knabbern ...

Ich glaube, mit der Baubranche möchte ich nichts zu tun haben ...
 
Bei so viel Sanktionen muß der Unternehmer wohl unter ziemlich großem Druck gestanden haben - was natürlich keine Rechtfertigung ist.
Der Baubranche gings in den letzten Jahren auch nicht sonderlichst rosig🙄 1997 kippte der Bauboom, gegen 2000 wurde´s schon mit den Aufträgen knapp und ab ca. 2003 war der Druck tatsächlich heftig (gut für die Bauherrn😉) - wer da nicht vorher genügend Rücklagen gebildet hatte....
Da sind nicht nur kleine Firmen den Berg Karabach runtergegangen.

Ich glaube, mit der Baubranche möchte ich nichts zu tun haben ...
ich manchmal auch nicht😀 aber irgendwas hat man ja gelernt und muss seine Brötchen mit verdienen🙄 da isses ganz gut, wenn man nebenbei in Hagen Jura lernt😛
 
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